Streik auf Flughafen:"Wie British Airways mit den Leuten umgeht, ist widerwärtig."

Endstation Heathrow: Über 70.000 Urlauber sind wegen eines Streiks auf dem Londoner Flughafen gestrandet. Wann es weitergeht, ist derzeit vollkommen unklar.

Der unerwartete Streik war durch die Entlassung von etwa 600 Mitarbeitern einer Catering Firma am Mittwoch ausgelöst worden. Diese hatten zuvor wegen Restrukturierungsplänen ihres Unternehmens spontan die Arbeit niedergelegt. Dies führte zu Engpässen bei der Versorgung der BA-Maschinen mit Bordverpflegung. Aus Solidarität legten am Donnerstag spontan auch BA-Mitarbeiter der Gepäckabfertigung und des Bodenpersonals ihre Arbeit nieder.

Die Fluggesellschaft British Airways (BA) hat für den heutigen Freitag alle Flüge gestrichen. Heute gehe gar nichts mehr, erklärte das Unternehmen. Zuvor waren bereits sämtliche für Donnerstagabend geplanten Flüge abgesagt worden.

Ein Ende des Ausstands ist nicht in Sicht. "Es wird heute erhebliche Behinderungen geben, vielleicht mehrere Tage lang", sagte Flughafendirektor Mick Temple.

Über 70.000 Passagiere seien von den Ausfällen betroffen. Auch bei andere Fluggesellschaften - darunter der australischen Qantas, bei Sri Lankan Airlines und Finnair - wurden Flüge gestrichen.

Auf Europas wichtigstem Flughafen herrscht Chaos, nachdem etwa 1000 Mitarbeiter des Bodenpersonals wie Gepäckträger, Busfahrer und Frachtarbeiter die Arbeit niedergelegt haben.

"Die Hochzeitsnacht genommen"

Nur rund 4.000 BA-Reisende konnten die Nacht in nahe gelegenen Hotels verbringen, tausende weitere mussten auf dem Flughafengelände übernachten. Helfer verteilten Klappstühle und Wasser an die teilweise aufgebrachten Reisenden.

"Ich bin völlig fertig", sagte der Australier Campbell Reade, der sich mit seiner Frau auf dem Weg in die Flitterwochen auf Bali befand. "Uns wurde die Hochzeitsnacht genommen. Wer entschädigt uns dafür?" sagte der empörte 38-Jährige.

Der Streik begann am frühen Donnerstag Nachmittag: Mehrere hundert Passagiere saßen in ingesamt 19 Maschinen auf dem Rollfeld von Heathrow fest, weil niemand da war, der die Gangway an die Flugzeuge heranfuhr, wie eine BA-Sprecherin sagte. Erst nach mehreren Stunden hätten die entnervten Insassen die Maschinen verlassen können.

Adieu Reisegepäck?

Flüge, die in Heathrow landen sollten, wurden auf andere Flughäfen umgeleitet; für den Start vorgesehene Maschinen mussten am Boden bleiben. Check-in-Schalter der BA wurden geschlossen. Vor Reservierungsschaltern für Umbuchungen auf spätere Flüge bildeten sich lange Warteschlangen.

Der Hongkonger Geschäftsmann Allen Sing sagte, angesichts der Probleme habe er am Donnerstagabend in sein Hotel zurückkehren wollen. Man habe ihn aber gewarnt, er würde sein bereits aufgegebenes Gepäck womöglich nie wiedersehen.

Ein anderer Fluggast sagte: "Wie die BA mit den Leuten umgeht, ist widerwärtig." BA-Sprecher Cane entschuldigte sich: "Wir tun, was wir können. Wir sind in einen Streit hineingezogen worden, den wir nicht wollten."

"Wie British Airways mit den Leuten umgeht, ist widerwärtig."

"Ich gehe nicht davon aus, dass ich heute Nacht viel Schlaf bekomme", sagte Peter Weston von den Cayman-Inseln, der nach Deutschland fliegen wollte. Der 49-jährige Lehrer hatte sich in die schier endlose Warteschlange vor einem Reservierungsschalter eingereiht. "Meine Söhne habe sich eine Ecke im Ankunftsbreich gesucht und schlafen dort vermutlich." Er habe so etwas noch nie erlebt, sagte Weston.

Alptraumhafte Warteschlange

"Die Warteschlage (am Reservierungsschalter) ist ein Albtraum", sagte ein BA-Mitarbeiter. "Wenn Sie irgendwohin gehen können, gehen Sie und rufen Sie später an", riet er.

Eine Gruppe Deutscher hatte das Glück, am Donnerstag abend ein Hotel in der Nähe des Flughafens zu finden. "Ein paar Kumpels kaufen Getränke und wenn sie sich eingedeckt haben, machen wir uns auf den Weg", sagte einer von ihnen.

Schon wieder Pech hatte Sarah Kupke, die nach Stuttgart fliegen wollte. Ihr BA-Ticket hatte sie als Entschädigung für einen zu Ostern gestrichenen Flug bekommen. Damals sei Nebel in Manchester Grund für die Annullierung gewesen.

BA-Chef Rod Eddington entschuldigte sich in einer Erklärung bei den Fluggästen und forderte ein Ende des Streiks. Es sei bedauerlich, dass "wir uns in einen Konflikt verwickelt sehen, der andere betrifft".

Die US-Zulieferfirma Gate Gourmet hatte am Vortag wegen eines wilden Streiks nach Gewerkschaftsangaben in Heathrow auf einen Schlag rund 800 Angestellte entlassen. Der Caterer gab die Zahl der Entlassenen dagegen mit 667 an. Daraufhin traten die BA-Mitarbeiter solidarisch in den Ausstand und die BA musste ab 16.15 Uhr MESZ Flüge streichen.

Heathrow ist mit rund 67 Millionen Passagieren jährlich der größte europäische Flughafen; weltweit ist der Londoner Airport der drittgrößte.

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