Süddeutsche Zeitung

Einstufung zum Hochinzidenzgebiet:Spanien und Niederlande: Was sich für Urlauber ändert

Wegen stark steigender Inzidenzen erklärt die Bundesregierung die beiden beliebten Sommerziele zu Hochinzidenzgebieten. Was Reisende nun beachten müssen - die wichtigsten Antworten.

Von Eva Dignös und Irene Helmes

Welche Urlaubsziele sind von den neuen Einstufungen betroffen?

Die Bundesregierung hat ganz Spanien und die Niederlande wegen hoher Corona-Infektionszahlen zum Hochrisikogebiet erklärt. Die Einstufung tritt am 27. Juli um 0.00 Uhr in Kraft. Auch Georgien zählt neu dazu, allerdings bereits von diesem Sonntag an. Dänemark - mit Ausnahme von Grönland - ist neu einfaches Risikogebiet. Gleiches gilt auch für Teile Frankreichs: die Regionen Korsika, Okzitanien, Provence-Alpes-Côte d'Azur und das Übersee-Département Martinique. Zu den einfachen Risikogebieten zählen daneben auch Irland, Malta und Monaco.

Auch bei anderen Ländern kann sich die Einstufung immer wieder ändern. Wenn eine Reise ins Ausland führen soll, lohnt deshalb ein Blick auf die aktuelle Risikoliste des RKI - dort steht, welche Regionen und Länder momentan als Risiko-, Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiete gelten.

Was bedeutet die Einstufung zum Hochinzidenzgebiet für Urlauber?

Einreisende aus Hochinzidenzgebieten müssen sich online anmelden und an der Grenze einen negativen Coronatest vorweisen, alternativ den Nachweis der Impfung oder Genesung. Nach der Rückkehr ist eine zehntägige Quarantäne vorgeschrieben, die nach fünf Tagen mit einem negativen Test vorzeitig beendet werden kann. Auch hier sind Geimpfte und Genesene ausgenommen.

Unterliegen auch Kinder den Test- und Quarantänepflichten?

Kinder unter zwölf Jahren können noch nicht gegen das Coronavirus geimpft werden. Sie müssen daher nach einem Aufenthalt in einem Hochinzidenzgebiet für mindestens fünf Tage in Quarantäne, auch wenn ihre Eltern geimpft und damit von den Auflagen befreit sind. Kinder unter sechs Jahren sind lediglich vom Test vor der Einreise ausgenommen. "Für die Absonderungspflicht sind Ausnahmen für Kinder unter sechs Jahren nicht vorgesehen, auch Kinder sind damit grundsätzlich absonderungspflichtig", zitiert das Branchenportal Reise vor 9 eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums. Einziges Schlupfloch aus der Quarantäne ist der Nachweis, dass das Kind in den vergangenen sechs Monaten eine Corona-Infektion durchgemacht hat.

Kann man eine Reise in ein Hochinzidenzgebiet kostenlos stornieren?

Mangels entsprechender höchstrichterlicher Urteile gibt es auf diese Frage noch keine eindeutige Antwort. Grundsätzlich darf eine Pauschalreise kostenfrei storniert werden, wenn sie durch "unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt" ist. Die Frage ist nur: Ist dies durch die Hochstufung und die damit verbundene Reisewarnung sowie das gestiegene Ansteckungsrisiko der Fall? Und: War das bei der Buchung bereits absehbar? Dann hätte der Reisende gewusst, worauf er sich einlässt.

Beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) sieht man durchaus Möglichkeiten für einen kostenlosen Rücktritt: "Reisende können aus unserer Sicht kurz bevorstehende Pauschalreisen in Länder, für die eine Reisewarnung ausgesprochen wird, grundsätzlich unter Berufung auf außergewöhnliche Umstände kostenlos stornieren." Kurz bevorstehend bedeute: ungefähr ab vier Wochen vor Reiseantritt.

Reisende, die sich aktuell im Urlaub in Spanien befinden und eine organisierte Reise bei einem Reiseveranstalter gebucht haben, würden von ihrem Veranstalter über die geänderte Situation informiert, teilte der Deutsche Reiseverband (DRV) mit. Sollten sie vorzeitig ihren Urlaub beenden wollen, kümmerten sich die Reiseveranstalter um eine entsprechende Flugumbuchung. Eine vorzeitige Rückreise sei jedoch nicht zwingend erforderlich. Kontaktiert würden auch diejenigen, die in den nächsten Tagen eine Reise nach Spanien geplant hätten. Ein automatisches Stornorecht sieht man beim Branchenverband allerdings nicht. "Grundsätzlich bemühen sich die Reiseveranstalter, individuelle, kundengerechte Lösungen herbeizuführen", sagte DRV-Sprecherin Kerstin Heinen der Nachrichtenagentur dpa.

