Tourismus in der Dominikanischen Republik:Die jungen Reichen kommen

Zweimal Hispaniola: Auf der einen Seite der Insel Haiti, auf der anderen die Dominikanische Republik. Eine Reportage aus dem Westen beschreibt, wie in Haiti trotz aller Schwierigkeiten die Hoffnung auf Aufbruch im Tourismus wächst.

Der Osten wirkt wie eine andere Welt:

Lange wurde die Dominikanische Republik als Karibik für Arme geschmäht. Jetzt verordnet sie sich ein Upgrade und setzt ganz auf Luxus.

Von Anja Martin

Man kennt das aus alten Filmen: James zieht die Augenbraue hoch oder schaut eine Zehntelsekunde lang gespielt streng, wenn er mit dem Gebaren seiner Lordschaft nicht einverstanden ist. Die karibische Variante von James heißt Angelo. Er sagt, mit einem leisen Anflug von Verzweiflung in der Miene: "Ich habe angerufen", wenn er den Gast am Telefon nicht erreicht hat und ihn später am Pool findet. Schließlich ist er ja für dessen Urlaubsglück verantwortlich.

Als einer von 25 lizenzierten Butlern im Luxusresort Paradisus Palma Real zeigt Angelo seinem Royal-Service-Gast jeden Lichtschalter, packt die Koffer aus, poliert Schuhe, reserviert Tische und läuft nach dem Buch, das man auf dem Zimmer vergessen hat. Gleich beim Einchecken wird einem für den direkten Draht zum persönlichen Butler ein Handy in die Hand gedrückt. Einzige gespeicherte Nummer: Angelo.

Dominikanische Republik

Entspannen unter Palmen: In der Dominikanischen Republik eröffnet kaum noch ein Hotel, das weniger als fünf Sterne hat.

(Foto: Anja Martin)

So also sieht Luxus aus auf dem lange als "Karibik für Arme" gescholtenen Teil der Insel Hispaniola, den gerade die Deutschen lange für billigen, sonnensicheren Urlaub liebten. In der Region Punta Cana, wo heute weit mehr als die Hälfte der Urlauber unterkommt, wird inzwischen kein großes Hotel mehr eröffnet, das weniger als fünf Sterne bietet. Auch in anderen All-inclusive-Resorts gibt es Butler, VIP-Services, Suiten mit Whirlpool - hochgesetzte Standards eben. Der beliebteste Ausflug bei den Gästen des Paradisus Palma Real ist denn auch nicht "Schnorcheln mit Haien" oder ähnliches, was man aus der Karibik kennt, sondern ein halber Tag im Ocean Spa, das Wohlfühlen und einen Anwendungsmarathon während einer Bootstour verspricht: von Knabberfischpediküre über Massagen, Foot-Detox und Bio-Pilates bis zum meditativen Auf-Matten-im-Meer-Treiben.

"Als wir angefangen haben, war das hier alles Dschungel", sagt Frank Rainieri auf der Terrasse seines Golfklubs, den der Modemacher Óscar de la Renta designte. "Wenn man unsere Hotels jetzt mit anderen in der Karibik vergleicht, sind wir ganz vorne dabei." Hinter ihm weiße Gebäude mit Marmorböden und Säulen. Der Blick geht über Pools, Palmen, Meer. Dem über 70-Jährigen gehört Tortuga Bay, das berühmteste Boutique-Hotel der Insel. Und er besitzt den internationalen Flughafen Punta Cana.

Er hat ihn Mitte der Achtziger auf seinem Grund bauen lassen, sich überhaupt den Namen Punta Cana ausgedacht, den man für die ganze Gegend nutzt. Gerade baut er eine riesige Mall mit Marken wie Louis Vuitton und Cartier. Würde die Regierung jetzt noch den zollfreien Einkauf erlauben, wie Rainieri sich das wünscht, er wäre glücklich. Und noch ein bisschen reicher.

Kirche und Glücksspiel: Für die Armen im Land sind sie die Hoffnungsträger

Betuchte Kunden auf Shopping- und Sightseeingtour - die sähe das Tourismusministerium auch gern in der Hauptstadt Santo Domingo. Immerhin ist sie die älteste Stadt der neuen Welt, mit der ältesten Kathedrale Amerikas. Die Altstadt aus Kolonialzeiten steht unter Unesco-Schutz. Doch kaum ein Tourist fährt hin.

