Streit um den Grand Canyon Skywalk:Indianer feuern Investor

Mit dem Geld eines Bauunternehmers aus Las Vegas errichteten die Hualapai-Indianer den Grand Canyon Skywalk auf ihrem Stammesgebiet. Nun gibt es Streit um den Profit aus der lukrativen Touristenattraktion - und einen juristischen Präzedenzfall.

Daniela Dau

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A skywalk extends out over the Grand Canyon in this view from the incomplete building that houses the skywalk, on the Hualapai Indian Reservation

Quelle: Reuters

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Mit dem Geld eines Bauunternehmers aus Las Vegas errichteten die Hualapai-Indianer den Grand Canyon Skywalk auf ihrem Stammesgebiet. Nun gibt es Streit um den Profit aus der lukrativen Touristenattraktion - und einen juristischen Präzedenzfall. Von Daniela Dau

1200 Meter über dem Grund, zwischen Grauen und Faszination: Besucher können auf dem Glasboden des Grand Canyon Skywalk in Arizona das Gefühl bekommen, über dem Abgrund zu schweben. Auch David Jin, größter Geldgeber für die Touristenattraktion auf dem Stammesgebiet der Hualapai-Indianer, dürften beim Thema Skywalk inzwischen zwiespältige Gefühle beschleichen. Die indianischen Betreiber wollen ihn bei dem Geschäft mit der 2007 eröffneten hufeisenförmigen Plattform künftig nicht mehr dabei haben.

Visitors have a view to the Grand Canyon below from a glass skywalk overlooking the Grand Canyon and the Colorado River, on the Hualapai Indian Reservation, Arizona

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Mindestens 30 Millionen Dollar (umgerechnet etwa 23 Millionen Euro) hatte der Bauunternehmer in Entwicklung und Bau der Plattform gesteckt. Das Spezialglas dafür ließ er von einer deutschen Firma anfertigen. Die Hualapai stellten das Gelände am äußersten Westrand des Grand Canyons und übernahmen das Management der Besucherströme: Einweisung in den kostenpflichtigen Parkplatz, Verkauf von Eintrittskarten oder Überflugtickets, Transport zur Plattform, Souvenir- und Snackverkauf. Etwa 3000 Besucher können pro Tag über den "Balkon" geschleust werden, das Ticket kostet für jeden Erwachsenen umgerechnet etwa 55 Euro. Zwischen 40 und 50 Millionen Dollar (etwa 30 bis 37 Millionen Euro) sollen die Einnahmen aus dem Tourismus inzwischen ausmachen - jährlich.

A visitor walks near an unfinished building housing a glass skywalk, overlooking the Grand Canyon and the Colorado River below, on the Hualapai Indian Reservation, Arizona

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Doch schon kurz nach der Eröffnung begann ein Streit zwischen den Hualapai und dem Investor darüber, wer eigentlich für die Infrastruktur rings um den Skywalk verantwortlich sei. Bis heute ist die Plattform nur über eine 16 Kilometer lange Schotterpiste erreichbar, zudem fehlt es an elektrischen Leitungen, Wasseranschlüssen und Abwasserbeseitigung. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld und bezichtigen sich der Täuschung und Nichterfüllung des Vertrags. Der größte Stein des Anstoßes für die Hualapai ist das immer noch unfertige Besucherzentrum direkt am Rand des heiligen Canyons. Schon vor Jahren wurden die Bauarbeiten eingestellt, warum - auch darüber sind die Kontrahenten gegenteiliger Meinung.

Piles of insulation are shown in the unfinished interior of a building housing a glass skywalk, overlooking the Grand Canyon and the Colorado River below, on the Hualapai Indian Reservation, Arizona

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Im Inneren stapeln sich Dämmstoffrollen, Staub bedeckt den Fußboden. Das unfertige Gebäude empfinden die Hualapai als Schande. Innerhalb des Stammes hatte es vor dem Baubeginn heftige Diskussionen über den Standort der Plattform gegeben, die nur etwa 48 Kilometer entfernt von einer der heiligsten Stätten der Hualapai liegt.

