Tipps für Planung, Ausrüstung und Notfälle:In die Berge, aber sicher

Travel Destination: Raetikon Mountain Range

Wanderer im Rätikon in den Ostalpen

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Steinschlag, Herzinfarkt, Gewitter: Freizeitsportler unterschätzen leicht die Gefahren am Berg. Die wichtigsten Wandertipps.

Von Sarah Schmidt

Der Mühe Lohn? Dieser Weitblick über Gipfel und Täler - und oft auch die Einkehr in eine Berghütte. Sobald der Schnee geschmolzen ist, zieht es viele in die Berge. Doch Freizeitsportler und Gelegenheits-Kraxler unterschätzen leicht die Gefahren, so gezähmt scheint manche Bergwildnis.

Wir haben Ihnen alle wichtigen Informationen für Planung, Ausrüstung und Notfälle zusammengestellt - damit Sie sicher auf den Berg kommen und ebenso sicher wieder runter.

Die Planung

Die wichtigste Voraussetzung ist eine gute Vorbereitung - egal ob ein Tagesausflug oder ein mehrtägiger Trip ansteht. Augenmerk sollte dabei auf die Route, auf die Wanderer selbst und auf die Ausrüstung gelegt werden:

Die Route

Wo geht es genau lang? Welche wichtigen Abzweigungen darf ich nicht verpassen? Wo gibt es Möglichkeiten für einen früheren Abstieg? An welchen Stellen wird es eventuell knifflig? Ist genügend Zeit für die Tour vorgesehen, so dass die Gruppe vor Einbruch der Dunkelheit zurück ist und gegebenenfalls die letzte Seilbahn erreicht?

Das sind die Fragen, die bereits im Tal beantwortet werden müssen. Neben Wanderführern und -karten gibt es dazu auch im Internet ein breites Angebot. Wanderer sollten sich nicht zu viel vornehmen und auch für Pausen genügend Zeit einplanen.

Die Alpenvereine aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geben auf ihrem gemeinsamen Portal "Alpenverein Aktiv" umfangreiche Informationen zu Touren und den aktuellen Bedingungen. Mit der zugehörigen App kommen die Infos mobil mit auf den Berg - per GPS kann man die Route sogar direkt verfolgen, wie mit einem Navi. Das ist praktisch, jedoch sollten sich Wanderer nie allein auf ihr Smartphone verlassen. Allzu schnell kann plötzlich der Akku leer sein.

Und auch die leichteste Route kann gefährlich werden, wenn die Witterung umschlägt. Daher ist ein Wettercheck vorab Pflicht. So bietet zum Beispiel der Deutsche Alpenverein (DAV) eine genaue Übersicht über das Bergwetter für einzelne Orte und Regionen in den Alpen.

Vor einer Tour sollte immer jemand informiert werden, wo die Wanderung hingeht, auf welcher Route und wann mit der Rückkehr zu rechnen ist. So können Familie, Freunde - oder auch der Hüttenwirt - Alarm schlagen oder den Rettungskräften wichtige Hinweise geben, sollten Bergsteiger verschwinden.

Kondition und Ausrüstung

Die Wandergruppe

Wie erfahren und fit sind die Mitläufer? Das ist eine weitere Frage für eine sichere Bergtour. Gerade wenn ältere Menschen oder Kinder dabei sind, sollte man es langsam angehen. Doch auch sportlich aktive Erwachsene überschätzen leicht ihre Fitness - Wandern und Bergsteigen stellen eine andere Belastung für Ausdauer und Muskeln dar als Jogging oder Radfahren.

Eigentlich versteht sich das von selbst, es wird aber viel zu oft vergessen: Die Touren sollten sich immer nach dem schwächsten Teilnehmer richten - und die Pausen müssen so lang sein, dass es nicht gleich weitergeht, sobald der Nachzügler endlich da ist.

Mit Hilfe der Bergwander-Card des Deutschen Alpenvereins (DAV) lässt sich mit Hilfe von Fragen zu Kondition und Erfahrung ermitteln, wie trittsicher und bergfit der Einzelne ist - daraus ergibt sich eine Empfehlung, wie lang und schwierig die Tour maximal sein sollte.

Die Ausrüstung

In Sandalen oder Sneakers auf den Berg? Keine gute Idee! Festes Schuhwerk ist die richtige Ausrüstung für eine Bergtour. Wird es felsiger, sollten es idealerweise Wanderschuhe sein, die stabil über den Knöchel reichen.

In den Bergen hat die Sonne viel Kraft: Achten Sie auf einen hohen Lichtschutzfaktor - und denken Sie daran, die Tube zum regelmäßigen Nachcremen einzupacken. Shirts aus schnell trocknender Sportfaser oder leichter Merinowolle, die die Schultern bedecken, tragen sich bei warmen Temperaturen sehr angenehm. Eine Kopfbedeckung schützt vor einem Sonnenstich. An die Sonnenbrille denken die meisten sowieso. Doch auch warme Kleidung und eine wasserabweisende Jacke sollten in jedem Fall mit auf den Berg - selbst wenn es im Tal sonnig und warm ist, das Wetter kann schnell umschlagen.

