Ticket-Preisvergleich:"Derselbe Flug kann 4000 Euro teurer sein"

Otto Schweisgut vom Deutschen Reiseverband erklärt, warum der Sitznachbar im Flieger viel weniger zahlen musste.

Katja Schnitzler

Ein halbes Jahr lang hat der Deutsche Reiseverband (DRV) die Preise bei zehn IATA-Fluggesellschaften (darunter Lufthansa, Air France und British Airways) sowie bei fünf Ferienflug- und Billig-Airlines (etwa Air Berlin, Condor, Germanwings) kontrollieren lassen. Das Ergebnis: Viele Gesellschaften bieten auf ihren eigenen Homepages andere Preise an als in den Computer-Reservierungssystemen für die Reisebüros - mal ist der Flug im Internet, mal im Angebot für die Reisebüros teurer.

Reisende am Flughafen, AP

Preisvergleich bei Flugtickets lohnt sich.

(Foto: Foto: AP)

Vor allem bei längeren Flügen kann die Differenz zwischen 600 und 1000 Euro betragen. Ein Gespräch über die Suche nach dem billigsten Flug mit Otto Schweisgut, der im DRV-Vorstand für Flugthemen zuständig ist. Der Deutsche Reiseverband vertritt die Interessen von Unternehmen der Reisebranche.

sueddeutsche.de: Der DRV hat untersucht, wo Flüge billiger zu haben sind: auf der Homepage der jeweiligen Fluglinie oder über das Reisebüro. Der größte Unterschied betrug mehr als 4000 Euro. War der Flug im Reisebüro umsonst, oder wie kann man diese enorme Preisspanne erklären?

Otto Schweisgut: Umsonst war der Flug natürlich nicht. Wir haben an bestimmten Stichtagen die günstigsten verfügbaren Preise auf bestimmten Strecken abgefragt, sowohl auf Homepages der Airlines als auch im Reservierungssystem, das die Reisebüros benutzen. Die großen Unterschiede gerade bei Langstreckenflügen lassen sich durch unterschiedliche Verfügbarkeiten von Buchungsklassen erklären.

sueddeutsche.de: Da denkt man an Economy und Business Class ...

Schweisgut: Doch da liegt man falsch. Heute existiert nicht mehr nur ein Economypreis für alle, sondern viele Unterpreisklassen, die von der Nachfrage abhängen - ist diese gering, sind die billigsten Klassen buchbar. Steigt die Nachfrage, sind keine billigen Buchungsklassen mehr buchbar - obwohl man auch für mehr Geld oft nur einen Sitz in der Economy Class bekommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bei ihrem Flug neben jemandem sitzen, der exakt denselben Preis wie Sie bezahlt hat, ist nicht mehr sehr hoch.

sueddeutsche.de: Wen treffen die höheren Preise vor allem?

Schweisgut: Wer keine Wahl hat, wie Geschäftsreisende, und zu bestimmten einem Zeitpunkt fliegen muss, an dem die Nachfrage hoch ist, dem kann es passieren, dass er für einen Langstreckenflug auch einmal 5000 Euro mehr zahlen muss. Privatreisende können dagegen oft auf einen anderen Flug ausweichen, der etwa am nächsten Tag nicht so begehrt und damit billiger ist.

sueddeutsche.de: Woher weiß ich als Reisender, dass ich die günstigste Variante gebucht habe?

Schweisgut: Gerade bei Kurzstrecken sind es oft nur kleine Preisunterschiede zwischen Buchungen auf der Homepage und über das Reservierungssystem der Reisebüros, die sich im einstelligen Eurobereich bewegen. Größere Unterschiede gibt es bei den langen Strecken, da kann der Unterschied oft 1000 Euro betragen, mal zugunsten des Internets, bei größeren Preisunterschieden meist zugunsten des Reisebüro-Systems. Gerade Langstrecken nur über das Homepage-Angebot der Fluglinie zu buchen, würde ich für sehr riskant halten.

sueddeutsche.de: Also was tun?

