Steinzeitfunde in den Alpen:Auf Ötzis Spuren

Er gilt als der berühmteste Tote der Alpen: Zwanzig Jahre ist es her, dass Wanderer zufällig die jahrtausendealte Mumie von Ötzi entdeckten. Auch heute machen Bergsteiger immer wieder spektakuläre Funde - die oft noch älter sind als der Mann aus dem Eis.

Anna Fischhaber

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'Ötzi'-Finderin Erika Simon

Quelle: dpa

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Er gilt als der berühmteste Tote der Alpen: Zwanzig Jahre ist es her, dass Wanderer zufällig die jahrtausendealte Mumie von Ötzi entdeckten. Auch heute machen Bergsteiger immer wieder spektakuläre Funde - die oft noch älter sind als der Mann aus dem Eis.

Auf den Tag genau 20 Jahre ist es her, dass Erika Simon und ihr Mann beim Abstieg aus den Ötztaler Alpen eine grausige Entdeckung machten: Im Eis lag die mumifizierte Leiche eines Menschen. Doch weder die österreichische noch die italienische Gendarmerie, in deren Grenzgebiet die Leiche entdeckt worden war, wollte sich zunächst so recht für den Toten interessieren.

Es brauchte eine lebende Bergsteiger-Legende, um die Geschichte ins Rollen zu bringen: Reinhold Messner hielt sich zufällig in der Gegend auf und erkannte die Bedeutung des Fundes - da konnten selbst die schwerfälligsten Beamten sich nicht mehr sperren. Schnell sorgte die mehr als 5000 Jahre alte Mumie als "Ötzi" und "Frozen Fritz" international für Aufsehen.

Ötzi

Quelle: dpa

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Nun interessierten sich auch Österreich und Italien für den Toten - und ein jahrelanger Streit entbrannte, bevor anhand von Mineralien im Zahnschmelz Ötzis "italienische Nationalität" eindeutig festgestellt werden konnte. 1998 wurde die Mumie von Innsbruck nach Bozen gebracht, wo sie seitdem in einer Kühlzelle des Archäologischen Museums liegt und von Hunderttausenden Besuchern jedes Jahr bewundert wird. Aber nicht nur die Mumie im Museum, auch ihr Fundort zieht Touristen an.

Fineilspitze

Quelle: Stefan Schmidhuber / CC-BY-SA-3.0

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Sie pilgern auf 3210 Meter Höhe am Weg zum Tisenjoch - und zur nahen Finelspitze (im Bild). Am Tisenjoch soll der Krieger 3300 vor Christus mit einem Pfeil rücklings ermordet worden sein. Doch Ötzi war nicht der einzige Ur-Bergler, der die Wege hier benutzte - und nicht der erste, wie Funde belegen. Der Naturpark Ötztal hat inzwischen 17 archäologische Wandervorschläge "Auf den Spuren des Mannes im Eis" im Programm. Selbst Orte, die weit entfernt von der Fundstelle liegen, profitieren von dem Boom.

Ötzi-Dorf

Quelle: Ötzi-Dorf, Umhausen/Ötztal

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Umhausen im Ötztal etwa, wo sie dem berühmtesten Toten der Alpen eine eigene Siedlung gewidmet haben: Das Ötzi-Dorf, ein Freilichtmuseum zur Jungsteinzeit. 50.000 Besucher kommen pro Saison - viele denken, Ötzi hätte hier wirklich gelebt. Dabei gibt es nur ein paar Nachbildungen von Gräbern, Getreidefeldern und Hütten zu sehen. Außerdem kann man Überlebenskurse machen und einmal selbst in die Rolle eines Steinzeit-Bergbewohners schlüpfen.

Schmelzende Alpen-Gletscher geben Umweltgifte frei

Quelle: dpa

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Andere Wanderer machen sich lieber auf die Suche nach ihrem eigenen Ötzi. Die Chancen für zufällige Entdeckungen stehen im Alpenraum nicht schlecht: Nicht erst seit dem Hitzesommer 2003 schmelzen überall die Gletscher und geben spektakuläre Beweise für das Leben prähistorischer Bergbewohner frei. Im Silvretta beispielsweise wurden die älteste Alphütte der Schweiz und in der Nähe Keramikscherben entdeckt, die vermutlich aus einer frühzeitlichen Käserei stammen. Nach knapp 3000 Jahren Eis, Schnee und Lawinen waren von der Blockhütte allerdings nur noch Reste der Grundmauern übrig. Züricher Archäologen sind sich sicher, dass bereits vor 3000 bis 4000 Jahren Hirten mit ihrem Vieh den beschwerlichen Weg über den Fimberpass in der Nähe des heutigen Ischgl genommen haben.