Staatlich verordnetes Upgrade

Für die Badeurlauber von Punta Cana und La Romana wäre es ein Tagesausflug, doch die allermeisten wollen sich vom Strand nicht wegbewegen, und der Rest scheute bislang den anstrengenden Weg. Das Argument der langen Anfahrt gibt es seit Januar nicht mehr, denn die neue Autobahn bringt Hauptstadtbesucher in zwei statt in vier Stunden zum Ziel. Größter Magnet soll die Ciudad Colonial werden, das historische Zentrum. Hier lässt der Staat gerade zweihundert Fassaden restaurieren, die Sträßchen sollen fußgängerfreundlich werden, parkende Autos wurden verbannt. Vor Kurzem hat der Pritzker-Preisträger Rafael Moneo einen Architekturwettbewerb für den Umbau der Ruinen des Klosters San Francisco in ein Kulturzentrum gewonnen, und Bauten von namhaften Konstrukteuren ziehen Menschen an.

Dieses staatlich verordnete Upgrade gefällt privaten Investoren. Während die Regierung in den vergangenen drei Jahren 18 Millionen US-Dollar in die Sanierung der Altstadt gesteckt hat, machte der private Sektor gleich 100 Millionen locker. In historischen Gebäuden eröffnen luxuriöse Boutique-Hotels, schicke Restaurants und Galerien. Schließlich hat man im Osten der Insel hohe Ziele: In spätestens zehn Jahren sollen zehn Millionen Touristen in der Dominikanischen Republik Urlaub machen, doppelt so viele wie momentan.

Tourismus in der Dominikanischen Republik: Entspannen an Bord des Ausflugbootes: Der Staat fördert den hochpreisigen Tourismus nach Kräften - auf Strand und Sonne allein will man sich nicht verlassen.

Entspannen an Bord des Ausflugbootes: Der Staat fördert den hochpreisigen Tourismus nach Kräften - auf Strand und Sonne allein will man sich nicht verlassen.

(Foto: Anja Martin)

Dafür muss man schon einiges in Bewegung setzen. "Wir haben uns 40 Jahre lang nur auf Strand und Sonne konzentriert", sagt Maribel Villalona, die für die Altstadt zuständige Architektin. "Jetzt wollen wir mehr anbieten."

400 Kilometer Sandstrand sind allerdings schwer zu toppen, vor allem, wenn er so traumhaft ist: fein, weiß, unendlich lang, mit Kokospalmen bestanden. Nur Kuba kann in der Karibik mit mehr Strand aufwarten als die Dominikanische Republik, für die der Tourismus der wichtigste Devisenbringer ist. Im Schnitt wächst die Wirtschaft um fünf bis sechs Prozent jährlich, die der lateinamerikanischen Länder im Mittel nur um 2,7 Prozent. Die Gewinne sind aber ungleich verteilt.

Wer im Land unterwegs ist, sieht nicht nur grüne Hügel, kleine Felder und Verkäufer mit Ständen direkt an der Autobahn, sondern auch Hoffnungsslogans auf Werbetafeln. Mal von der Kirche ("Christus kommt bald!"), mal von der Glücksspielsparte ("Lotto ist meine Lösung"). Beide Institutionen sind extrem gut frequentiert. Dass die meisten Menschen nicht viel haben, ist augenfällig.

Umso krasser sind die Gegensätze. Sosúa an der Nordküste zum Beispiel. Ein Schiebetor und zwei bewaffnete Sicherheitsleute trennen Penthouses von billigen Pensionen, 700-Dollar-Weine von 60-Pesos-Cuba-Libres und Millionärsgattinnen von leichten Mädchen. Erst vor wenigen Monaten hat das für seine Trendfühligkeit bekannte Gansevoort Hotel in Sosúa ein Haus eröffnet, in dem es nur Suiten gibt. Das Konzept: Die Apartments werden als Investment verkauft und in der Zeit, in der sie der Besitzer nicht selbst nutzen will, über das Hotel vermietet - ab 800 US-Dollar pro Nacht. Es ist die Welt der Infinitypools mit Daybeds, Rooftop-Jacuzzis, In-Room-Masseuren und Privatköchen.

