Süddeutsche Zeitung

Tipps für die Griechenland-Reise:"Du Merkel"

In diesem Sommer nach Griechenland? Bloß nicht? Dabei lohnt sich das Reiseziel auch in Krisenzeiten, meint unsere Korrespondentin. Wenn man ein paar Kleinigketien beachtet. Über Flughafenbusse, "neue Massaker an den Rentnern" und Fremde im eigenen Auto.

Von Christiane Schlötzer

Grundsätzlich handelt es sich bei Griechenland um ein "für deutsche Reisende sicheres Urlaubsland". So versichert das Auswärtige Amt in seinen aktuellen landesspezifischen Sicherheitshinweisen. Das ist erst einmal beruhigend. Das Amt ist natürlich zu diplomatischer Zurückhaltung verpflichtet, weshalb die Warnungen so höflich ausfallen, wie es sich für ein befreundetes europäisches Land gerade noch ziemt. Deshalb wollen wir die Hinweise hier etwas erweitern, über das Übliche hinaus, das da lautet: "Reisende sollten Demonstrationen und Menschenansammlungen meiden." (Originalton AA).

Sollte es Ihnen beispielsweise passieren, dass Sie mit "Du Merkel" angesprochen werden, dann dürfen Sie unmissverständlich antworten, dass Sie Angela Merkel weder je gewählt haben noch demnächst wählen wollen. Auf keinen Fall ist es angebracht, beim Bezahlen in der Taverne darauf zu bestehen, Sie hätten Ihre Rechnung mit den Milliardenkrediten für Athen längst beglichen. Denn diese Rechnung stimmt leider nicht. Bislang hat Deutschland an den Hilfen für Hellas mehr verdient als verloren.

Deshalb sollten Sie, falls Sie am Athener Flughafen auf verschlossene U-Bahn-Türen stoßen, weil die Angestellten gerade gegen die dritte oder vierte Gehaltskürzung protestieren, lieber auf Italienisch fluchen (porca miseria). Das spricht für mediterrane Solidarität. Jemand wird Sie dann zart am Arm zupfen und zum überfüllten Flughafenbus führen, in dem Sie sich bald wie eine Griechin unter Griechen fühlen dürfen.

Sie sollten auch nicht alles wörtlich nehmen, was Sie hören oder lesen, zum Beispiel, wenn von "neuen Massakern an den Rentnern" die Rede ist. Das bedeutet nur, dass die Renten wieder schrumpfen könnten. Bald werden Sie das Wort Haratzi lernen. So heißt die neue, nun monatliche Immobiliensteuer. Haratzi ist ein altes türkisches Wort. Türkische Wörter nimmt man immer für die besonders unangenehmen Dinge in Griechenland.

Für den Fall, dass Sie mit dem Auto unterwegs sind, empfiehlt das AA: "Um blinden Passagieren vorzubeugen, stellen Sie Ihr Fahrzeug stets an einem sicheren, möglichst überwachten Ort ab und halten es gut verschlossen." Griechenland ist das Ziel vieler Zuwanderer ohne touristisches Interesse. Weshalb Sie (so das AA) "vor Ihrer Ausreise aus Griechenland" auch überprüfen sollten, "dass sich keine Ihnen nicht bekannten Personen in Ihrem Fahrzeug befinden".

Diese Fremden, die Griechenland schon bald nach ihrer Einreise fast genauso armselig finden wie ihre iranische oder somalische Heimat, sind ebenso geschockt wie Sie, wenn sie erstmals einem der Neonazis begegnen, die nun mancherorts ihr Unwesen treiben. Deshalb meiden Sie nachts eher Omonia-Platz und umgebende Straßen in Athen (wirklich!). Die Schwarzhemden sind zwar Arier-Fans, aber sie kennen sich in der Geschichte nicht so gut aus und könnten Sie trotz deutschen Passes (sie fragen schon mal nach Papieren) für einen Multikulti halten, nur weil Sie sich für das großartige Land interessieren, das Griechenland auch ist.

Ein Wort zur Antike. Auf keinen Fall sollten Sie sich verleitet fühlen, auf den wegen Personalmangel nun häufig unbewachten Ausgrabungsstätten auf eigene Faust nach Schätzen zu suchen. Bei Diebstahl von archäologischen Fundstücken können auch gegen Ausländer "je nach Schwere der Tat bis zu mehrjährige Haftstrafen verhängt werden" (AA). Zwar warten Griechen gewöhnlich zehn Jahre darauf, dass ein Verfahren vor ihren Gerichten abgeschlossen wird, bei Ausländern aber kann es auch mal schneller gehen.

Im Gefängnis könnten Sie dann allerdings durchaus interessanten Persönlichkeiten begegnen: Ex-Ministern, Bankdirektoren und ganz normalen Steuerhinterziehern. Für ein richtiges Survival-Training empfiehlt es sich, einmal mit einem griechischen Steuereintreiber mitzugehen, wenn der seine Runde bei den Reichen macht. Sollten Sie all diese Empfehlungen beachten, werden Sie einen wunderbaren Urlaub haben. Griechenland braucht Sie. Es war nie schöner als heute.

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SZ vom 02.02.2013/ihe
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