Tipps für einen Tag im Schnee:Abseits der Massen

Wo ist man bei Sonnenaufgang der Erste auf der frisch planierten Piste und wo am Abend der Letzte, der aus dem Jacuzzi steigt? Fünf Tipps für einen ganz besonderen Wintertag - und ein Tipp für die Nacht.

7.30 Uhr: Vor der Sonne

Das machen doch nur die Verrückten. Die Unersättlichen. Die, die jede von einer Pistenraupe in den Schnee gefräste Rille persönlich grüßen müssen. Nur solche Menschen stehen um 7.30 Uhr an der Talstation, um auf der Piste die ersten zu sein.

Doch dann kommen Rudi, Jens und Michl, ein wenig abgehetzt, weil sie das Taxi zur Schönjochbahn versetzt hat. Sie sind die Tage zuvor eigens aus Ulm ins Tiroler Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis angereist, um "Die erste Spur" zu fahren. Immer mittwochs können das hier bis zu 30 Skifahrer exklusiv buchen, bevor der normale Liftbetrieb losgeht. "Sein Schätzle" habe ihm dieses Geschenk gemacht, erzählt Rudi in der Gondel. Oben am Ausstieg ist nur das Knirschen des eiskalten Schnees unter den Schuhen zu hören. Wenn Rudi sich jetzt im Kreis dreht, sieht er nichts als mächtige, schneebedeckte Berge in noch düsterem Licht. Einzig die hakennasige Parseier Spitze leuchtet schon in Morgenrosa.

Die erste Abfahrt in der Fünfergruppe. Kalt bläst der Fahrtwind, der Schnee ist bettlakenglatt. Nichts stört den Lauf, kein noch so kleiner Schneebrocken, kein Konkurrent. Minus 19 Grad sind es unten am ersten Sessellift, doch wem bei einem solchen Erlebnis nicht trotzdem warm ums Herz wird, der hat auf der Piste nichts verloren. Die Sonne hat inzwischen die Gipfel genommen, die weißen Spitzen scheinen im Morgenrot. Beim gemeinsamen Abschluss-Frühstück gegen halb zehn Uhr fasst der Rudi seine "Erste Spur" knapp zusammen: "Einfach geil." In der Masse fahren kann man schließlich noch den ganzen Tag. (55 Euro plus Skipass, www.serfaus-fiss-ladis.at)

Mit Husky-Schlitten durch den Bayerischen Wald

10 Uhr: Hinterm Hund

Zehn Uhr morgens, und wir haben schon: Musher-Gold gefunden, Hundefrühstück zubereitet, Wagen mit Schlitten und Tieren beladen. Ist nämlich nicht so, dass man sich hier, beim Waldschrat in Frauenau, einfach nur von 55 Alaskan Huskys beschmusen lassen kann. Hier wird mitgearbeitet! Also hackten wir Hundehaufen aus dem Schnee, die die Musher, die Schlittenhundeführer, wahlweise als Gold oder Golfbälle bezeichnen. Der Geruch der heißen Suppe für die Hunde - viel Wasser mit wenig Fleischeinlage, damit das Mahl nicht schwer im Bauch liegt - haftet bis zum Abend an uns. Lachs ist mit dabei, gut fürs Fell, gut für die Kondition.

Seinen Husky-Hof hat Thomas Gut mit Bedacht in den Bayerischen Wald gelegt. Hier ist es eine lange Zeit des Jahres so kalt, dass die Tiere sich wohl fühlen. Und so schneesicher, dass die Gäste noch im April mit dem Schlitten fahren können. Wer ein Gespann lenken möchte, kann es hier lernen. Allerdings geht das nicht unter drei Tagen. "Das Team muss zusammenwachsen", sagt Gut. Aber dann sei dieser Sport ein wunderbarer - und ein ruhiger. Ah, ja? Gekläffe, Gejaule beim Eingeschirren. Vorfreude, sagt Gut - die Hunde wollen laufen. Das ist ihr Wesen: "desire to go." Das tun sie dann. Schieben sich, Brust voran, Rute oben, durch den Schnee den Arber hinauf, in eine sonnenbeschienene, nun tatsächlich stille Traumlandschaft. Nach vier Stunden sind sie noch nicht müde, die Möchtegern-Musher aber durchgefroren. Also gibt es Kaffee für uns. Und für die Hunde das Leckerli der Unerschrockenen: rohe Leber. (Drei Tage mit Übernachtung und Vollpension ab 409 Euro, www.waldschrat-adventure.de)

Längste Rodelbahn der Alpen

12 Uhr: Neben der Spur

Das Dumme am Rodeln, das weiß jedes Kind, ist das krasse Missverhältnis von Raufziehen und Runtersausen. Aber das ist hier kein Thema. Sondern: 15 Kilometer, 1650 Höhenmeter - die längste Rodelbahn der Alpen am Faulhorn im Berner Oberland. Mit den Skifahrern in der Firstbahn geht es von Grindelwald hinauf auf den First, dann in zwei Stunden zu Fuß zum Start auf über 2600 Metern.

