Touristenattraktionen zum Fürchten:Kopflos im Tower

Wem Sightseeing bei Tageslicht zu langweilig ist, folgt nachts in London den Spuren von Jack the Ripper oder wagt sich in den Tower. Selbst im sonnigen Palermo schaudert es Besucher im Reich der stehenden Toten.

Johanna Bruckner

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In den Katakomben von Paris, AFP

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Wem Sightseeing bei Tageslicht zu langweilig ist, folgt im abendlichen London den Spuren von Jack the Ripper oder wagt sich nachts in den Tower. Selbst im sonnigen Palermo schaudert es Besucher im Reich der stehenden Toten. Von Johanna Bruckner

Im Reich der Toten

Paris gehört den klopfenden Herzen. Überirdisch schlagen sie aus Liebe schneller, unterirdisch ob des schaurigen Anblicks: Die Gebeine von etwa sechs Millionen Franzosen lagern in den Katakomben unter der Metropole an der Seine.

Jahrhundertelang wurden in einer Tiefe von fünf bis 35 Metern vorrangig Steine, aber auch Gips und Ton gewonnen, um den Ausbau der Hauptstadt voranzutreiben. Bis auf zwei Stadtbezirke ist ganz Paris untertunnelt. Die Gefahr, die sich aus der großflächigen Unterhöhlung ihrer Stadt ergab, erkannten die Bewohner jedoch erste Ende des 18. Jahrhunderts. Dass der ausgebaute Untergrund schließlich als letzte Ruhestätte genutzt wurde, lag nicht zuletzt an einer Überfüllung der Friedhöfe über Tage. Aufgrund des Platzmangels konnten die Toten nicht mehr angemessen bestattet werden. Die Stadtverwaltung ordnete 1785 schließlich die Räumung mehrerer Friedhöfe und die Überführung der sterblichen Überreste in die Steinbrüche an. Die Aufschichtung der Gebeine in den Katakomben mag heute makaber anmuten - doch die Totengräber versuchten, eine Art Kunstwerk zu schaffen, um die Würde der Toten zu wahren.

Zwei Kilometer des insgesamt etwa 300 Kilometer umfassenden Stollennetzes sind heute für Besucher zugänglich. Der Eingang in die Katakomben ist in der Avenue du Colonel Henri Rol-Tanguy. Die nächstgelegene Metro-Haltestelle ist "Denfert-Rochereau" (Linie 4 und 6). Geöffnet sind die unterirdischen Friedhöfe jeweils Dienstag bis Samstag von zehn bis 17 Uhr, der Eintritt kostet für Erwachsene acht Euro. Weitere Informationen gibt es auf der offiziellen Webseite der Katakomben in Paris.

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Quelle: AFP

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Auf den Spuren von Jack the Ripper

Er war so grausam wie geltungssüchtig: "Jack the Ripper", der bis heute berüchtigste Verbrecher Großbritanniens, ermordete zwischen August und November 1888 in London mindestens fünf Prostituierte. In dieser Zeit gingen bei Polizei und Tageszeitungen Dutzende Bekennerschreiben ein, von denen jedoch nur drei - darunter das abgebildete - als möglicherweise authentisch eingestuft wurden.

Für London-Besucher mit guten Nerven gibt es die Möglichkeit, auf den Spuren des Serienmörders zu wandeln, dessen Identität nie aufgedeckt werden konnte. Der London Mystery Walk startet jeweils um 19 Uhr, sodass gerade in den dunklen Herbst- und Wintermonaten eine Gänsehaut-Atmosphäre garantiert ist. Die Teilnehmer werden durch die engen Gassen des Eastend geführt - zu Zeiten des Ripper das Armenviertel Londons -, vorbei an den Fundorten der ermordeten Frauen. Neben den Opfern werden auch die damals Tatverdächtigen beschrieben und am Ende der Tour präsentiert der jeweilige Grusel-Guide seine ganz persönliche Theorie, wer hinter dem gefürchteten Frauenmörder steckte.

