Strand von Malibu:Meer für alle

Malibu Strand Sonnenuntergang

Strand von Malibu bei Sonnenuntergang: Die App "Our Malibu Beaches" soll verhindern, dass dieser den Schönen und Reichen vorbehalten bleibt.

(Foto: AFP)

In Malibu Beach bleiben Villenbewohner wie Pamela Anderson oder Tom Hanks gern unter sich - Gartentore und falsche Garagen sollen Passanten fernhalten. Nun verrät eine App, wie man Zugang zur eng bebauten Strandmeile findet. Die Anwohner sind empört.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Wer auf dem Pacific Coast Highway von Los Angeles nach Westen fährt, sieht den Strand, den Ozean, die sündhaft teuren Häuser. Womöglich denkt er, wie schön es wäre, jetzt sofort das Auto abzustellen und ins Meer zu hüpfen. Nur: Dies ist Malibu, die Meile der Schönen und Superreichen, und die genießen den 43 Kilometer langen Strand am liebsten unter ihresgleichen.

Es gibt genügend Schilder, die dem Volk andeuten, dass es hier nicht erwünscht ist. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, der wird bisweilen von einer Mensch gewordenen Naturgewalt mit Sonnenbrille und dunklem Anzug vom Strand hinunterkomplementiert.

Die Bewohner betrachten die Küste von Malibu als ihr Privateigentum. Besucher - damit fängt es schon mal an - können ihr Auto hier nicht abstellen, weil es mehr Parken-Verboten-Schilder gibt als in der Innenstadt von Los Angeles. Wenn sie doch einen Parkplatz gefunden haben, können sie den Strand nicht erreichen, weil die meisten der wenigen Zugänge zwischen den Grundstücken zugesperrt sind. Dabei ist der Strand für alle da, das ist in Kalifornien sogar gesetzlich festgelegt.

Die Autorin und Umweltaktivistin Jenny Price hat herausgefunden, dass es gar nicht die Stadt Malibu war, die diese Schilder und Sperren installiert hat. Es waren die Bewohner, die ihre Ruhe haben wollen. "An einem Haus sind sieben verschiedene Schilder angebracht, die Besuchern den Durchgang verbieten", erzählt sie empört. "Als ich das letzte Mal dort war, hat der Besitzer die Polizei gerufen - doch ich durfte mich dort aufhalten."

Price, 52, hat zehn Jahre lang an der Küste von Malibu recherchiert, nach Wegen zum Strand gesucht und sich mit Leibwächtern gestritten. "Es ist eines der ungeheuerlichsten Beispiele von Privatisierung eines öffentlichen Raumes in Los Angeles", sagt sie: "32 Kilometer Küste sind für die Öffentlichkeit nicht zu erreichen." Neben dem Haus des Musik- und Filmproduzenten David Geffen gibt es etwa ein weißes Holztor, es sieht so aus, als befinde sich dahinter die Auffahrt zu Geffens Villa. In Wirklichkeit führt der Weg zu einem Strand, der als "Billionaires' Beach" bekannt ist. Von dort aus hat man einen wunderbaren Blick auf den Malibu Pier, aber auch auf die Häuser von Milliardären wie Geffen, Larry Ellison oder Paul Allen. Ein Holztor wie das von Geffen ist übrigens nicht der einzige Trick der Anwohner. Ein Hausbesitzer hat sogar die Attrappe einer Garage errichtet, damit Besucher glauben, dort nicht parken zu dürfen.

Überall Verbotsschilder

"Es gibt überall Verbotsschilder, die von allen möglichen Menschen angebracht worden sind", sagt Jenny Price, "aber kein einziges Plakat, das einem erklärt, was ein Besucher wirklich darf." Gemeinsam mit Ben Adair, Geschäftsführer der Softwarefirma Escape Apps, hat sie eine kostenlose Smartphone-Applikation erstellt, die "Our Malibu Beaches" heißt und Benutzern Tipps gibt, wie sie an den Strand gelangen und was sie dort tun dürfen.

Nach kalifornischem Gesetz gehört der Strand innerhalb der sogenannten "Mean High Tide Line" der Öffentlichkeit. Das bedeutet, dass jeder Mensch dort spazieren, picknicken und baden darf, wo der Sand feucht ist. "Viele Besucher denken deshalb, dass der restliche Strand von Malibu jeweils dem gehört, der dort wohnt. Das stimmt aber nicht, in vielen Abschnitten können sich die Menschen auch im trockenen Sand aufhalten", sagt Price.

Die App ist laut Price der erste Schritt, um die Küste von Malibu wieder öffentlich zu machen. Im California Coastal Act, dem Gesetz zur Nutzung der kalifornischen Küste, wird angeregt, dass es alle 300 Meter einen Zugang zum Strand geben soll. "Nach dieser Richtlinie müsste es in Malibu 105 Zugänge geben", sagt Price, "derzeit gibt es gerade einmal 17." Sie hofft, dass durch ihre Initiative die Stadt Malibu unter Druck gesetzt wird, mehr Wege zu errichten: "Doch bislang stellt sich die Stadt eher auf die Seite der Bewohner." In Malibu wohnen eben nicht nur die Reichen und die Schönen, sondern auch die Mächtigen.

Denen passt die Einmischung natürlich überhaupt nicht. Da haben sie jahrelang vor Gericht gegen zusätzliche Wege protestiert, sie haben Schilder errichtet und Attrappen gebaut - und nun soll eine Smartphone-App die schöne Abgeschiedenheit zerstören? Weil die Anwohner aber nicht elitär auftreten wollen, begründen sie ihre Abwehrhaltung mit den mangelnden sanitären Anlagen und den wenigen Parkplätzen. "Die Menschen kommen hierher, sie urinieren, sie entleeren ihren Darm, sie lassen ihren Müll liegen", schrieb Wendy Ledner, die seit ihrer Geburt in Malibu lebt, in einem Leserbrief an die Los Angeles Times. "Es gibt keine Parkplätze, also blockieren sie die Auffahrten."

Ein weiterer Vorwurf an die Erfinder von "Our Malibu Beach": Die Benutzer könnten die App nutzen, sich an die Häuser der Celebritys heranzuschleichen. "Natürlich haben mich Leute gefragt, ob ich weiß, wo Pierce Brosnan oder Jeff Bridges wohnen", sagt Price, "aber solche Informationen gibt es in der App nicht. Es geht darum, einen öffentlichen Ort der Öffentlichkeit zurückzugeben." Nur weil Pamela Anderson oder Tom Hanks hier wohnen und ihre Ruhe haben wollen, heiße das ja nicht, dass alle anderen draußen bleiben müssen. Jeder darf an den Strand von Malibu - und jeder weiß nun, wie er dort hinkommt.

Jenny Price wird übrigens nicht mehr lange am Strand von Malibu spazieren gehen, sie zieht im Herbst um nach München. Menschen mit Villa und Privatstrand am Starnberger See sollten jetzt nervös werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: