Thailand nach Bhumibol:Was der Tod Bhumibols für Thailand-Touristen bedeutet

Nach dem Tod des Königs schränkt die Regierung das Nachtleben ein. Auf die Thailand-Buchungen dürfte sich das aber nicht auswirken: Touristen ließen sich auch von Tsunami und Terror nicht abschrecken.

Von Monika Maier-Albang und Jochen Temsch

Eine abgelegene Insel, ein geheimer Strand, ein Leben abseits zivilisatorischer Zwänge - das sind die Zutaten eines Welterfolgs, der das Image Thailands bis heute prägt: der Roman "The Beach" von Alex Garland, verfilmt mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle. In Wirklichkeit war die Traumvorstellung schon bei Erscheinen des Buches Mitte der Neunzigerjahre überholt.

Die Rucksackreisenden - scheinbar ganz individuell, aber doch alle mit dem gleichen "Lonely-Planet"-Reiseführer unterwegs -, folgten längst einem ausgetrampelten Pfad. Er hatte auch einen Namen, angelehnt an die bevorzugte Speise der jungen Traveller: Banana Pancake Trail. Wo immer dieser Pfad entlangführte und ein Reisender seinen Rucksack in den Sand stellte, entstand bald ein Hüttchen-Resort. Daraus wurden kleine Boutique-Hotels, später dann Hotelkästen. Verbauung und Ausverkauf, auch das ist Realität in diesem Urlaubsland. Und wer heute den Drehort von "The Beach" in der Nähe der Insel Koh Phi Phi besucht, sieht vor lauter stinkenden Ausflugsbooten und Besuchern den Strand nicht mehr.

Trotzdem: Thailand ist auch ein Ziel, an das man immer noch unbeschwert reisen kann, zumindest, wenn man nicht zu weit südlich in die Provinzen an der Grenze zu Malaysia vordringt, wo es immer wieder zu terroristischen Anschlägen kommt. Ansonsten fühlt man sich als Urlauber stets von freundlichen Menschen umgeben. Man kann sich überall gut auf Englisch verständigen und kommt unkompliziert per Bus und Bahn, Boot und Leih-Bike von A nach B.

Selbst für Familienurlaub mit kleinen Kindern bietet sich Thailand an

Die Flugverbindungen sind gut, das Leben ist günstig - für den, der in Euro zahlt. Selbst für Familienurlaub mit kleinen Kindern bietet sich Thailand sehr gut an. Die Strände sind meist flach, die Umgebung sicher, die Infrastruktur stimmt auch. So reagiert nun auch der größte Reiseveranstalter Deutschlands, die Tui, auf die gestiegene Nachfrage: Im November eröffnet das Unternehmen sein erstes Familienhotel in Thailand, am Pakweep Beach in der Nähe des Nationalparks Khaolak-Lamru an der Westküste.

Dass Thailand nach innen mit harter Hand geführt wird, merkt der Urlauber nur, wenn er es sehen und hören will. Ein kritisches Gespräch über die Königsfamilie, über eine Erkrankung des verehrten Königs, wurde von Reiseleitern bislang stets sehr leise geführt. Und, falls man als Journalistin das Land bereiste, waren solche Gespräche verbunden mit der Bitte: keinen Namen nennen!

Geschadet hat Thailand das Janusgesicht bislang nicht. Das Land hat ja nicht nur Strände zu bieten, sondern auch Elefanten, Tempel und Tiger. Vom touristischen Aufschwung in anderen Ländern Südostasiens wie Myanmar, Kambodscha oder Laos dürfte es eher profitieren, liegt es doch überaus praktisch zentral für Asienrundreisen. Im vergangenen Jahr lief das Geschäft mit den Urlaubern so gut wie noch nie: Knapp 30 Millionen Besucher kamen 2015; der Tourismus macht fast zehn Prozent des Bruttosozialproduktes des Landes aus. Die meisten Gäste stammen aus benachbarten asiatischen Ländern wie China und Malaysia, aber auch die Zahl russischer und arabischer Gäste stieg zuletzt. Für 2016 rechnen Thailands Behörden mit einem weiteren Zuwachs auf 32 Millionen Gäste.