Schweisgut: Ein sicherer Weg ist der Gang ins Reisebüro: Wenn dieses professionell arbeitet, nutzt es Hilfsmittel, um auch die Onlinetarife der Airlines zu scannen und so den in diesem Moment günstigsten Preis herauszufinden.

sueddeutsche.de: Aber wenn man ins Reisebüro geht, gewinnt man manchmal den Eindruck, dass die Angestellten nur in ihr Reservierungssystem schauen und nicht noch Homepages durchforsten.

"Derselbe Flug kann 4000 Euro teurer sein"

Schweisgut: Erstens nutzen Profis Crosscheck-Systeme, die das automatisch machen. Außerdem wissen Reisevermittler oft aus Erfahrung, wo sie für einen bestimmten Flug wahrscheinlich den günstigsten Preis bekommen - dann muss man nicht immer alles prüfen.

Otto Schweisgut, Deutscher Reiseverband

Otto Schweisgut, Deutscher Reiseverband

(Foto: Foto: privat)

sueddeutsche.de: Das Ergebnis Ihrer Auswertung nützt dem DRV durchaus, schließlich vertreten Sie die Interessen von Reisebüros.

Schweisgut: Die Meinung im Verband ist da zweigeteilt: Die einen sind froh über das Preischaos, weil das die Notwendigkeit von professionellen Rat im Reisebüro deutlich macht. Die anderen meinen, dass es dringend notwendig wäre, an ein und demselben Zeitpunkt auf der Airline-Homepage und im Reservierungssystem auch denselben günstigen Preis zu bekommen. Schließlich haben wir viele Geschäftskunden, denen wir versichert haben, ihnen nur die billigsten Flüge zu vermitteln. Das bedeutet derzeit für den Mitarbeiter den dreifachen Aufwand. Am fairsten wäre es, einheitliche Preise anzubieten, so dass der Kunde wählen kann, ob er selbst im Internet sucht oder ins Reisebüro geht.

sueddeutsche.de: Haben Sie denn auch verglichen, ob Reisende bei Online-Portalen, die einen Flugpreisvergleich verschiedener Airlines anbieten, billiger oder teurer wegkommen?

Schweisgut: Nein, die Internet-Plattformen haben wir nicht überprüft. Aber diese tun sich im Gegensatz zu Reisebüros schwer, automatisch die möglichen Kombinationen verschiedener Buchungsklassen anzubieten, während man im Reisebüro auf kreatives Ticketing setzt.

sueddeutsche.de: Was bedeutet das?

Schweisgut: Dass man die sehr komplexen und sich ständig ändernden Regelungen der Airlines ausnutzt. So kann es billiger sein, Hin- und Rückflug getrennt zu buchen. Oder einen Langstreckenflug erst von einem anderen Flughafen zu starten, weil das erheblich billiger sein kann. Das ist mit den heutigen elektronischen Tickets kein Problem mehr.

sueddeutsche.de: Wenn sich diese Vorgaben so schnell ändern, wie kann man da in den Reisebüros noch den Überblick behalten?

Schweisgut: Es ist zwar nicht einfach, aber im Reisebüro beschäftigen sich Profis den ganzen Tag mit Flugpreisen. Für einen Laien, der nur ab und zu einen Flug bucht, ist es da wesentlich schwieriger. So gilt etwa für das Internet, je billiger der Flug, desto mehr Einschränkungen gibt es, insbesondere was Änderungen der Reiseplanung betrifft. Diese Einschränkungen sind aber nur schwer erkennbar. Auch sind die Zusatzkosten für Billigflieger oft nicht erkennbar, wie zum Beispiel teure Gepäckregelungen, wodurch oft der Preisvorteil des vermeintlich günstigen Fluges verlorengeht.

sueddeutsche.de: Wie haben die Airlines auf Ihre Auswertung reagiert?

Schweisgut: Sie spielen vor allem die großen Preisunterschiede herunter und erklären sie mit kurzfristigen Verzögerungen durch die Technik, bald darauf sei derselbe Preis verfügbar gewesen. Aber bei unseren Stichproben waren die Hälfte der Preise auf den Airline-Homepages und im Reservierungssystem unterschiedlich, oft im Internet ein paar Euro billiger, allerdings mit den größeren Preisvorteilen im Reisebüro-Reservierungssystem. Das kann kein Zufall mehr sein.

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