Thomas Cook insolvent:Was Reisende jetzt wissen müssen

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Wann geht es wie weiter? Passagiere von Thomas Cook ratlos auf Kreta. (Foto: Reuters)

Thomas Cook sagt nun auch Reisen bis zum 31. Dezember ab: Wer zahlt die Kosten? Und dürfen Hotels nun mehr Geld von Gästen fordern? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Katja Schnitzler

Es ist gar nicht so ungewöhnlich, dass Airlines von heute auf morgen vom Markt verschwinden und Passagiere sehen müssen, wie sie ans Ziel kommen - oder zurück. Aber nun trifft es den ältesten Reisekonzern der Welt. Was Urlauber jetzt wissen müssen.

Wer ist von der Pleite betroffen?

Die deutsche Thomas Cook sagt alle Reisen bis einschließlich 31. Dezember ab. Zuvor waren schon alle Urlaube bis Ende Oktober gestrichen worden - auch wenn sie teilweise oder vollständig bezahlt wurden. Betroffen sind auch Reisen, die bei den Marken Thomas Cook Signature, Thomas Cook Signature Finest Selection, Neckermann Reisen, Öger Tours, Bucher Reisen und Air Marin gebucht wurden. Wenn noch möglich, sollten Betroffene ihr Geld möglichst schnell rücküberweisen lassen - bei einer Zahlung per Lastschrift gilt etwa eine Frist von acht Wochen.

Wer kümmert sich nun um Ansprüche der Pauschalreisenden?

Im Fall von Thomas Cook ist die Schweizer Zurich Versicherung zuständig, welche wiederum die Kaera AG beauftragt hat, sich um die Ansprüche zu kümmern. Das Webformular sowie Informationen zur Schadenmeldung finden Sie hier; sollte keine Internetverbindung bestehen, erreichen Urlauber die Kaera AG unter +49 (0)6172 - 99 76 11 23. Ansonsten steht immer auf dem Sicherungsschein, den Pauschalreisende erhalten, wer der Versicherer im Insolvenzfall ist. Der Sicherungsschein wird mit der Buchungsbestätigung ausgegeben oder ist auf deren Rückseite aufgedruckt.

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Wo muss man noch Ansprüche anmelden?

Das Justizministerium hat Pauschalreise-Kunden von Thomas Cook im Januar aufgefordert, ihre Ansprüche auch beim Insolvenzverwalter kundzutun. Das sei Voraussetzung dafür, das versprochene Geld vom Bund zu erhalten, heißt es aus dem Ministerium.

Die Bundesregierung hatte entschieden, für die Schäden der Reisenden einzuspringen, die von der Zurich Versicherung nicht beglichen werden. Da die Versicherungssumme nicht für den Gesamtschaden ausreicht, zahlt die Versicherung nur 17,5 Prozent. Wie die Verbraucher an das Geld vom Staat kommen sollen, ist allerdings weiter offen. In den nächsten Wochen werde die Bundesregierung über ein einfaches und für die Reisenden kostenfreies Verfahren informieren, erklärte das Justizministerium.

Was tun, wenn das Hotel jetzt Geld von den Reisenden fordert?

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Generell sollten sich Urlauber absichern, falls sie in Vorleistung gehen: "Bevor Sie das Geld für Ihre Unterkunft aus eigener Tasche vorstrecken, sollten Sie sich von der Versicherung des Veranstalters schriftlich bestätigen lassen, dass diese die Summe zurückzahlt - eine Mail reicht aus", rät Reiserechtexperte Paul Degott. Allerdings bitten manche Hotels nicht höflich um ein Begleichen der Rechnung, sondern setzen Urlauber unter Druck: Sie sperren die Zimmerkarte, drohen mit der Polizei und damit, die Abreise zu verhindern.

"Das Ausnutzen einer Zwangslage, um den eigenen Schaden zu kompensieren, ist nach deutschem Recht strafbar", sagt Tourismusexperte Felix Methmann von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Das Problem: Während Fluggesellschaften von Reiseveranstaltern meist Vorkasse verlangen, werden Hotels in der Regel in größeren Abständen nach Erbringen der Leistung bezahlt - und einige Häuser haben nach eigenen Angaben von Thomas Cook seit Monaten kein Geld mehr bekommen. Die Insolvenzversicherung erstatte den Urlauber ihre Mehrkosten aber nur, wenn der Kunde unter Druck gesetzt wurde. "Dazu gibt es höchstrichterliche Entscheidungen. Reisende, die freiwillig die Hotelrechnung bezahlen, haben keine Ansprüche", sagt Methmann.

Um die Lage zu entspannen, wollte die Zurich-Versicherung die Hälfte der ausstehenden Summen an Hotels auszahlen, die noch Thomas-Cook-Urlauber beherbergen. Dies sei an die Bedingung geknüpft, dass Urlauber nicht mehr zu Extra-Zahlungen aufgefordert oder anderweitig genötigt werden, sagte ein Zurich-Sprecher.