Es wird ruhiger, vor allem auf den Inseln

Die Regierung hat nach dem Tod Bhumibols eine 30-tägige Staatstrauer angeordnet. Während dieser Zeit hängen sämtliche Flaggen auf Halbmast. Staatliche Veranstaltungen wurden abgesagt. Touristenattraktionen sollen aber geöffnet bleiben. Allerdings dürfte es abends ruhiger werden, vor allem auf den Inseln: Thailands Premierminister Prayuth ordnete an, dass das Nachtleben aus Respekt für den Verstorbenen einen Monat lang eingeschränkt wird. Das Rotlichtviertel Nana Plaza in Bangkok war am Donnerstagabend schon menschenleer, die Bars waren geschlossen.

Rückschläge für den Tourismus gab es früher schon, nachhaltig geschadet haben sie dem Gewerbe in Thailand aber nie. Der Tsunami am 26. Dezember 2004 verwüstete Küstenregionen, geschätzt 8000 Menschen kamen in Thailand ums Leben. Zwar waren die Opferzahlen in Indonesien und Sri Lanka weitaus höher. Doch die Bilder, die sich ins Gedächtnis der Europäer brannten, kamen aus Thailand. Hier waren Touristen betroffen, hier haben sie selbst gefilmt. Viele daheim kannten das Land zudem, entsprechend groß war die nachweihnachtliche Hilfsbereitschaft - und später der Wunsch, wiederzukommen.

Dass das Land seit Langem politisch gespalten ist, hat zu Unruhen geführt: Seit dem Militärputsch 2006 gab es immer wieder Straßenkämpfe zwischen Oppositionellen und Soldaten. Anschläge von Separatisten fanden zumeist an Orten mit nationalem Symbolwert statt: Touristen waren also nicht das eigentliche Ziel, gleichwohl aber betroffen. 2015 detonierte ein Sprengsatz vor dem Erawan-Schrein, 20 Menschen starben, darunter Touristen aus Malaysia, China und Indonesien. Im August kam es erstmals zu Anschlägen in Badeorten. Im königlichen Seebad Hua Hin und auf der Urlauberinsel Phuket starben vier Menschen. Die Attentäter wählten auch hier ein innenpolitisch bedeutsames Datum: den Geburtstag von Königin Sirikit.

Schwarzbauten am Strand, Korruption, Schutzgeldzahlungen

Die großen Reiseveranstalter wissen allerdings um das kurze Gedächtnis ihrer Gäste. Nach derartigen Schock-Nachrichten bieten sie in der Regel für ein paar Tage kostenfreies Stornieren an, dann ist wieder business as usual. Bei den Protesten in Bangkok nahmen viele deutsche Anbieter einfach auch nur die Stadt vorübergehend aus dem Programm - sie zu umschiffen, ist unproblematisch.

Der touristische Boom im Land ging in den vergangenen Jahren vor allem auf den Inseln oft einher mit Wildwuchs: Schwarzbauten am Strand, Korruption, Schutzgeldzahlungen an die örtliche Polizei sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Lange hat die Regierung die Probleme kleingeredet, um dem Tourismus nicht zu schaden. In letzter Zeit aber hat die Junta gehandelt. Illegal am Strand errichtete Lokale und Bars wurden abgerissen, an überfüllten Stränden hat man den Zugang begrenzt. Mancherorts wurden die Gäste auch gleich ganz verbannt - wie etwa von der bei Tauchern beliebten Insel Tachai im Similan-Nationalpark.

Ein Problem hat das Land nach wie vor: Thailand zieht Pädophile an. Zwar hat die Polizei auf internationalen Druck hin ihre Kontrollen verstärkt, auch seien thailändische Kinder besser geschützt als vor ein paar Jahren, sagt ein Mitarbeiter der Kinderschutzorganisation Human Help Network Foundation Thailand, die in Pattaya Streetworker finanziert. Das schmutzige Geschäft habe sich jedoch nur verlagert: Opfer sind jetzt die Kinder von Arbeitsmigranten aus den ärmeren Nachbarländern Kambodscha, Laos und Myanmar, deren Eltern oft in sogenannten Construction Camps leben und zu Hungerlöhnen Häuser und Hotels hochziehen.

"Ihre Kinder haben in Thailand kein Recht zur Schule zu gehen und sind oft unbeaufsichtigt", so der Kinderschützer. Und die Pädophilen seien vorsichtiger geworden: "Man sieht die Männer mit den Kindern an der Hand jetzt eben nicht mehr in der Hauptstraße. Sie gehen in die Nebenstraßen."

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