Angeboten wird die Jack-the-Ripper-Tour montags, mittwochs und freitags. Start ist jeweils um 19 Uhr an der U-Bahnhaltestelle "Aldgate" (Circle- und Metropolitan-Linie). Für Erwachsene kostet der mörderische Spaß umgerechnet etwa 12 Euro. Achtung: Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger telefonischer Anmeldung möglich (0044-7957-388-280). Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des London Mystery Walks.

Frankfurter Hauptwache

Quelle: dpa

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Frankfurt - die dunkle Seite der Macht

Die Main-Metropole sichert sich alljährlich einen unrühmlichen Titel: gefährlichste Stadt Deutschlands. In den vergangenen 25 Jahren landete Frankfurt 22 Mal ganz vorne in der Kriminalitätsstatistik. Doch warum nicht aus einem Nachteil eine Touristenattraktion machen, dachte sich  das Online-Stadtportal Journal Frankfurt. Mehrmals im Monat werden Touren angeboten, die Einheimische und Besucher zu den Tatorten berühmter Verbrechen führen.

Highlight der Tour ist der Fall Nitribitt: Die Prostituierte Rosemarie Nitribitt wurde 1957 erdrosselt in ihrer Wohnung in der Stiftstraße aufgefunden. Der Mord konnte nie aufgeklärt werden - jedoch ranken sich Verschwörungstheorien um den Tod der Blondine. Weil zu Nitribitts Freierkreis auch bedeutende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zählten, wurde in den Medien spekuliert, die Ermittlungen seien absichtlich verschleppt worden. Das aufsehenerregende Verbrechen diente unter anderem als Vorlage für den Spielfilm Das Mädchen Rosemarie (1958).

Der Start der anderthalbstündigen Krimi-Tour ist passenderweise an der Hauptwache (im Bild) in der Frankfurter Innenstadt. Kosten: zwölf Euro. Wichtig: Wer sich auf Spurensuche im Fall Nitribitt begeben will, sollte sich frühzeitig online anmelden - die Führungen sind bis zu acht Wochen im Voraus ausgebucht.

Fully clothed human remains are displayed at the Capuchin Catacombs in Palermo

Quelle: REUTERS

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Die stehenden Toten von Palermo

Dass Palermo noch immer die Hochburg der Cosa Nostra ist, wird Besuchern in spe spätestens bewusst, wenn sie bei der Reiserecherche auf den "Addiopizzo Palermo-Führer" stoßen: Dieser empfiehlt Geschäfte, die kein Schutzgeld an die Mafia zahlen. Derart eingestimmt könnten Ortsunkundige beim Anblick dieser Mumien in Palermo meinen, Opfer eines der ältesten Mafia-Clans Italiens vor sich zu haben. Doch weit gefehlt: Bei vielen der mehr als tausend Toten in der Kapuzinergruft von Palermo handelt es sich um Mönche.

Ende des 16. Jahrhunderts entschlossen sich die Glaubensbrüder zu einem Ausbau ihrer Gruft. Dabei entdeckten sie, dass die zur letzten Ruhe gebetteten Mönche nicht skelettiert, sondern mumifiziert waren. Der Grund: Die trockenen Tuffstein-Wände der unterirdischen Grabkammern hatten die Leichenflüssigkeit aufgesaugt und so - neben der geringen Luftzirkulation - zur Austrocknung der Körper geführt. In der Folgezeit perfektionierten die Mönche die Methode der Trockenmumifizierung.

Wie auf diesem Bild unschwer zu erkennen, lagern in den Katakomben von Palermo aber nicht auschließlich Geistliche. Auch Mitglieder der Oberschicht wählten die Kapuzinergruft als letzte Ruhestätte. Die Verstorbenen wurden jeweils in ihrer Amtstracht, Uniform oder in Festtagskleidung aufgestellt und befinden sich in unterschiedlichen Verwesungsstadien: Der älteste erhaltene Leichnam ist der von Bruder Silvestro da Gubbio, der 1599 starb. Bis ins Jahr 1837 durften in den Klosterkellern Tote offen ausgestellt werden.