Sollte man auf eigene Faust einen Ersatzflug buchen?

Urlauber sollten besser nicht spontan zuschlagen, solange sie keine schriftliche Absprache mit dem Insolvenzversicherer haben, dass er die Kosten später wieder ausgleicht.

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Welche Rechte haben die Reisenden bei einer Insolvenz?

In Deutschland gilt: Auf der - leider nur halbwegs - sicheren Seite sind Pauschalreisende, die einen sogenannten Sicherungsschein erhalten haben. Die Unternehmen sind versichert und müssen für Ersatz sorgen oder das Geld zurückzahlen. Urlauber sollten sich nun direkt an ihre jeweiligen Veranstalter wenden. Das gilt auch für Kunden, die sogenannte "verbundene Reiseleistungen" gebucht haben: Voraussetzung dafür ist, dass mindestens zwei Bausteine eines Urlaubs - etwa Hotel und Flug - innerhalb von 24 Stunden beim selben Anbieter gekauft wurden, sei es auf einem Online-Portal oder im Reisebüro. Für jede einzelne Leistung muss aber eine eigene Bestätigung und Rechnung erstellt werden, selbst wenn der Gesamtpreis auf einmal bezahlt wird. Dann ist das Geld auch bei "verbundenen Reiseleistungen" abgesichert und Urlauber werden, falls sie schon unterwegs sind, kostenlos zurückgeholt.

Ein großes Problem gibt es aber: Diese Versicherung ist auf 110 Millionen Euro gedeckelt - für Ansprüche, die darüber hinausgehen, müsste der Staat und damit der Steuerzahler einspringen.

Was erwartet Individualreisende?

Wer einzeln einen Flug, ein Hotel oder einen Mietwagen bucht, hat im Krisenfall schlechte Karten. Individualreisende haben keinen Anspruch auf Ersatzflüge oder auf eine Unterkunft und müssen auf eigene Kosten neu buchen, wenn sie überhaupt noch verreisen wollen. Das von ihnen bezahlte Geld wird - sofern noch vorhanden - Teil der Insolvenzmasse. Betroffene müssten dann ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Solche Verfahren können Jahre dauern, am Ende haben einzelne Passagiere oft das Nachsehen gegenüber größeren Gläubigern.

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Hilft es, wenn Individualreisende einen Flug im Reisebüro gebucht haben?

Auch dann bleiben die Kunden in der Regel auf ihren Kosten sitzen, weil die Reisebüros (außer bei "verbundenen Reiseleistungen") meist nur als Vermittler auftreten. Der Vertrag wird also zwischen Airline und Kunde geschlossen, dieser bekommt somit keinen Sicherungsschein - und hat damit Pech gehabt. Trotzdem sollten Betroffene schnell nachforschen. Vielleicht wurde ihr Geld noch nicht weitergeleitet, außerdem kann es zeitlich begrenzt zurücküberwiesen werden.

In einigen Fällen jedoch ist das Reisebüro oder -portal selbst der Vertragspartner, wenn es die Flüge über einen Großhändler günstig eingekauft und sie an den Privatkunden weiterverkauft hat. Dann sei das Reisebüro als Zahlungsempfänger und Aussteller auf der Rechnung ausgewiesen, erklärte Reiserechtler Ernst Führich bereits in Zusammenhang mit der Insolvenz von Air Berlin. Selbst wenn auf dieser Rechnung stehe "Wir vermitteln Ihnen den Flug", sei dies nur ein Versuch, sich der Haftung zu entziehen, so Führich. Ein Reisebüro, das zum Veranstalter wurde, sei für einen Ersatzflug zuständig oder muss den Flugpreis zurückerstatten.

Sollten sich Reisende also besser gegen Airline-Insolvenzen versichern?

Wer eine Veranstalter- beziehungsweise Pauschalreise bucht, ist bereits auf der sicheren Seite. Urlauber, die eine Direktreise über Vermittlungsportale, Reisebüros oder Airlines kaufen, sollten sich aber eine Airline-Insolvenz-Versicherung überlegen, die meist nicht zu viel kostet - und sich vor allem bei teuren Flügen lohnt und natürlich wenn schon wirtschaftliche Schwierigkeiten der Fluggesellschaft bekannt sind.

Allerdings muss man das Kleingedruckte genau lesen, damit nicht die schon angeschlagene Airline bei der Insolvenzversicherung ausgeschlossen wurde. Und manche Versicherungen erstatten nur den Reisepreis. Wer aber auf jeden Fall ans Ziel oder von dort wieder problemlos heimkommen will, sollte darauf achten, dass eine Umbuchung auf eine andere Airline Teil des Versicherungspakets ist.

Die Fluggesellschaften selbst sind nicht verpflichtet, sich gegen Insolvenz zu versichern, womit dann auch Individualreisende mehr Sicherheit hätten. Verbraucherschützer kritisieren diese Versicherungslücke, denn so trägt der einzelne Urlauber das Risiko statt die Airlines.

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