"Beine anheben, Bauchmuskeln anspannen, keine Angst haben und nicht bremsen." Das ist der Tipp des Grindelwalders Hans Schlunegger. Der 68-Jährige war vor 30 Jahren beim ersten Bau der Piste dabei. Sie schlängelt sich über wellige Almwiesen zunächst 1000 Höhenmeter bis zur Bussalp hinab. Bergrestaurants wie dieses haben dank der Schlittelbahn, wie die Schweizer sagen, auch im Winter viele Gäste. Fondue gibt es hier nur mit Reservierung. Wer Schluneggers Tipps beherzigt, ist in 20 Minuten vor die Tür geschlittelt. Verzagtere brauchen doppelt so lange. Nach der Bussalp geht die Spur auf einer verschneiten Straße weiter. Wenn die Unterlage talwärts immer wässriger wird, stoppt man einfach und wartet auf den Postbus. Der fährt nach Grindelwald oder noch einmal auf die Bussalp zurück. An den Haltestellen haben winzige Hüttenbars geöffnet. Schlittelprofis trinken weißen Glühwein - wie Hans Schlunegger. (Firstbahn ca. 24 Euro, www.jungfrau.ch)

Fitness-Skitour auf den Sattelberg

15 Uhr: Jenseits der Autobahn

Diese ewige Sitzerei! Im Büro. Zu Hause. Im Auto auf der Autobahn. Kurz vor dem Brenner, bei Gries, macht die A 13 noch mal eine lange Linkskurve. Genau hier geht es los mit der Bewegung. Das heißt: 150 Meter tiefer, am Fuß der Stahlbetonstützen der Autobahn. Dort ist der immer gut gefüllte Parkplatz zur Sattelbergalm. Bis 2006 war hier ein Skigebiet, das sich aber nicht mehr lohnte. Und weil der Wirt der Alm, Alois Nagele, die Zeichen der Zeit erkannte, setzte er voll auf die Skitourengeher. Er übernahm eine Pistenraupe und planiert damit einen schmalen Streifen zu seiner Alm und weiter bis unter den Gipfel des Sattelbergs. Seitdem ist seine Hütte voll. "Viele Leute möchten sich ein bisschen bewegen, kennen sich aber mit Tiefschnee und Lawinen nicht aus", sagt der Wirt. Für diese "Fitness-Tourengeher" ist das Angebot perfekt. In einer guten Stunde hat man die 400 Höhenmeter zur 1600 Meter hoch gelegenen Alm geschafft, das Sirren der Autobahn wird leiser. Oben hört man nur noch das Klicken der Bindungen und das Klingen von Weißbiergläsern. Sogar eine Blockhaussauna und einen beheizbaren Holzzuber hat der Wirt vor die Alm gestellt, mit Blick auf die verschneiten Brennerberge. Übernachten kann man hier auch, zurzeit jagt eine Weihnachtsfeier die andere. Wohl deshalb der Hinweis an der Sauna: Kein Alkohol! Und natürlich: vorher Füße waschen! (www.wipptal.net/sattelalm)

Panorama-Badewanne im Schnee

17 Uhr: Im Hot Pot

Wenn das Abendrot die Eiswände des Bernina-Massivs rosa färbt, herrscht auf der Diavolezza eine magische Stimmung. Die drei Felspfeiler des Piz Palü, dahinter der Piz Bernina, der östlichste Viertausender der Alpen - ein Anblick, der einen total durchschüttelt und die Haut kribbelig werden lässt. Oder liegt das an den Blubberbläschen, die aus dem heißen Wasser aufsteigen? Am Sekt, mit dem die vier Wintersportler nach der erfolgreich absolvierten Skitour auf den 3900 Meter hohen Piz Palü anstoßen? Oder an der dünnen Luft? Schließlich steht der runde Heißwasser-Trog auf 3000 Metern Höhe vor dem Diavolezza-Berghaus. Der Wirt des Bergrestaurants heizt den Kessel mit Holz auf 41 Grad. Die Panorama-Badewanne, in der vier Personen Platz haben, beansprucht den Titel "höchster Outdoor-Jacuzzi der Welt" für sich. Es ist ganz sicher der Outdoor-Jacuzzi mit der spektakulärsten Aussicht - und der Outdoor-Jacuzzi mit dem komfortabelsten Service. Tagesgäste zahlen 24 Franken Eintritt. Wer zufällig keine Badehose dabei hat beim Skifahren, kann diese für vier Franken mieten. Und wer nicht barfuß durch den Schnee laufen will, darf auch für vier Franken ein Paar Schlappen kaufen. (www.diavolezza.ch)

Im Lichte des Vollmonds auf die Piste

20 Uhr: Unter der Glüna Plaina

Es wurden die Loipen gepflegt und die Pisten planiert, selbst der Tiefschnee ist zähmbar dank Skiern so breit wie Holzbohlen. Und plötzlich entdecken die Wintermacher etwas Neues und doch Uraltes als Geschäftsmodell: die Vollmondnacht. Im Engadin behaupten die Menschen, dass der Himmel über der Diavolezza-Bergbahn viel natürlicher, viel schöner ist als anderswo. Deshalb wird hier einmal pro Monat spät abends der Betrieb aufgenommen. Macht doch allein der rätoromanische Name Glüna Plaina viel mehr her als: Vollmond. Und wahrscheinlich haben die Engadiner recht. In kaum einem anderen Skigebiet stören so wenig Lichter aus dem Tal die Dunkelheit. Dazu rühmt sich die Region ihrer 322 Sonnentage, was für die Nächte bedeutet, dass es überwiegend sternenklar ist. Nur ziert sich Glüna Plaina ausgerechnet heute und versteckt sich hinter Schleiern aus Wolken. So bleiben dem Skifahrer nur wenige Konturen, die das Mondlicht auf fast 3000 Metern in die sonst unbeleuchtete Piste bis hinab zur Talstation zeichnet. Zumindest ist das ehrlicher als Après-Ski-Gegröle: nur wir, die Piste und Glüna Plaina. Die Chance auf ein Wiedersehen kommt bald. Am Mittwoch, dem 26. Dezember. (Abendkarte ca. 26 Euro, www.engadin.ch)

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