Kolumne „Hin und weg“Bauch einziehen

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Schlanke Gäste bekommen in der Chiang Mai Breakfast World einen Rabatt.
Schlanke Gäste bekommen in der Chiang Mai Breakfast World einen Rabatt. (Foto: facebook.com/cmbreakfastworld)

Ein Restaurant in Thailand stellt seinen Gästen einen Rabatt in Aussicht, wenn sie durch ein Gitter schlüpfen können. Wer diskriminiert hier wen?

Glosse von Stefan Fischer

Der Kunde ist König. Und bei der heutigen Personalknappheit muss offenbar jeder König zugleich sein eigener Hofnarr sein.  Das Restaurant Chiang Mai Breakfast World in der bei Touristen beliebten nordthailändischen Stadt jedenfalls bietet seiner Kundschaft eine exzellente Gelegenheit, sich vor den Augen der sozial vernetzten Öffentlichkeit zum Gespött zu machen. Die Betreiber haben sich nämlich eine eigenwillige Rabattaktion ausgedacht. Und wenn Touristen ein Schnäppchen wittern, gibt es selten ein Halten. Vor der Chiang Mai Breakfast World ist ein Gitter angebracht, die Stäbe stehen in unterschiedlichem Abstand zueinander. Wer durch eine der Lücken hindurchschlüpfen kann, bekommt das Essen billiger. Je enger der Durchlass, desto höher der Nachlass.

Die Chance, das zu schaffen, ist jedoch zumal für Europäer eher gering. Durch die 20-Prozent-Discount-Lücke passen nur Neugeborene, Schoßhündchen und 13-jährige chinesische Olympiaturnerinnen, sofern sie einen schmalen Kopf haben. Der eine oder die andere mag immerhin einen Discount von fünf oder zehn Prozent erhalten. Bisweilen wird der Wirt vielleicht sogar mal 15 Prozent nachlassen müssen – wer durch diese sehr schmale Lücke passt, ist aber ohnehin auf Dauerdiät, konsumiert also per se nicht nennenswert. Ein Rabatt auf beinahe nichts reißt insofern auch kein Loch in die Kasse.

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Vermutlich amortisiert sich jeder Nachlass aber ohnehin doppelt und dreifach, die ganze Sache wird sich für die Restaurantbetreiber ganz gewiss lohnen. Denn die Aktion macht die Runde in den sozialen Netzwerken, was zusätzliche Gäste anlockt, von denen sich immer neue zum Gespött und damit zu Werbetreibenden für das Restaurant machen. Die Verlockung für die Gäste ist eine doppelte: Da ist zum einen der Rabatt. Und zum anderen gibt es während der Mahlzeit ein Showprogramm. Wer es lustig findet, kann sich amüsieren über Menschen, die in dem Gitter stecken bleiben, sich Schürfwunden zuziehen, ihre Blusen zerreißen und Armbanduhren zerkratzen, sich den Kopf stoßen, Weichteile quetschen, Rippen prellen.

Es hat natürlich nicht lange gedauert, bis die Aktion in den digitalen Netzwerken angeprangert wurde als diskriminierend gegenüber Menschen, deren Körper mehr als das Idealgewicht auf die Waage bringt. Doch nicht die Aktion ist schäbig, sondern der Versuch, in einem Land, in dem eine Mahlzeit oft nur so viel kostet wie hierzulande zwei Kugeln Eis oder ein Becher Kaffee, auch noch einen Rabatt herausschlagen zu wollen. Außerdem bewahrt jeder, der das Restaurant auf gewöhnlichem Weg, also am Gitter vorbei, betritt, zwangsläufig seine Würde. Dagegen ist definitiv nichts einzuwenden.

Stefan Fischer vermeidet Auftritte in sozialen Medien weitgehend.
Stefan Fischer vermeidet Auftritte in sozialen Medien weitgehend. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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