Besonders wichtig bei warmen Temperaturen, aber auch generell beim Wandern: ausreichend Flüssigkeitsnachschub einpacken. Pro Person dürfen es zwei Einliterflaschen sein. Auch wer auf der Hütte einkehren will, sollte unbedingt einen kleinen Proviant mitnehmen. Der kleine Snack hält bei Kräften und es wäre doch schade, wenn die gute Stimmung ausgerechnet einer Unterzuckerung zum Opfer fällt.

In den Rucksack gehören außerdem ein Erste-Hilfe-Set und ein (voll geladenes!) Handy. Stöcke sind bei guten Witterungsbedingungen zwar nicht Pflicht, entlasten aber gerade beim Bergablaufen die Knie.

Verhalten bei Unwetter

Besonders gefährlich können in den Bergen Wetterumschwünge werden. Die Gefahr: Unwetter ziehen oft schnell und wortwörtlich - aus heiterem Himmel - auf. An kaum einem Ort ist man dann den Naturgewalten so schutzlos ausgeliefert wie in den Bergen. Neben einem Check des Wetterberichts vor Tourstart (siehe Planung) sollte das Wetter daher während der Wanderung aufmerksam beobachtet werden. (Einen ausführlichen, gut verständlichen Überblick über Wetterlagen im Alpenraum bietet diese Broschüre des Schweizer Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie).

Folgende Wetterphänomene versprechen stabiles, gutes Wetter:

  • Kräftiges Abendrot
  • Vereinzelte hohe Schleierwolken
  • Schäfchenwolken
  • Gute Fernsicht
  • Dunst und Nebel in Niederungen - sofern dieser nicht steigt

Schlechtes Wetter und Unwetter sind bei diesen Signalen zu erwarten:

  • Kräftiges Morgenrot
  • Ein Halo, also ein Lichtkreis um Mond oder Sonne
  • Kondensstreifen bleiben lange am Himmel stehen
  • Dunst nimmt zu, die Sicht verschlechtert sich
  • Zunehmender Wind
  • Schnell sinkender Luftdruck
  • Quellwolken, die sich auftürmen (Signal für Gewitter)

Besonders gefährlich sind Gewitter, zwischen den ersten Anzeichen und ersten Blitzen liegen bisweilen nur wenige Minuten. Dabei prasseln heftiger Regen oder Graupel nieder, oft stürmt es. Blitze bleiben jedoch die größte Gefahr. Nicht nur der direkte Einschlag ist eine Bedrohung, sondern auch Bodenströme - was weniger bekannt ist:

Auch nach dem Einschlag verbreitet sich der Strom weiter, weshalb man sich nie flach hinlegen, sondern in die Hocke gehen sollte, um die Kontaktfläche zum Boden möglichst klein zu halten.

Ist ein Gewitter im Anmarsch, sollte die Tour sofort abgebrochen beziehungsweise schleunigst Schutz gesucht werden. Wirklich sicher ist man in Hütten mit Blitzableiter, auch Biwakschachteln oder Seilbahngondeln bieten in der Regel eine sichere Zuflucht.

Was tun, wenn einen doch ein Unwetter erwischt?

  • Runter vom Gipfel und weg von exponierten Stellen - der Blitz sucht sich einen möglichst schnellen Weg zur Erde.
  • Abstand halten zu Wasserläufen und feuchten Bereichen, diese leiten bei einem Einschlag die Energie direkt weiter.
  • Vorsicht bei steilen Hängen mit losem Geröll - ein Blitz oder auch heftiger Regen kann Steinschläge auslösen.
  • Leitungen und Weidezäunen nicht zu nahe kommen. Nach Möglichkeit unbedingt Klettersteige verlassen und Kontakt zum Stahlseil vermeiden. Allerdings sollte sich niemand mitten in der Felswand aushaken, hier wäre die Absturzgefahr zu groß.
  • Nur in großen Höhlen Schutz suchen, zu allen Seiten hin sollten einige Meter Abstand möglich sein. In kleineren Spalten können Kriechströme zur Falle werden: Wegen des Spannungsgefälles sucht sich der Strom eine Möglichkeit, die Felsspalte zu überbrücken - in diesem Fall über den Wanderer.
  • Dies geschieht übrigens auch, wenn die Füße nicht dicht nebeneinanderstehen; der Bodenstrom tritt an einem Fuß ein, nimmt den Umweg über den Körper und tritt am anderen Fuß wieder aus. Also presst man in der Hocke die Knöchel zusammen oder setzt sich mit angezogenen Beinen zur Isolierung auf den Rucksack.
  • Metallene Gegenstände wie Wanderstöcke oder Pickel zurück lassen oder weit entfernt ablegen, sie leiten Strom besonders gut.
  • Als Gruppe den Abstand untereinander vergrößern.

