Kolumne: Hin und weg:Herr Ober? Ist da jemand?

Kolumne: Hin und weg: In Griechenland, hier Mykonos, erwarten sie einen Rekord-Sommer. Gleichzeitig fehlen 80 000 Arbeitskräfte im Tourismus.

In Griechenland, hier Mykonos, erwarten sie einen Rekord-Sommer. Gleichzeitig fehlen 80 000 Arbeitskräfte im Tourismus.

(Foto: Robert Harding/imago images)

Alle gängigen Urlaubsländer erwarten einen großen Gäste-Ansturm im Sommer. So weit, so schön. Die Frage ist nur, wer die ganzen Erholungssuchenden bedient und ihre Zimmer putzt.

Glosse von Hans Gasser

Na, auch schon den Sommerurlaub gebucht? Geht's nach Rimini, auf die Insel Rhodos, nach Istrien - oder doch wieder auf die Balearen? Wird bestimmt schön! Nur Geduld sollten Sie reichlich mitbringen, und die ist leider für alles Geld der Welt nicht zu kaufen.

Ja, einen großen Koffer voll Geduld, dazu noch eine Reisetasche mit Gelassenheit, das sind die wichtigsten Punkte auf der Nicht-vergessen-Packliste für den Sommerurlaub 2023. Warum?

Ganz einfach: Es gibt kaum noch Menschen, die uns arme, erholungsbedürftige Urlauber im Restaurant bedienen, unser Deluxe-Zimmer aufräumen oder die Toiletten auf dem Campingplatz sauber machen wollen.

Arbeitskräftemangel, allüberall! Italien: Erwartet einen Rekord-Tourismussommer, gleichzeitig sind derzeit noch 40 Prozent der Stellen unbesetzt. Griechenland: Erwartet ebenfalls einen Rekordsommer, in der Tourismusbranche sind aber noch 80 000 (von 270 000) Stellen unbesetzt. In Spanien fehlen 60 000, besonders drastisch soll es auf den Balearen sein. Auch die Kroaten klagen, ihnen fehlten die Mitarbeiter. In Österreich sowieso Hochalarm!

Es scheint, als hätte das Corona-Monster auch die Arbeitskräfte verschluckt

Ja, aber wo sind sie denn nun alle hingekommen? Fast scheint es so, als habe das Monster Corona nicht nur die Gesundheit von Millionen, sondern auch deren Bereitschaft verschluckt, im Gastgewerbe zu arbeiten.

Die Kroaten sagen: Unsere Fachkräfte arbeiten lieber in Österreich, denn da verdienen sie mehr. Die Österreicher sagen, die Slowaken bleiben jetzt lieber in der Slowakei und die Ungarn in Ungarn, statt bei uns zu arbeiten. Und die Österreicher würden lieber nur Teilzeit arbeiten, im Tourismus sei es schwierig mit der Work-Life-Balance.

Hm. Ein bisschen erinnert das an die Geschichte, die der Kabarettist und Schauspieler Josef Hader alias Simon Brenner im Film "Silentium" über den ewigen Kreislauf von Leberkas und Knackwürstl erzählt: Die Reste vom Leberkas dienten zur Herstellung der Knackwürstl und die Reste der Knackwürstl zur Herstellung des Leberkas und immer so weiter ...

Nur, wenn kein Wurstzipfel und kein Leberkas-Kanten mehr übrig ist, woraus soll man dann den Stoff machen, aus dem die Urlaubsträume sind? Es fehlt an allen Ecken und Enden Europas an Kellnern, Rezeptionistinnen, Putzkräften, Köchinnen.

So ganz kann man es ihnen ja nicht verdenken, denn erstens sind viele dieser Jobs nicht gerade gut bezahlt, zweitens sind die Arbeitszeiten oft alles andere als geregelt. Und drittens: Wer will schon gerne den ganzen Sonntag Latte Macchiatos auf die Terrasse tragen, während die eigene Familie am See beim Baden ist?

Aber statt die Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen, wird halt woanders nach Willigen gesucht. Der italienische Tourismusminister will Rentner und Schüler locken, indem er ihnen Steuerbefreiung anbietet. Tourismusunternehmer wollen Migranten eine Schnell-Ausbildung angedeihen lassen, um mit ihnen die Löcher zu stopfen. Dazu müsste man ihnen aber zuerst eine Arbeitsgenehmigung geben. Spanien sucht in Marokko nach Fachkräften, und Griechenland will Visa-Erleichterungen für Bangladesch, Ägypten und Indien, um dort das fehlende Personal zu rekrutieren.

Ob diese Feuerlösch-Aktionen erfolgreich sind, werden wir im Sommer auf der Terrasse in Rhodos oder Rimini wissen, wenn wir seit einer Stunde auf den Cappuccino warten. Ganz geduldig, ganz gelassen.

Kolumne: Hin und weg: Der Autor hat schon als Kellner gearbeitet, fand das aber zu stressig.

Der Autor hat schon als Kellner gearbeitet, fand das aber zu stressig.

(Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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