Süddeutsche Zeitung

Städtereise USA:Höhenrausch - die besten Rooftop-Bars für den New Yorker Sommer

Cocktails trinken, die Aussicht genießen und viel Geld ausgeben: In New York hat die Saison der Dachterrassen-Bars begonnen. Ein nüchterner Überblick mit sieben Tipps.

Von Johanna Bruckner

Sommer in New York, das ist Rooftop-Saison. Dass es in der Stadt mit der weltberühmten Skyline mehr Möglichkeiten als in fast jeder anderen Metropole gibt, seinen "Manhattan" mit Aussicht über Manhattan zu trinken, mag nicht überraschen. Aber Dachterrassen-Bars sind hier tatsächlich mehr als eine hervorragende Möglichkeit, Geld vom Dach zu werfen (das natürlich auch): Sie verbinden das, was New York so anstrengend macht, mit dem, was New York zum faszinierenden Ort macht.

Anstrengend, weil man überhaupt erst mal einen Platz mit Panoramablick ergattern muss. Oft heißt es schon unten am Aufzug: "Sorry, we're booked out." Reservieren empfiehlt sich, ist allerdings nicht überall möglich. Auch über den Wolken gilt in New York: Nur die Schnellsten überleben. Dabei erlebt doch mancher Tourist schon zu Füßen der High-Rises einen städtebaulichen Kulturschock. Die Menschenströme bewegen sich unaufhaltsam durch die Hochhausschluchten, es gibt immer ein neues Ziel: das nächste Meeting, die nächste Yoga-Stunde, den nächsten Bio-Supermarkt. Wer nur mal eben stehen bleiben will, um einen Blick in den Stadtführer zu werfen (und das Übermaß an Eindrücken zu verarbeiten), der hat schnell einen Ellbogen in der Seite. Autor Nathan Pyle, gebürtig aus Ohio, hat aus seinen schmerzhaften Erfahrungen einen Etikette-Bestseller gemacht. Darin schreibt er: "Welcome to New York, where the object of the game is ... Stay out of everyone's way!"

Das mag auf den ersten Blick unhöflich klingen, aber am Ende des Tages haben im Sommer alle New Yorker - gebürtige wie zugereiste - das gleiche Ziel: die Dachterrassen-Bar. Insofern sei der arbeitenden Stadtbevölkerung ihr rabiater Pragmatismus verziehen. Die Rempler wollen möglichst schnell ihre Alltags-Agenda abarbeiten, um abheben zu können. Es gibt wohl nichts Erhebenderes, und ja: Erhabeneres, als von einer Dachterrasse aus die Sonne hinter den Hochhäusern von Manhattan untergehen zu sehen. New York ist einem nie so fern und zugleich so nah wie von oben. Auf der richtigen Dachterrasse wird einem auf die beste Art weh ums Herz.

Die besten Rooftop-Bars in New York für den Sommer 2017:

Beste Abkühlung: Mr. Purple

Bietet: gleich zwei Dachterrassen, die größere mit Pool, in dem es sich mit Blick aufs Empire State Building planschen lässt (in der Theorie, siehe auch "Ist eher nichts für"). Außerdem: schöne Menschen und nicht minder schöne Gartenmöbel. Letztere gehören zum Gesamtkonzept der "international gefeierten Designfirma Crème Design", wie es auf der Webseite heißt. Damit wäre auch die Farbwelt erklärt. Die Sandtöne wiederum passen hervorragend zu den Gesprächen über das Für und Wider des Luxusurlaubsziel St. Barth.

Unbedingt bestellen: "Strawberry Basil Lemonade" (Die kostet zwar 16 Dollar, bringt einen aber nach einem Schluck direkt in "Man lebt nur einmal"-Stimmung.)

Ist eher nichts für: Menschen, die deutsche Freibäder meiden, weil sie die Fleischbeschau am Beckenrand unwürdig finden. Denen sei ein Besuch am kilometerlangen Sandstrand von Rockaway ans Herz gelegt. Hier gibt es normale Körper, einen (Achtung, Wortspiel) Frozen Sangria Twist zum Dahinschmelzen und eine Aussicht für Auf-dem-Boden-Gebliebene: auf die Weiten des Atlantiks.