Bei Individualreisen kommt es auf die jeweils im Vertrag vereinbarten Stornobedingungen an. Einen gesetzlich verankerten Anspruch auf einen kostenlosen Reiserücktritt gibt es nicht.

Auf welcher Grundlage erfolgen die Einstufungen?

Als Schwelle für die Einstufung als Risikogebiet gilt eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50, als Hochinzidenzgebiet von 200. Diese Werte sind jedoch nicht allein ausschlaggebend, auch Maßnahmen am Ort, Testkapazitäten und andere Daten fließen laut RKI in die Bewertung ein.

Der Status Virusvariantengebiet wurde in Deutschland im Winter als Reaktion auf die Entdeckung und Verbreitung von Mutanten in verschiedenen Teilen der Welt eingeführt. Deren Einschleppung sollte damit möglichst verhindert werden. In den RKI-Kriterien zur Einstufung ist die Rede von der Verbreitung einer Variante, welche als besonders gefährlich gelten müsse und "nicht zugleich im Inland verbreitet auftritt". Da sich die Delta-Variante mittlerweile auch in Deutschland durchgesetzt hat, wurden zuletzt Portugal und Großbritannien wieder vom Virusvariantengebiet zum Hochinzidenzgebiet heruntergestuft.

Was gilt bei der Heimreise aus einem normalen Risikogebiet?

Als Risikogebiet stufen RKI und Auswärtiges Amt gewöhnlich Länder mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 50 bis zu 200 ein. Wer sich zehn Tage vor der Einreise nach Deutschland in einem Risikogebiet aufgehalten hat, muss sich ebenfalls online über das Einreiseportal der Bundesrepublik anmelden, bei Schwierigkeiten ist eine Ersatzmeldung in Papierform möglich. Die Meldung muss in der Regel beim Beförderer, etwa der Airline, vorgezeigt werden. Online kann man auch ein negatives Antigen- oder PCR-Testergebnis hochladen und ist damit von einer Quarantäne befreit. Der Test kann alternativ auch nach der Rückkehr gemacht und innerhalb von 48 Stunden dem Gesundheitsamt gemailt werden, danach endet die Quarantäne ebenfalls. Das gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder jeden Alters.

Seit 1. Juli hat die Bundesregierung die generelle Reisewarnung für Corona-Risikogebiete mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 200 aufgehoben. Das hat vor allem reiserechtliche Konsequenzen: Eine Pauschalreise kann meist storniert werden, wenn eine Reisewarnung ausgesprochen wird - und das bei der Buchung nicht absehbar war. Von dieser Möglichkeit kann nun also deutlich seltener Gebrauch gemacht werden.

Welche Bestimmungen gelten für Virusvariantengebiete - und was tut sich durch die aktualisierte Einreiseverordnung?

Der Status als Virusvariantengebiet bringt die schärfsten derzeit möglichen Beschränkungen bei Einreisen nach Deutschland mit sich. Fluggesellschaften sowie Schiff-, Bus- und Bahnunternehmen dürfen aus betroffenen Ländern nur deutsche Staatsbürger oder Personen mit Wohnsitz in Deutschland über die Grenze bringen. Diese Rückkehrer wiederum müssen einen negativen Coronatest vorlegen und nach der Ankunft ausnahmslos in 14-tägige Quarantäne. Das gilt für Erwachsene und Kinder gleichermaßen, Kinder unter sechs Jahren sind lediglich von der Testpflicht ausgenommen. Diese Vorgaben führen dazu, dass Virusvariantengebiete selbst bei Menschen mit hoher persönlicher Risikobereitschaft kaum mehr für einen Urlaub in Betracht kommen.

Das dürfte sich ändern, wenn am 28. Juli die geänderte Einreiseverordnung in Kraft tritt. Sie bringt deutliche Erleichterungen für vollständig geimpfte Reisende: Sie dürfen ihre Quarantäne nach einem Aufenthalt in einem Virusvariantengebiet vorzeitig beenden, wenn nachweisbar ist, dass ihr Impfschutz gegen die Virusvariante im bereisten Gebiet wirksam ist. Das ist gemäß der neuen Verordnung der Fall, wenn das Robert Koch-Institut (RKI) die Wirksamkeit festgestellt und auf seiner Internetseite bekannt gegeben hat. Eine entsprechende Liste soll demnächst auf der Webseite des RKI veröffentlich werden. Einreisende müssen dann nur noch ihren Impfnachweis an das zuständige Gesundheitsamt übermitteln.

Die neue Verordnung berücksichtigt außerdem den Fall, dass ein Virusvariantengebiet wieder zum Hochinzidenzgebiet heruntergestuft wird, wie unlängst bei Portugal und Großbritannien geschehen. Bislang musste eine einmal verhängte Quarantäne dennoch trotzdem bis zum Ende durchgehalten werden, künftig kann sie entsprechend den Regeln für Hochinzidenzgebiete verkürzt werden.

Wann werden geänderte Bestimmungen für Rückkehrer wirksam?

Bei Änderungen der Risikoeinstufung nennt die Bundesregierung stets das Datum des Inkrafttretens. Oft liegen zwischen Bekanntgabe und Inkrafttreten etwa zwei Tage. Für Reisende entscheidend ist das Datum ihrer Heimkehr. Auch Urlauber, die sich vor ihrer Abreise aus Deutschland noch über die geltenden Bestimmungen informiert haben, können daher bei ihrer Rückkehr mit geänderten Vorgaben konfrontiert sein, zum Beispiel einer Quarantäne.

Was ist bei einer Heimreise mit dem Flugzeug zu beachten?

Für die Rückkehr nach Deutschland mit dem Flugzeug ist unabhängig von der Corona-Situation im jeweiligen Land immer ein negativer Test erforderlich, also auch bei der Rückkehr aus einem Nicht-Risikogebiet. Er muss der Airline noch vor dem Start im Ausland vorgelegt werden - ansonsten darf der Passagier nicht einsteigen. Ausgenommen sind auch hier Kinder bis fünf Jahre sowie vollständig Geimpfte und Genesene mit einem entsprechenden Nachweis.

Welche Tests werden bei Reiserückkehrern als Nachweis anerkannt?

In Deutschland anerkannt werden Antigen-Tests sowie PCR-, LAMP- und TMA-Tests. Ähnlich wie der PCR-Test weist der LAMP-Test den Erreger direkt nach. Beim TMA-Test handelt es sich um einen Molekular-Test, der ähnlich sichere, jedoch schnellere Ergebnisse liefert. Wichtig ist, dass geschultes Personal die Tests vornimmt oder überwacht und dass sie von einer rechtlich dazu befugten Stelle ausgeführt werden. Auf dem Nachweis muss das Datum der Testung und die Art des Tests vermerkt werden. Ausdrücklich nicht anerkannt werden Antikörper-Tests.

Wann ist man "vollständig geimpft", wann "genesen"?

Für den "Geimpft"-Status müssen seit der letzten erforderlichen Spritze - beim Impfstoff von Johnson&Johnson wird einmal geimpft, bei den übrigen drei Vakzinen zweimal - mindestens 14 Tage vergangen sein. Nachgewiesen wird dies über das digitale Covid-Zertifikat der EU, das man entweder bei der Impfung erhält, in den Impf-Anmeldeportalen herunterladen oder mit dem gelben Impfpass nachträglich in der Apotheke ausstellen lassen kann. Es wird sowohl in der Papierform als auch digital in der Covpass-App des RKI auf dem Smartphone EU-weit anerkannt. Genesene, die zusätzlich eine Impfung erhalten haben, gelten ebenfalls nach 14 Tagen als vollständig geimpft und können sich in der Apotheke mit dem Impfpass und dem positiven PCR-Test aus der Zeit ihrer Erkrankung das digitale Zertifikat ausstellen lassen.

Genesene ohne Impfung genießen zumindest für einen gewissen Zeitraum vielerorts dieselben Vorteile wie Geimpfte. In Deutschland ist das sechs Monate lang der Fall, in anderen Ländern kann dies anders geregelt sein. Mit dem positiven PCR-Ergebnis erhält man in Arztpraxen und Apotheken ein Genesenenzertifikat, das ebenfalls in die Covpass-App hochgeladen werden kann.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5361678
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.