Die ganz besonders luxusverwöhnte Klientel bucht gleich das Paket "Von Penthouse zu Penthouse", fliegt im Privatjet von Miami aus für drei Tage ins Gansevoort in Turks & Caicos, das auf der Inselgruppe im Atlantischen Ozean liegt. Von dort geht es weiter in die Dominikanische Republik. Zu sechst ab 75 000 US-Dollar. Natürlich haben alle angebotenen Ausflüge VIP-Status, keiner der exklusiven Gäste möchte sich einen Katamaran mit siebzig Urlaubern teilen.

Hier wurden die meisten Fehler gemacht

Seit Jahren zieht die Dominikanische Republik beständig mehr Touristen an. Die Nordküste um Puerto Plata herum profitiert bislang allerdings nicht vom Aufschwung. Seit Mitte der Neunzigerjahre hat sie die Hälfte ihrer Urlauber verloren. Denn hier, wo die touristische Besiedlung der Insel mit dem All-inclusive-Konzept seinen Ausgang nahm, wurden die meisten Fehler gemacht.

Der Preiskrieg zwang Hoteliers zum Sparen, sie versäumten, Geld in die Sanierung ihrer Anlagen zu stecken. 1996 stürzte obendrein ein Flugzeug mit deutschen Pauschalurlaubern ab, eine schlecht gewartete Charter-Maschine. Irgendwann kamen nur noch 180 000 Deutsche auf die Insel, nachdem es in den besten Zeiten eine halbe Million waren und man schon von einem Mallorca der Fernstrecke sprach.

Im Schatten des ursprünglich boomenden Puerto Plata waren da längst andere Gegenden zu touristischen Zielen geworden: Die Halbinsel Samaná, geliebt für palmenbestandene Strände, grün bewachsene Felsen, Mangrovenwälder, Wasserfälle und den regelmäßigen Besuch der Buckelwale. Und eben Punta Cana.

Aus dem Niedergang der Nordküste gelernt

Dort hatten sie vom Niedergang der Nordküste gelernt und versucht, nicht dieselben Fehler zu machen. Und die Regierung unterstützte die neuen Aufsteiger, lockte Investoren mit Steuererleichterungen. Puerto Plata verwaiste. Viele Hotels mussten schließen. Seit Kurzem steigt die Zahl der Touristen allerdings wieder, denn der Ort zielt jetzt auf sportlichere, aktivere und auch exklusivere Urlauber. Allein vergangenen Winter haben an der Nordküste sieben Luxushotels eröffnet. Weitere sind im Bau.

Eine VIP-Party am Strand von Cabarete, das man fürs Surfen kennt, vierzig Kilometer östlich von Puerto Plata. Hundert junge Leute, gemäß dem heutigen Motto in Weiß, stehen lässig zusammen. Das Silicon Valley ist für ein paar Tage in der Dominikanischen Republik zu Gast: Spiele-Entwickler, Tech-Entrepreneurs, Start-up-Gründer. Der Grund, warum die jungen Erfolgreichen hier sind, ist Susi Mai. Ihre Eltern sind - wie in den Achtzigern viele Deutsche - in die Dominikanische Republik ausgewandert.

Sie wurde ein Kitesurf-Profi und gründete mit einem Freund die Maitai-Global-Events, Reisen, auf denen die Gäste eine Mischung aus Netzwerken, Sport und Ausspannen erwartet. Mit darf nur, wer eingeladen ist. Es geht an die exklusivsten Orte der Welt: Hawaii, die Hamptons, Necker Island. Und seit vier Jahren in die Dominikanische Republik. "Karibik für Arme"? Diese Gäste wissen vermutlich nicht einmal, dass es den Stempel je gegeben hat.

Informationen

Anreise: Mit Air Berlin von München und Düsseldorf direkt nach Punta Cana und Puerto Plata ab 609 Euro. Direkt fliegen auch Condor und Eurowings.

Übernachtung: Paradisus Palma Real, Zwei Personen im DZ inkl. Mahlzeiten und Butler-Service ab 309 Euro, www.paradisus.com. Gansevoort Playa Imbert, ab 800 Euro für zwei Personen mit Frühstück, www.gansevoorthotelgroup.com. Billini Hotel, ab 145 Euro für zwei Personen mit Frühstück, www.billinihotel.com .

Weitere Auskünfte: Tourist Board Dominikanische Republik in Frankfurt/Main, germany@godominicanrepublic.com, www.godominicanrepublic.com. Ocean Spa, www.oceanadventures-puntacana.com; Marcus Böhms Surfschule, www.321takeoff.com.

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