Süddeutsche Zeitung

Städtereise in Dänemark:Kopenhagen - entspannte Großstadt mit Stil

Sehenswürdigkeiten, Design-Highlights und dazwischen fast dörfliche Idylle - ein Spaziergang durch die dänische Hauptstadt in Bildern.

Von Jessy Asmus und Irene Helmes

Bis vor Kurzem hätte dieses Panorama die Hauptstadt der glücklichsten Menschen der Welt gezeigt. Und dann das - die Norweger, also ein Völkchen mit noch längeren Wintern und noch weniger Sonne im Leben, überholten die Dänen im "World Happiness Report". Nun gut. Massenstornierungen von Kopenhagen-Trips durch glückshungrige Reisende blieben trotzdem aus. Und das völlig zu Recht. Schließlich sind die Einheimischen ja nun zweiter Sieger und Kopenhagen bietet Besuchern einen für Hauptstädte ganz untypischen Mix aus erfrischender Ruhe und großen Hinguckern.

Ein Blick auf den Hafen beim Kastellet im Norden der Innenstadt. Tatsächlich ist das Kastellet eine Geschichte mit Happy End. Denn, heute kaum mehr vorstellbar, wurde die letzte erhaltene Wallanlage Kopenhagens im 17. Jahrhundert zum Schutz gegen die Schweden angelegt. Inzwischen ist das Verhältnis bekanntlich friedlich, so dass Dänen, Schweden und Besucher von überall sonst nebeneinander durch die Parkanlage und entlang der Promenade flanieren. Ganz in der Nähe: die Statue der Kleinen Meerjungfrau, die seit 1913 am Langelinie-Kai melancholisch auf einem Felsen sitzt und unzählige Reiseführer und Kühlschrankmagneten ziert.

St. Alban's English Church steht seit Ende des 19. Jahrhunderts mit britischem Understatement in Kopenhagen. Dabei fiel ihre Eröffnung ausgesprochen glamourös aus - es kamen Vertreter aller möglichen europäischen Königshäuser, vom Prinzen von Wales bis zu Zar Alexander III. Heute spazieren Reisende zum Beispiel auf dem Weg von der Kleinen Meerjungfrau Richtung Zentrum vorbei. Und wenige Schritte weiter finden sie Straßen, die in anderen europäischen Hauptstädten in solcher Lage kaum mehr vorstellbar sind.

Denn entlang der Kronprinsessegade, zwischen den grünen Oasen Kastellet und Kongens Have, gehen rechts und links Sträßchen ab, die in ihrer Idylle fast dörflich wirken.

Die Kopenhagener wissen durchaus, was sie an ihrer Stadt haben. Was wie zufälliger Charme wirkt, ist längst auch Teil von durchgestylten Marketing-Konzepten. "Ein Märchen im Taschenformat", "Design und Architektur", "Nachhaltigkeit" und "Vielfalt" gehören zu den Themen, mit denen Dänemarks Hauptstadt punkten möchte. Viel Werbevokabular. Aber es ist eben auch viel dran an den Versprechen.

Sehr bekannt in Dänemark sind die in Reih und Glied stehenden Häuser des Nyboder-Viertels. In ihnen lebten in vergangenen Jahrhunderten Marinesoldaten und ihre Familien. Seit einiger Zeit werden Militärangehörige bei der Wohnungsvergabe aber nicht mehr bevorzugt. Der besondere Farbton der Fassaden hat übrigens den Begriff Nyboder-Gelb hervorgebracht.

Weiter geht es in den Kongens Have (Königsgarten), neben dem nahen Botanischen Garten eine der schönsten Grünanlagen Kopenhagens. 1606 wurde er als Privatgarten für König Christian IV. angelegt. Am Rande ließ dieser sich ein Sommerhaus errichten - das nach und nach zum Schloss Rosenborg ausgebaut wurde. Bis 1710 diente es als königliche Residenz. Inzwischen hat sich alles demokratisiert - Einheimische wie Touristen genießen den Park und seine vielen Freizeitangebote. Ein Regenschauer beim Spaziergang? Halb so schlimm, denn wie so oft federn die Dänen Widrigkeiten hyggelig-elegant ab. Sie haben die Bänke so aufgestellt, dass diese durch die dichten Baumkronen einen natürlichen Regenschirm bekommen.

Kopenhagen gilt als erfreulicher Ort für Gourmets. Gut essen lässt sich aber nicht nur in renommierten Restaurants, sondern auch an simplen Ständen und Buden. Am Wurststand gegenüber des Storch-Springbrunnens etwa herrscht großer Andrang. Gut so, es heißt schließlich nicht ohne Grund, dass man nie hungrig einkaufen gehen soll.