Weitere Aussichten: Wer ein bisschen gesellschaftliche Höhenluft schnuppern möchte, ist hier richtig.

Adresse: 180 Orchard Street (Eingang über das Hotel Indigo), 15th Floor, Manhattan, mehr Informationen unter www.mrpurplenyc.com.

Authentischstes New-York-Ambiente: Upstairs

Bietet: schwarze Ledersessel, eine Bar mit Goldschnörkeloptik und einem fantastischen Blick auf das schönste aller New Yorker Hochhäuser - das erleuchtete Chrysler-Building. Die einen mögen das Ambiente geschmacklos finden. Wohlmeinendere werden sich in einen Vampirfilm versetzt fühlen. Ja, man kann sich vorstellen, wie hier nach Einbruch der Dunkelheit Dracula eine Bloody Mary bestellt. Tatsächlich gehört aber eine gewisse tackiness zur authentischen New-York-Erfahrung. Keine Stadt ist nur stylisch, auch diese nicht.

Unbedingt bestellen: "The Chrysler" (Weil es so naheliegt.)

Ist eher nichts für: Menschen, die beim Durchblättern des Harald-Glööckler-Katalogs Ausschlag bekommen.

Weitere Aussichten: Schwarze Wolken machen noch kein Gewitter.

Adresse: 145 East 50th Street (Eingang über das Kimberly Hotel), Penthouse Level, Manhattan, mehr Informationen unter http://upstairsnyc.com.

Bestes Panorama (aus Manhattan auf Manhattan): The Crown

Bietet: alle Sehenswürdigkeiten wie auf einer Postkarte versammelt. Möglich macht das die Lage in Chinatown, im Süden von Manhattan. Das Stadtmagazin Timeout beschreibt den Blick vom "Crown"-Rooftop gen Norden so: "Thanks to the surrounding neighborhood's low skyline, the urban serengeti stretches all the way to the horizon." Stadt-Safaristen können zwischen zwei Terrassen wählen - wer möchte, kann sein Panoramen-Portfolio so um Brooklyn und an klaren Tage sogar um Queens und New Jersey erweitern.

Unbedingt bestellen: "The Crown Manhattan" (Der Cocktail passend zum Blick.)

Ist eher nichts für: Hungrige. Die Speisekarte besteht aus genau drei Snacks.

Weitere Aussichten: Hier werden sämtliche Selfie- und sonstige Foto-Bedürfnisse erfüllt.

Adresse: 50 Bowery Street (Eingang über das Hotel 50 Bowery), 21st Floor, Manhattan, mehr Infos unter www.thecrownnyc.com.

Bestes Panorama (aus Brooklyn auf Manhattan): The 1 Rooftop

Bietet: siehe oben. Plus East River und Brooklyn Bridge. In diesem Fall sagen Bilder mehr als Worte, also: hingehen (oder auf der Webseite spicken). Und falls Sie dort jemand als Tourist erkennt und fragt, ob Sie denn wüssten, wofür "Dumbo" steht, beeindrucken mit: Down Under the Manhattan Bridge Overpass.

Unbedingt bestellen: wahlweise Bier, Prosecco oder Wein. (Hier steht die Aussicht im Vordergrund.)

Ist eher nichts für: generelle Brooklyn-Verweigerer. Soll es geben, selbst unter jenen, die in New York leben. Dabei sind gerade die am East River gelegenen Stadtteile längst so gentrifiziert, dass einem hier im Zweifelsfall das Portemonnaie nachgetragen wird, wenn es aus der Tasche fällt.

Weitere Aussichten: Beinahe vergessen, die Freiheitsstatue sieht man von diesem Rooftop auch. Mehr wäre jetzt aber wirklich frech.

Adresse: 60 Furman Street (Eingang über das 1 Hotel Brooklyn Bridge), Dumbo (Brooklyn), mehr Infos unter www.1hotels.com/brooklyn-bridge.

