Streik bei der Lufthansa:Stranden am Flughafen

Von Montag an werden Tausende Urlauber im Ausland festsitzen, Lufthansa-Jets auf dem Boden bleiben und die Bahn überfüllt sein - die Rechte der Passagiere im Streikchaos.

Jens Flottau

Wenn es nach der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) geht, dann geht vom kommenden Montag an auf den deutschen Flughäfen nicht mehr allzu viel. 93,6 Prozent der rund 4000 von der VC vertretenen Besatzungen sind für einen unbefristeten Streik. Für Unternehmen und Passagiere heißt das wohl nichts anderes als Chaos, außer die Fluggesellschaft und ihre Mitarbeiter einigen sich doch noch darauf, wieder zu verhandeln.

Piloten können mit einem Ausstand schnell sehr großen Schaden anrichten, deswegen sind sie auch machtvoll wie kaum eine andere Gruppe. Streikt die S-Bahn, können die Pendler oft noch auf U-Bahn, Bus, Taxi oder ihr eigenes Auto umsteigen. Selbst wenn die Bahn insgesamt streikt, gibt es immer noch Alternativen - das Auto oder einen Flug.

Wer aber einen kurzen Geschäftstermin in Spanien hat oder nach Namibia in den Urlaub will, der muss fliegen. Fällt der Flug aus, kann er auch nicht nachgeholt werden, denn in den folgenden Tagen sind die Sitze für spätere Verbindungen - Wirtschaftskrise hin oder her - meistens zu einem großen Teil schon verkauft.

Vorausgesetzt, die VC kann die meisten ihrer Mitglieder tatsächlich mobilisieren, ist Lufthansa zunächst praktisch machtlos. Sie kann nicht einfach von anderswo Ersatzpiloten holen, denn die dürfen keine Lufthansa-Jets fliegen. Die wenigen zusätzlichen Verbindungen, die Regionalzubringer wie Eurowings oder CityLine mit ihren eigenen Besatzungen und Flugzeugen anbieten können, werden bei weitem nicht ausreichen, um den Ausfall auszugleichen.

Deutschlands größte Fluggesellschaft bietet den betroffenen Passagieren aber an, dass sie ihre Flüge kostenlos umbuchen können. Sie hat dafür eine zentrale Telefonnummer eingerichtet (0800/8506070). Sollte eine spätere Reise nicht sinnvoll sein, erstattet sie auch den Kaufpreis des Tickets zurück. Für innerdeutsche Verbindungen empfiehlt sie Passagieren, die Bahn zu nutzen.

Wer ein elektronisches Ticket besitzt, muss sich damit erst an einem Check-In-Automaten einen Gutschein ausdrucken. Alternativ dazu können sie sich auch selbst ein Bahnticket kaufen und dies hinterher der Lufthansa in Rechnung stellen. Sie müssen aber auch nachweisen, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt einen Flug gebucht haben. Für Reisen ins europäische Ausland gilt diese Regelung aber nicht.

Flugausfälle wegen eines Streiks gelten gemäß einer europaweiten Regelung als außergewöhnliche Umstände. Deswegen muss die Lufthansa anders als bei selbst verschuldeten Annullierungen oder Verspätungen den Passagieren keine Entschädigung zahlen. Ist ein Flug mehr als zwei Stunden verspätet, muss die Fluggesellschaft ihre Gäste aber mit Essen und Getränken versorgen. Verzögert sich der Abflug um mehr als fünf Stunden, haben die Passagiere einen Anspruch darauf, dass ihnen das Ticket erstattet wird und sie zum Ausgangsort zurückbefördert werden.

Fällt ein Flug ganz aus, übernimmt die Airline im Zweifel auch die Kosten für eine nötig gewordene Hotelübernachtung. Dies gilt auch für Flüge aus dem Ausland nach Deutschland zurück, wo voraussichtlich Tausende Passagiere festsitzen, sollten die Piloten ihre Drohung wahrmachen.

Die Deutsche Bahn plant nach Angaben eines Sprechers derzeit noch nicht, zusätzliche Züge im Fernverkehr einzusetzen. Zunächst müsse abgewartet werden, auf welchen Strecken die zusätzliche Nachfrage besonders hoch sei und ob es überhaupt zu dem angekündigten Streik komme. Die Bahn setzt derzeit wegen der verkürzten Wartungsintervalle bei den ICEs bereits weniger Züge ein, als ursprünglich vorgesehen. In den Stoßzeiten könnte es deswegen in vielen Zügen nur noch Stehplätze geben.

Auch Air Berlin plant lediglich, das normale Flugprogramm durchzuführen und will keine weiteren Verbindungen auflegen.

Im Video: Die Piloten der Lufthansa wollen ab kommender Woche den Flugverkehr des Konzerns in Teilen lahm legen.

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