Die Catacombe dei Cappuccini (Piazza Cappuccini 1) sind täglich von neun bis 13 und von 15 bis 17 Uhr geöffnet, sonntags nur vormittags. Der Eintritt kostet drei Euro.

Wer noch nicht gänzlich überzeugt ist vom Gruselpotential der Katakomben - hier finden Sie weitere Impressionen aus der "Stadt der Toten" in Palermo.

Tod und Teufel Tour durch Köln

Quelle: www.stadtgeschichten-koeln.de

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Der Tod des Baumeisters

Köln im Jahr 1260, finsteres Mittelalter. Die Lebensumstände der Rheinanwohner sind mindestens so gefährlich wie die Gesinnung der Zeitgenossen, die sich an einem Septemberabend vor den Toren der Stadt treffen: Sie planen die Ermordung des Dombaumeisters.

Mit dieser Szenerie beginnt Frank Schätzings zweiter Roman Tod und Teufel (1995). Der Mittelalter-Krimi gibt den Rahmen vor für die gleichnamige Stadtführung durch Köln: Besucher und Einheimische können sich angeführt von Jacop dem Fuchs - der im Buch das Verbrechen am Baumeister beobachtet und als Zeuge vom Täter verfolgt wird - auf Mörderjagd begeben. Der stilecht gekleidete Tourguide gibt auf der zweistündigen Route auch einen Einblick in das Leben der Kölner vor 750 Jahren.

Gruppen bis zu 25 Personen können einen Individual-Termin buchen, die Kosten liegen in diesem Fall bei 210 Euro. Liegt das Tour-Ende nach 20 Uhr, wird ein einmaliger Aufschlag von 20 Euro fällig. Einzelpersonen bezahlen 14 Euro. Die Termine für die öffentlichen Touren erfahren Sie auf der Webseite des Veranstalters Stadtgeschichten Köln.

Tower of London

Quelle: Getty Images

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Bloody Britannia

Heutzutage sind die Gemäuer des Tower of London vor allem dafür bekannt, den berühmtesten Schatz des Vereinigten Königreichs zu beherbergen: die Kronjuwelen. Doch die Burganlage hatte nicht immer vorrangig eine Schutzfunktion: Hinter den massiven Mauern wurden bis weit ins 20. Jahrhundert hinein politische Gefangene festgehalten. Der letzte bekannte Insasse war Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß. Der Nazi-Scherge verließ den Kerker im Gegensatz zu anderen prominenten Insassen jedoch lebend.

Gut möglich, dass einem bei der "Tower Twilight Tour" der Geist von Anne Boleyn begegnet. Die Adelige als frühe Feministin zu bezeichnen, wäre zu weit gegriffen, doch Anne schaffte Anfang des 16. Jahrhunderts etwas für ihre Zeit Außergewöhnliches: Sie weigerte sich, die Mätresse von Heinrich VIII. zu werden und zwang den verliebten Monarchen, sich von seiner ersten Frau, Katharina von Aragón, scheiden zu lassen. Doch die Gunst Heinrichs währte nicht lange: Als seine zweite Gemahlin ihm keinen männlichen Thronfolger gebar, ließ er sie wegen vorgeblichen Ehebruchs und Hochverrats im Tower einkerkern. Am 15. Mai 1536 wurde Anne dort exekutiert - für die Hinrichtung seiner früheren Geliebten ließ Heinrich eigens einen für seinen Umgang mit dem Schwert bekannten Henker aus Frankreich einbestellen. Auch nach ihrem Tod verließ die Königin die Anlage nicht mehr: Sie wurde unter der Kapelle des Towers bestattet.

Diese und weitere schaurige Anekdoten haben die berühmten Tower-Wachen im Repertoire, die "Yeomen Warders" (wegen der großen Fleischrationen, die sie seinerzeit zugeteilt bekamen, auch "Beefeater" genannt). Von November bis März führen sie Touristen nach dem offiziellen Besucherschluss über das Gelände. Teilnehmer müssen älter als zwölf Jahre sein, sollten festes Schuhwerk mitbringen (wegen der Pflastersteine) und starke Nerven haben.

Die Tower Twilight Tour findet von November bis März jeweils mittwochs statt. Die Führung beginnt um 19 Uhr, Ausgangspunkt ist das Willkommenszentrum auf dem Tower Hill. Kosten: etwa 30 Euro. Eine Online-Voranmeldung für die Tower Twilight Tour ist wegen der großen Nachfrage ratsam.

Mozart erobert die Novitäten-Charts

Quelle: dpa/dpaweb

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Wien, wie es geistert und spukt

Ob auch der Geist des berühmtesten Wahl-Wieners, Wolfgang Amadeus Mozart, in der Stadt an der Donau sein Unwesen treibt, ist nicht bekannt. Doch die Untoten - vom Gespenst bis zum Vampir - fühlen sich durchaus wohl zwischen kaiserlichen Prunkbauten und Kaffeehäusern. Einmal in der Woche gibt der Fremdenführer Alexander Ehrlich einen Einblick in die Wiener Geistergesellschaft - und erklärt unter anderem, warum der erste Blutsauger eigentlich Wiener war. Beginn der Tour "Geister, Gespenster und Vampire" ist jeweils am späten Nachmittag, was gerade im Herbst und Winter den Gruselfaktor erhöht.

Die Tour wird jeweils dienstags angeboten, Start ist um 16:30 Uhr am Michaelerplatz. Kosten für einen Erwachsenen: 14 Euro. Weitere Informationen auf der Webseite von "Gruseliges Wien".

ADDITION-FRANCE-EIFFEL TOWER-PARIS-SEVEN WONDERS

Quelle: AFP

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Paris, ein Lichtermeer

Auch Nachtschwärmer mit schwächeren Nerven kommen in vielen Städten auf ihre Kosten: Der Eiffelturm ist ganzjährig auch nachts zu besichtigen, sodass Besucher selbst in den Sommermonaten aus den oberen Etagen des Turms auf das Pariser Lichtermeer hinunterblicken können.

Letzte Auffahrt ist vom 1. Januar bis zum 16. Juni und vom 29. August bis zum 31. Dezember jeweils um 23 Uhr. Der Turm schließt um 23:45 Uhr. Vom 17. Juni bis 28. August ist das Wahrzeichen von Paris sogar bis 0:45 Uhr geöffnet, letztmögliche Auffahrt ist um Mitternacht. Wer den Eiffelturm per pedes erklimmen will, muss sich allerdings spätestens um 18 Uhr (bzw. von Juni bis August um Mitternacht) am Fuß des Stahlkonstrukts einfinden. Preise und weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Eiffelturms.

Zur Einstimmung haben wir für Sie Impressionen des heutigen Wahrzeichens von Paris gesammelt, das in seiner Anfangszeit als "Schande" der Hauptstadt galt.

Sinatra relative light Christmas tree atop Capitol Records Buildi

Quelle: dpa

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Hollywood Highlights

Nicht nur die vielen hier beheimateten Stars und Sternchen verhelfen Los Angeles zu seinem Glanz. Des Nachts bringen Millionen Watt die Filmmetropole zum Strahlen. Für alle, die sich auf dem Walk of Fame körperlich verausgabt haben, empfiehlt sich als Abendaktivität eine Bustour durch die Hollywood Hills mit Blick auf die erleuchtete Skyline.

Los Angeles by Night wird ganzjährig dienstags, donnerstags, freitags und samstags angeboten. Beginn der Tour ist von April bis Oktober um 18 Uhr, von November bis März um 17:30 Uhr. Dauer: vier Stunden. Kosten: knapp 50 Euro. Ausgangspunkt sind verschiedene Hotels in Hollywood - eine Liste gibt es auf der Webseite des Veranstalters Hollywoodtours.

© sueddeutsche.de/jobr/lala
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