Touristen und der Shutdown in den USA:Freiheitsstatue aus der Ferne

Government Shutdown Closes Statue Of Liberty

Derzeit der einzige Weg, Lady Liberty näherzukommen: Wegen des Stillstands in den USA ist der Besuch der Freiheitsstatue in New York nicht möglich.

(Foto: AFP)

Der Stillstand der US-Verwaltung trifft auch Zehntausende Urlauber. Sie stehen vor verschlossenen Museen und umzäunten Denkmälern - und müssen so schnell wie möglich ihre Zelte in den Nationalparks abbrechen.

Die Sonne scheint, Wattewolken treiben am weißblauen Himmel, doch Simona Amorosi ist wütend. Auch das gute Wetter kann die Stimmung der 30-Jährigen nicht aufhellen. Umgerechnet 4800 Euro hat sie für die Reise von London in die US-Hauptstadt Washington bezahlt. Nun steht sie in Sichtweite des berühmtesten Denkmals der Stadt und kann die Statue von Abraham Lincoln trotzdem nur aus der Ferne betrachten.

Absperrzäune, Hinweisschilder, enttäuschte Besucher vor geschlossenen Museen: Zehntausende Touristen in den USA bekommen seit Dienstag zu spüren, dass das Lahmlegen der öffentlichen Verwaltung nicht nur Amerikanern einen Strich durch die Rechnung macht. Da Republikaner und Demokraten ihren Etatstreit zu weit getrieben haben und das Weiße Haus den "Shutdown" der Regierung angeordnet hat, müssen etliche Reisende im ganzen Land ihr Sightseeing-Programm umwerfen.

Nationalparks, Museen, Kunstsammlungen, Denkmäler - alles bleibt geschlossen, bis der Streit beigelegt ist. Als "Unannehmlichkeiten" für Touristen bezeichnet der ehemalige republikanische Abgeordnete Newt Gingrich das, was sich an Hunderten staatlich betriebenen Sehenswürdigkeiten abspielt: "Wie kann das passieren? Ich verstehe es einfach nicht", sagt die Studentin Bettina Turan, die aus Düsseldorf zu Besuch in San Francisco ist und die berüchtigte Gefängnisinsel Alcatraz besuchen wollte. "Was für ein verrücktes Land ist das hier?", fragt sie.

Selbst dem Italiener Michael Rossi, der Regierungskrisen aus seinem Heimatland nur allzu gut kennt, ist der Finanzierungsnotstand in den USA ein Rätsel. "Wir haben dort sicher unsere politischen Probleme, aber nicht so etwas wie das hier."

Hart trifft es die Camper in den Nationalparks: Nur zwei Tage bleiben ihnen, um ihre Sachen zu packen und die Zelte abzubauen. 400 Anlagen der staatlichen Parks verriegeln nach und nach ihre Tore, mehr als 21.000 Mitarbeiter gehen in unbezahlten Zwangsurlaub.

Der letzte Shutdown vor 17 Jahren kostete die Nationalparks sieben Millionen Besucher, an den staatlichen Museen und Monumenten fielen weitere zwei Millionen Gäste aus, schätzt der Kongress in einem Bericht.

Allein im Westküstenstaat Kalifornien geben Besucher und Reisende jeden Tag umgerechnet 215 Millionen Euro aus, rechnet die Vorsitzende der Tourismusorganisation Visit California nach einem Bericht der Zeitung Sacramento Bee vor. Mit jedem weiteren Tag des Notstands ächzt die Tourismusbranche unter den wirtschaftlichen Schäden.

Eine "ziemliche Sauerei" nennt Alexander Thul aus Köln die zwangsläufige Schließung der New Yorker Freiheitsstatue, dem vielleicht bekanntesten Wahrzeichen der Vereinigten Staaten. Thul steht an der Südspitze Manhattans, wo die Fähren in Richtung Liberty Island ablegen. "Man neigt dazu, das Vertrauen in ein Land zu verlieren, das nicht einmal mehr seine Nationalparks öffnen kann."

Einzige Chance für Touristen, während ihres USA-Urlaubs derzeit doch etwas von den geschlossenen Sehenswürdigkeiten mitzubekommen: Sie müssen sich selbst etwas organisieren. Öffentliche Durchfahrtsstraßen in den Nationalparks bleiben geöffnet. Auch seien zum Beispiel Bootstouren mit privaten Anbietern um die Freiheitsstatue herum weiterhin möglich, sagt Florian Renner vom Visit USA Committee.

Die US-Bahngesellschaft Amtrack kündigte an, dass der Zugverkehr normal in Betrieb bleibe. Auch das Auswärtige Amt in Berlin gibt ein wenig Entwarnung für Reisende: Die Fluglotsen der US-Flugsicherungsbehörde FAA arbeiteten regulär weiter. Die Einreise- und Sicherheitskontrollen an den Flughäfen seien ebenfalls nicht betroffen. Verzögerungen könne es allerdings bei der Bearbeitung von Visa-Anträgen geben.

Weiterhin geöffnet sind alle State Parks der USA, denn für sie sind die Bundesstaaten verantwortlich. "Die State Parks sind meist nicht weit entfernt von den Nationalparks und landschaftlich nicht weniger reizvoll", sagt Tilo Krause-Duenow, Chef des Nordamerika-Reiseveranstalters Canusa. "Sie sind sogar traumhaft schön."

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