Kopenhagen ist weltweit für Design berühmt. Besondere Läden sind quer über die Stadt verstreut, oft im Tiefparterre, so dass nur wenige Stufen von der Straße nach unten in neue Farb- und Formwelten führen. Wer die Fußgängerzone entlanggeht, kommt in der Østergade am "HAY House" vorbei - und merkt es kaum. Die Verkaufsräume des jungen Design-Labels liegen im Obergeschoss eines noblen Jugendstilhauses, das schwarze Schild am Eingang übersieht man leicht. Doch es lohnt sich: HAY steht für zeitgemäßes nordisches Design, das die Formtradition der 1950er und 60er Jahre in die Gegenwart führt; fast über Nacht wurden die Dänen damit zum Kult-Label. Auf zwei Stockwerken sind Möbel und Accessoires großzügig in Szene gesetzt, teils kombiniert mit Produkten anderer Hersteller. Selbst formschöne Spülbürsten und Büroklammern findet man hier wie Schmuckstücke auf großen Holztischen ausgelegt.

Weiter Richtung Wasser führt der Spaziergang aus den Sträßchen der City zum Nyhavn. Doch der entspricht längst nicht mehr seinem Namen. Denn der "Neue Hafen" prägt Kopenhagen, seit im 17. Jahrhundert dort ein Kanal gebaut wurde. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten der bunten Giebelhäuschen, die Touristen so gerne fotografieren. Manche von ihnen hatten berühmte Bewohner. Hans Christian Andersen etwa verbrachte lange Jahre im Nyhavn, mal in der Nummer 20 (wo er "Die Prinzessin auf der Erbse" verfasste), mal in der 67, mal in der 18. Die Hafenlokale sind nicht mehr so wild wie einst, aus Seemannskneipen sind Restaurants für jedermann geworden. Wer bei der Stadttour trotzdem nichts nach seinem Geschmack gefunden hat, kann über ein paar Brücken auf das gegenüberliegende Ufer wechseln. Dort wartet neben der Oper eine Streetfood-Halle mit zahlreichen Ständen. Ideal also für Reisegefährten mit schwer zu vereinbarenden Geschmäckern.

Weiter geht es durch den Stadtteil Christianshavn, der von besonders vielen Kanälen durchzogen ist. Dementsprechend wird das Wohnen am Wasser konsequent zu Ende gedacht: An vielen Stellen verfügen die Bewohner der jeweils untersten Wohnungen über einen direkten Zugang zum eigenen Boot oder Kajak. So beiläufig geparkt wie anderswo Fahrräder, erwarten die privaten Wasserfahrzeuge ihre Besitzer am Ende kleiner Leitern. Manch einer hat auch noch eine kleine Terrasse am Wohnzimmer angedockt.

Das hübsche, helle, wohlhabende Kopenhagen, bei dem selbst die Ecken und Kanten jeden Stilberater erfreuen, hat aber auch Platz für sperrigere Gegenden. Die Freistadt Christiana liegt auf dem weiteren Weg Richtung Meer und ist seit ihrer Gründung durch einige Anarchisten und Hippies Anfang der Siebziger legendär. In welcher europäischen Hauptstadt gibt es sonst so zentral eine autonome, staatlich geduldete Gemeinde? Fotos sind dort allerdings nicht erwünscht - im Bild deshalb ein Haus ganz in der Nähe. Wie es in Christiana weitergehen soll, zwischen alternativen, friedlichen Lebensmodellen und einer teils aggressiven Drogenszene, treibt die Bewohner immer wieder um (mehr dazu in dieser Reportage aus dem Herbst 2016).

Kopenhagen im Rücken, Schweden schon in Sichtweite: der Amager Strand liegt ganz im Osten des Zentrums auf der gleichnamigen Insel. Er bildet die Endstation dieser Tour. Wer es bequem mag, kürzt den Weg einfach per U-Bahn ab und steigt an der Station "Øresund" oder "Amager Strand" aus. Der "Strandpark" zeigt, dass künstlich nicht gleich unangenehm bedeuten muss. Denn die zwei Kilometer lange Insel wurde zwar extra angelegt, ist aber längst eine der beliebtesten Erholungsgegenden der Hauptstadt. Was Einheimische dort lieben, lesen Sie hier - neben weiteren Kopenhagen-Tipps aus der Reihe "Spotted by Locals". Sie haben noch etwas mehr Zeit für Dänemark? In nur drei Stunden von Kopenhagen aus sind Sie in Aarhus, der "ewigen Zweiten", die sich dennoch nicht hinter der Hauptstadt verstecken muss. Entdecken Sie die Stadt mit Tipps der Krimiautorin Elsebeth Egholm.

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