Was tun im Notfall?

Neben Gewittern lauern auf einer Bergtour weitere Gefahren. Umgeknickt, gestürzt - schnell kommt es zu einer Verletzung. Die körperliche Anstrengung kann auch einen Herzinfarkt auslösen. Gerade bei Männern ist dies ein nicht zu unterschätzendes Risiko, wenn sie bereits unter Herzkreislaufproblemen leiden. Treten Schmerzen im Brustbereich, die auch in Arme, Hals oder Bauch ausstrahlen können, Atemnot oder auch kalter Schweiß auf, sollte die Möglichkeit eines Infarktes zumindest in Betracht gezogen werden.

Am späten Vormittag des ersten Tages einer Bergtour erleiden Wanderer am häufigsten einen Herzinfarkt. Deshalb sollte man es langsamer angehen lassen, ausreichend Trink- und Essenspausen jede halbe oder volle Stunde einplanen und sich generell körperlich fit halten.

Während einer Tour sollten alle Gruppenmitglieder auf sich und aufeinander achtgeben. Gerade leichteres Gelände verführt zu Unvorsichtigkeit.

Und in Klettersteigen hat jeder nicht nur die Ausrüstung zum Abseilen dabei, etwa wenn der andere von einem Stein am Oberkörper getroffen wurde - man sollte auch wissen und geübt haben, wie man einen Verletzten in Sicherheit bringt.

Noch bei größter Vorsicht kann immer etwas passieren. Gut, wenn man sich - und anderen - dann zu helfen weiß.

Ruhe und Überblick bewahren

Das Wichtigste im Notfall: ruhig bleiben, Panik hilft jetzt niemandem. Zunächst gilt es, sich einen Überblick zu verschaffen:

  • Besteht die Gefahr (z.B. Steinschlag) weiterhin? Im Zweifel geht die Sicherheit der Retter vor.
  • Wie ist der Zustand des Verletzten? Der wichtigste Check: Ist der Verwundete bei Bewusstsein? Falls nein, atmet er?

Keine Lebenszeichen: Sofortmaßnahmen

Ist keine Atmung vorhanden: Sofort einen Notruf unter 112 (die Bergrettung ist unter 140 zu erreichen) absetzen und dann mit lebensrettenden Sofortmaßnahmen beginnen. Hierzu gehören Beatmung und Herz-Lungen-Massage.

Unbedingt sollte regelmäßig das Erste-Hilfe-Wissen in einem Kurs aufgefrischt werden. Unterwegs gibt dann ein kleiner Merkzettel oder auch eine App auf dem Smartphone (zum Beispiel vom DRK) zusätzlich Sicherheit.

Eine bewusstlose (atmende) Person wird in die stabile Seitenlage gebracht, damit sie nicht erstickt. Dabei muss sie natürlich vor dem Abstürzen gesichert, aber auch vor Unterkühlung bewahrt werden. Bei äußeren Verletzungen ist es wichtig, die Blutung zu stillen.

Notruf absetzen

Ideal ist es, wenn der Notarzt direkt mit dem Handy informiert werden kann. Es gelten wie üblich die fünf W:

  • Wo ist der Unfall geschehen?
  • Was ist passiert?
  • Wie viele sind verletzt?
  • Welche Verletzungen haben sie?
  • Warten auf Rückfragen!

Doch gerade im Gebirge gerät man leicht in ein Funkloch. Manchmal hilft es, das Handy kurz auszuschalten und beim Wiederanschalten noch vor der PIN-Eingabe direkt die Notruffunktion zu wählen. Dann sollte das Handy angeschaltet bleiben, zur Ortung und für Rückrufe (also nicht gleich alle über das Unglück informieren, sonst ist fatalerweise besetzt).

Kommt keine Verbindung zustande, ist es gut, wenn man zu mehreren unterwegs ist. Dann kann einer beim Verletzen bleiben und der andere holt Hilfe. Ist man mit dem Verwundeten allein, gilt es abzuwägen, was wichtiger ist: Erstversorgung oder Hilfe organisieren.

Alpines Notsignal

Gibt es keine andere Möglichkeit, Rettungskräfte zu alarmieren, kann das Alpine Notsignal verwendet werden:

  • Erste Minute: Alle zehn Sekunden ein Signal
  • Zweite Minute: Pause
  • Wiederholen

Wurde das Signal gesehen oder gehört, antworten die Empfänger:

  • Erste Minute: Alle 20 Sekunden ein Signal
  • Zweite Minute: Pause
  • Wiederholen

Das Signal kann optisch oder akustisch gegeben werden, also zum Beispiel mit einer Taschenlampe. Ideal ist eine Pfeife, das ist weniger kraftraubend als zu rufen.

Auch wenn man bereits die Antwort empfangen hat, sollte das Signal noch regelmäßig wiederholt werden, um den Rettungskräften die Ortung zu erleichtern.

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