Einzigartige prähistorische Funde in den Schweizer Alpen

Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb

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Auch ein großer Fund zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis verdankt seine Entdeckung einem Zufall: Am Rand eines Eisfelds am Schnidejoch in fast 3000 Meter Höhe fiel Schweizer Bergwanderern ein merkwürdig geformtes Stück Holz auf. Sie steckten es ein und brachten es dem Archäologischen Dienst des Kantons Bern zur Begutachtung - mit sensationellem Ergebnis. Ein Jäger aus der Jungsteinzeit muss seinen Köcher aus Birkenholz vor fast 5000 Jahren am Schnidejoch verloren haben. Schweizer Archäologen fanden schließlich gut 300 historische Artefakte aus verschiedenen Epochen  - manche davon sogar mehr als 6000 Jahre alt. Also nochmals 1000 Jahre älter als Ötzi.

Einzigartige prähistorische Funde in den Schweizer Alpen

Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb

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Unter den Funden war auch der Teil eines Beinkleides: einer prähistorischen Lederhose, gefertigt aus einer Hausziege. Forscher vermuten, sie könnte einem steinzeitlichen Berggänger gehört haben, der bei seiner Wanderung durchs Berner Oberland verunglückte. Was allerdings noch fehlt, ist eine Leiche, ein Schweizer  "Schnidi", der dem Südtiroler "Ötzi" den Rang ablaufen könnte.

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Quelle: AP

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Einige neuere und doch historische Gräber fanden Wanderer in den vergangenen Jahren in den Alpen: Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, Wanderer, die im 16. Jahrhundert abstürzten, und einen verschollenen Lehramtsstudenten, dessen Leiche nach 54 Jahren samt zweier Eheringe geborgen wurde - sie musste von seiner inzwischen greisen damaligen Freundin identifiziert werden.

pfitscher joch

Quelle: Jerzas at pl.wikipedia / CC-BY-3.0

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Eine Zeitreise ist sicherlich auch die Wanderung zum Pfitscher Joch in 2750 Meter Höhe. Archäologen haben auf Moränenhügeln Feuerstein gefunden, der dort eigentlich gar nicht vorkommt - ein Beweis, dass das Tiroler Joch schon in der Steinzeit ein zentraler Alpenübergang war. Nun nehmen die Wissenschaftler das Joch genauer unter die Lupe. 

Lötschenpass

Quelle: Paebi / CC-BY-SA-3.0

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Auch auf dem 2690 Meter hohen Lötschenpass in den Berner Alpen machten Wanderer kostbare Funde. Der Berner Maler Albert Nyffeler entdeckte hier zwischen 1934 und 1944 mehrere Pfeilbögen. Lange nach seinem Tod wurden sie in seinem Atelier wiederentdeckt - und auf die frühe Bronzezeit um 2000 vor Christus datiert. Heute sind die Bögen im Lötschentaler Museum in Kippel ausgestellt.

Buchenwald auf Englisch: Welterbestätten werden internationaler

Quelle: dpa-tmn

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Mehr über das Leben in der Alpenregion vor 6000 Jahren erzählen auch die Pfahlbauten, die kürzlich zum Unesco-Welterbe erklärt wurden. Erst vor 155 Jahren sind die Überreste der Siedlungen, die unsere Vorfahren zum Schutz vor Raubtieren und feindlichen Nachbarn mitten ins Wasser bauten, an einem Alpensee in der Schweiz wiederentdeckt worden. Heute kann man die archäologischen Unterwasser-Denkmäler auf Holzpfählen, manche nicht mehr als 15 Zentimeter dick, im Pfahlbau-Freilichtmuseum in Unteruhldingen am Bodensee bewundern.

© sueddeutsche.de/afis/dd/plin
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