A member of the Hualapai Indian tribe walks through the unfinished interior of a building housing a glass skywalk, overlooking the Grand Canyon and the Colorado River below, on the Hualapai Indian Reservation, Arizona

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Inzwischen ist der Streit um Detailfragen der Fertigstellung eskaliert. Der Stammesrat der Hualapai hat entschieden, den einst auf 25 Jahre geschlossenen Vertrag mit dem Investor zu lösen und ihn mit umgerechnet knapp neun Millionen Euro abzufinden. Die Indianer haben einen Präzedenzfall geschaffen. Zwar dürfen Stämme nach US-Recht fremdes Eigentum für das öffentliche Wohl konfiszieren. Doch wie es sich mit der Quasi-Beschlagnahme von Vermögen eines nicht indianischen Vertragspartners verhält, ist unklar. Die amerikanische Rechtsprechung hat Eigentum, das über den Rand eines Grundstücks hinausragt, bisher nicht berücksichtigt.

A view of the Grand Canyon is shown from an upper level of an incomplete building housing a skywalk, on the Hualapai Indian Reservation, Arizona

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Der Investor David Jin schätzt den Wert der Plattform und des Unternehmens auf umgerechnet etwa 76 Millionen Dollar. Seine Anwälte haben die Beschlagnahme vor einem Bundesgericht angefechtet, doch der Richter legte das Verfahren auf Eis: Zuerst müsse Jin alle Rechtsmittel vor dem Stammesgericht der Indianer ausschöpfen. Die Hualapai sind inzwischen schon einen Schritt weiter: Sie suchen bereits nach neuen Investoren, die sie bei der Fertigstellung des Besucherzentrums (im Bild die Dachterrasse) unterstützen.

Historic U.S. Route 66 runs through the Hualapai Indian Reservation in Peach Springs, Arizona

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Denn der Tourismus rund um den Skywalk ist die wichtigste Einnahmequelle, die der nur etwa 2200 Menschen zählende Stamm hat - abgesehen von den Reisenden auf der Historischen Route 66, die durch die Ortschaft Peach Springs führt.

Children play in the yard of a home on the Hualapai Indian Reservation in Peach Springs, Arizona

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Dass diese Einnahmen bitter nötig sind, lässt sich leicht an den bescheidenen Behausungen in Peach Springs erkennen. Die mit dem Skywalk erwirtschafteten Dollars haben unter anderem zum Bau einer Krankenstation beigetragen. Der Stamm hofft, ein Kinderhilfszentrum bis zum Jahresende fertigstellen zu können. 81 junge Hualapai bekommen dank des Skywalks die College-Ausbildung bezahlt, ein Essen-auf-Rädern-Projekt wurde gegründet, ebenso wie ein Kulturzentrum zur Förderung der Stammessprache.

Candida Hunter, Hualapai Tribe councilwoman, poses for a photograph near new buildings on the Hualapai Indian Reservation in Peach Springs, Arizona

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Die Entscheidung, den Vertrag mit dem Bauunternehmer zu kündigen, beschäftigt seither nicht nur viele Juristen. Auch innerhalb der indianischen Gemeinschaft hat es über das Votum des Stammesrates heftige Kontroversen gegeben. Candida Hunter, die sich für die Auflösung eingesetzt hat, sagte laut einem Bericht der englischen Tageszeitung Daily Mail: "Das war wirklich unsere letzte Option." Doch Ted Quasula, inzwischen entlassener Manager der Skywalk Development Corporation und selbst ein Hualapai, hört kritische Meinungen von anderen Stämmen."Die sagen: 'Was ist los? Wieso schmeißt ihr jemanden, der 30 bis 40 Millionen Dollar bei euch investiert hat, aus einem Vertrag?'" Quasula sorgt sich: "Wir machen einen undankbaren Eindruck."

Waylon Honga, a member of the tribal council, is pictured at a skywalk extending out over the Grand Canyon and its incomplete building, on the Hualapai Indian Reservation Arizona

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Waylon Honga rechtfertigt das rechtlich einmalige Vorgehen. "Wir haben halt nur den Tourismus", erklärt das Stammesrats-Mitglied, "wir betreiben kein Glückspiel, wir haben keine Öl- oder Kohlevorkommen auf unserem Gebiet." Dabei hatten die Hualapai schon einiges versucht, um das Stammeseinkommen auf lange Sicht zu sichern, doch Casino-Pläne waren bereits in den 1990er Jahren gescheitert. Dann kam der Investor und mit ihm der Skywalk. Inzwischen träumen einige im Stamm der Hualapai bereits von einem Luxus-Hotel und einem Golfplatz inmitten der Wüste von Arizona, am Rande des Grand Canyons.

© Süddeutsche.de, mit Material von Reuters/dd/kaeb/lala
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