Süddeutsche Zeitung

Kolumne "Ende der Reise":Stau beim Landeanflug zum Super Bowl

Zehntausende Zuschauer kommen zum Super Bowl nach Los Angeles. Viele davon in ihrem Privatjet. Rund um das Football-Endspiel wird es also eng am Himmel über der Stadt.

Glosse von Stefan Fischer

In Los Angeles muss ständig ein Basketballprofi zum Training und eine Schauspielerin ans Set. Just dann bricht womöglich auch der Produzent dieser Streamingserie zu einer Stippvisite nach Baja California auf, um dort seine Nervenkrise wieder in den Griff zu bekommen. Während dessen Vermögensverwalterin ein leichtes Hungergefühl verspürt und deshalb mal wieder in ihr liebstes Veggie-Restaurant möchte. Ziemlich viel los also im Luftraum über Los Angeles. Denn wer nimmt schon ein Taxi oder fährt gar im eigenen Wagen durch die dauerverstopften Straßen dieses Molochs, wenn er auch einen Helikopter chartern kann? Wer bucht einen Linienflug, wo es auch Privatjets gibt?

Man ist es also durchaus gewohnt in dieser Stadt, in der so viele Menschen die Bodenhaftung verloren haben, dass es in der Luft mitunter beinahe so zugeht wie auf dem Asphalt. Aber das ist läppisch im Vergleich zu dem, was die US-Luftfahrtbehörde für diesen Sonntag prognostiziert. Hunderte zusätzliche Fluggeräte werden dann nämlich in Los Angeles zum Super Bowl einfallen. Sie werden den Himmel verdunkeln, werden mit ihren Propellern und Rotoren die Luft zu Stürmen verwirbeln und werden außerdem einen Lärm veranstalten, als würden alle Superhelden-Filme gleichzeitig Realität und es ginge in die finale Schlacht der Kontrahenten.

Bis zu 100 000 Zuschauer, darunter viele Prominente, werden das Endspiel der National Football League live im SoFi Stadium in Inglewood sehen, einer formal eigenständigen Stadt im Siedlungsbrei von Los Angeles, unmittelbar neben dem internationalen Flughafen gelegen. Und nicht wenige von ihnen werden dort parken wollen: auf dem Flughafen. Nicht ihren Wagen natürlich, sondern einen Privatjet. Die Folge: Es werde zu Staus und deshalb massiven Verspätungen im Luftverkehr kommen, warnt nicht nur die Luftfahrtbehörde, sondern auch eine Vereinigung von Piloten und Fluglotsen.

Die beiden Organisationen raten deshalb dringend, genügend zu tanken, um ein paar Extraschleifen über der Stadt ziehen zu können, bis eine Landebahn frei ist. Wahrscheinlich sollte, wer im Privatjet anreist, auch genügend Speisen und Getränke an Bord haben, die Playstation mitnehmen sowie nur Menschen, die er leiden kann. Denn womöglich fühlt sich der Flug an wie eine mehrwöchige Tour im Campingvan durch den Norden Skandinaviens. Ohne dass man mal vor die Tür kann.

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