Übernachten in Südtirol:Japan unterm Schlern

Übernachten in Südtirol: Schwimmen mit Bergblick: Gleich hinter dem Hotel ragt das Felsmassiv der Santnerspitze in die Höhe.

Schwimmen mit Bergblick: Gleich hinter dem Hotel ragt das Felsmassiv der Santnerspitze in die Höhe.

(Foto: BRANDNAMIC)

Eine Südtiroler Hotelchefin hat weltweit Ideen für ihr Haus gesammelt - und sich vor allem von Asien inspirieren lassen. Doch passen Zen-Garten und Bambushecken in die Alpen?

Von Ingrid Brunner, Seis am Schlern

Seltsam. Kaum betritt man die lichtdurchflutete Lobby des Hotels Sensoria, verspürt man den Wunsch, Papierkraniche zu falten und im Wind flattern lassen. Die filigranen Holzstützen, die den eingeschossigen Pavillon tragen, erinnern an Mikadostäbchen. Der Pavillon ist Rezeption, Bar, Lounge und Bibliothek in einem - ein Ort, an dem Gäste ankommen und abreisen, ihren Aperitif trinken, Bücher durchblättern - und gleich in einem Sessel zu lesen beginnen. Auch das von der Lobby sichtbare Badehaus, das den Innen- und den Außenpool verbindet, ist eine luftige Holz-Konstruktion, durch die die Sonne fällt und ständig neue Licht-Schatten-Spiele erzeugt.

Hotelchefin Lea Oberhofer, 34 Jahre alt, spielt bewusst mit kulturellen Anleihen aus anderen Ländern. Seit Juni ist das Hotel Sensoria Dolomites in Seis am Schlern geöffnet. An gleicher Stelle stand früher der Ritterhof, den die Eltern betrieben. Das alte Gebäude wurde entkernt und mit dem Neubau mit viel Gespür zu einer neuen Einheit zusammengeführt "Mich inspiriert die japanische Architektur", sagt sie. Das sieht man, besonders in den öffentlichen Räumen: Die Lobby geht über in einen umbauten Zen-Garten, Restaurant und Terrasse trennen nur eine Bambushecke von der Liegewiese und dem Pool-Bereich.

Ein japanisches Implantat in Seis am Schlern? Die asiatisch-alpine Sinnesverwirrung entwirrt Architekt Paul Senoner: Was man hier sehe, sei typisch für die Südtiroler Stadelbauweise. "Tatsächlich gibt es Ähnlichkeiten", räumt Senoner ein, "bestimmte Holzbautechniken ähneln sich in beiden Kulturen." Senoner und sein Geschäftspartner Lukas Tammerle haben den Um- und Neubau geplant und begleitet. "Ein maßgeschneidertes Haus nach den Wünschen der Bauherren", so fasst Senoner die Philosophie des Architektenduos zusammen. Was im Falle von Lea Oberhofer und ihrem Mann Simon Leitner, 35, sicher nicht leicht war, denn besonders die Dame des Hauses hatte sehr klare Vorstellungen, wie ihr Hotel auszusehen habe. "Schließlich muss ich mit dem Ergebnis täglich arbeiten und leben", erklärt sie. Da muss man eben auch mal für seine Ideen kämpfen.

Übernachten in Südtirol: Luftig und hell ist es in der Lobby, die zugleich auch Bibliothek ist - mit 800 Büchern und Zeitschriften.

Luftig und hell ist es in der Lobby, die zugleich auch Bibliothek ist - mit 800 Büchern und Zeitschriften.

(Foto: BRANDNAMIC)
Übernachten in Südtirol: Südtiroler Holzbaukunst, die an Japan erinnert: das Badehaus des Hotels Sensoria.

Südtiroler Holzbaukunst, die an Japan erinnert: das Badehaus des Hotels Sensoria.