Fürs Garten-Gefühl: Gallow Green

Bietet: eine Ahnung von Natur in der Stadt. Die Dachterrasse des McKittrick Hotels (mit Blick auf New Jersey) ist so dicht bepflanzt wie der Central Park - zumindest gefühlt. Nach einem Sightseeing-Tag voller Beton, Stahl und Glas ist das Lauben-Ambiente besonders wohltuend. Oder einfach mal den Tag unter Efeuranken starten: Der Wochenend-Brunch im Gallow Green ist legendär (reservieren deshalb ein Muss, möglich über die Webseite).

Unbedingt bestellen: "Sleep No More" (Der Cocktail ist eine Anspielung auf die durchaus berüchtigte Eventreihe des Hotels, bei der die Besucher zu Beginn Masken ausgeteilt bekommen - mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.)

Ist eher nichts für: Menschen mit Abneigung gegen Ameisen.

Weitere Aussichten: Der Himmel ist grün.

Adresse: 542 W 27th Street (Eingang über das McKittrick Hotel), Manhattan, mehr Infos unter www.mckittrickhotel.com/gallow-green.

Hoch und hip: The William Vale Hotel

Bietet: nicht nur eine Bar im 22. Stock (Westlight), sondern auch den - angeblich - längsten öffentlichen Pool in New York. Dazu einen sagenhaften Blick vom angesagten Williamsburg aus auf Manhattan. Das Hotel selbst ist architektonisch ein Hingucker: Es steht auf Stelzen. Schönheitsfehler: Ein Tagespass für das 18-Meter-Wasserwunder fängt bei 150 US-Dollar (für zwei Personen) an. Und der Pool ist etwa so tief wie ein Plantschbecken.

Unbedingt bestellen: Cocktail "The Napoleon Complex" (Vorsicht, das Getränk macht seinem Namen Ehre - es droht alkoholinduzierter Größenwahn. Ergo: was zum Knabbern dazu bestellen, zum Beispiel "Spicy Coconut Cashews".)

Ist eher nichts für: Knauserige.

Weitere Aussichten: Über den Wolken in Williamsburg.

Adresse: 111 N 12th Street, Williamsburg (Brooklyn), Infos zum Pool unter www.thewilliamvale.com/pool/, und zur Bar hier: www.westlightnyc.com.

Bieten: die Möglichkeit, den Tag zur Nacht zu machen. Die New Yorker lieben ihre Day Partys. Und wer tanzt auch nicht lieber unter der Sonne als unter künstlichen Neonstrahlern? Auf der sommerlich geschmückten Dachterrasse des Output, an der Grenze zwischen Williamsburg und Greenpoint, finden jeden Sonntag Elektro-Partys statt ("Sundays on the Roof"). Wer noch zu müde ist vom Weggehen am Vorabend, kuschelt sich einfach in die weißen Kissen, die aus den großzügigen Holzstufen einen Lounge-Bereich machen, und wippt ein bisschen mit dem Fuß. Wenn ein Gewitter aufzieht, wird einfach im Inneren weitergefeiert - bis die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolken brechen. Ein ähnliches Programm bietet ein paar hundert Meter weiter die Dobbin St Rooftop Terrace. Neben Partys finden in der Veranstaltungslocation auch regelmäßig Freiluft-Kinoabende statt - der Eintritt ist frei.

Unbedingt bestellen: einen der sommerlichen Slushys - die schmecken wie Sorbet mit Schuss.

Ist eher nichts für: Menschen, die erst nach Einbruch der Dunkelheit in Feierlaune kommen.

Weitere Aussichten: sommerhimmelhochjauchzend.

Adresse: Output, 74 Wythe Ave, Williamsburg (Brooklyn), mehr Infos unter www.outputclub.com; Dobbin St Roof Terrace, 64 Dobbin St, Greenpoint (Williamsburg), mehr Infos unter www.dobbinst.com.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2017/ihe
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