(Foto: BRANDNAMIC)

Lea Oberhofer hat lange im Ausland gelebt und gearbeitet. Ihre Arbeit beim Luxuskonzern Louis Vuitton hat sie nach Wien, Paris, Mailand, Singapur geführt. "Außerdem hatte ich schon immer ein Faible für gute Hotels", sagt sie. Als es um die Nachfolge im Familienbetrieb ging, war sie von den vier Geschwistern diejenige, die sich das zutraute. "Ich habe mir gesagt: Wenn ich zurückkomme, dann will ich etwas ganz Neues machen." Jahrelang habe sie Ideen gesammelt. Mit schönen Dingen, edlen Stoffen, Möbeln und exklusiven Design-Objekten kannte sie sich ja schon von Berufs wegen aus. "Ich habe alle Stoffe, jedes Kissen selbst ausgewählt, alles aus Naturfasern - auch die Teppichböden", sagt sie. Die Holzkonstruktionen in Lobby und Badehaus sind aus heimischen Hölzern, die Fußböden in den öffentlichen Bereichen aus rötlichem, warm getönten Buchenholz.

Das Frühstück sowie das Mittags- und Kuchenbüffet werden auf neun massiven Holzblöcken angerichtet, eine Spezialanfertigung, "Marché-Konzept" nennt sie das. Statt Schlange zu stehen, gehen die Gäste ohne Gedränge von Station zu Station. Abends servieren die Kellnerinnen und Kellner ein Fünf-Gänge-Menü, das die Gäste bereits beim Frühstück auswählen. Eine Verschwendung von Lebensmitteln soll so vermieden werden. Die Gäste nähmen das Konzept gut an, sagt Oberhofer. Hauptsache fein. "Unser Küchenchef ist Italo-Marokkaner", auf den Tellern finden Roast Beef mit Pak Choi und Lagrein-Soße zusammen, oder Schwarzwurzel-Velouté mit Brioche und Basilikum.

Dabei ist das Sensoria kein weiteres Hotel im aufgeplusterten Hütten-Stil. Auch die üblichen alpinen Deko-Elemente - etwa Karomuster, Krüge auf Regalen oder alte Gerätschaft von Bergbauernhöfen sucht man vergebens. Stattdessen prägt das Haus eine schnörkellose, reduzierte Eleganz, wie man sie sonst eher aus Nordeuropa kennt. Jedes Möbelstück, jede Lampe ist bewusst gewählt und platziert. Das schafft Raum und Leichtigkeit.

Überall im Haus riecht es zudem dezent nach natürlichen Düften - Zitrone, Zeder, Bergamotte, Amber. Jedes Zimmer hat einen eigenen Duft, ebenso wie der Spa oder der Ruheraum. Einmal in der Woche lädt Lea Oberhofer ein zu Duftreisen. Mit der Nase können sich die vorwiegend weiblichen Teilnehmer dann in ferne Länder entrücken lassen. Klar, dass die Düfte im Hotelshop zum Verkauf bereitstehen und nicht gerade günstig sind.

Ihren Gästen erklärt Lea Oberhofer geduldig Wanderwege und gibt Ausflugstipps. "Ich bin für die Software zuständig und der Simon für die Hardware", scherzt sie und erklärt: Der Ehemann kümmert sich um Organisation und die Zahlen, sie um die Gäste. Und die Seniorchefin um die zwei Enkel. "Spuren in der Seele" will Lea Oberhofer hinterlassen. Ein hoher Anspruch, denn ihre Gäste haben meist schon viel gesehen. Für sie sind viele Eindrücke so flüchtig wie ein Duft.

Da ist es gut, den Blick auch mal nach außen zu richten. Dort, direkt hinter dem Haus, ragt die 2400 Meter hohe Santnerspitze in den Himmel. Die Lage ist ein einmaliges Verkaufsargument. Im Liegestuhl ruhend, im Pool schwimmend, beim Yoga oder beim Speisen: Stets haben die Gäste das Schlern-Massiv im Blick, zu dem die Santnerspitze gehört. Ein Farb- und Wolkenspektakel von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, bei dem man in der ersten Reihe sitzt. Man möchte glatt noch einen Papierkranich fliegen lassen.

Informationen: Übernachtung mit Dreiviertelpension ab 245 Euro pro Person im Doppelzimmer, sensoriadolomites.com

Hinweis der Redaktion: Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

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