Für einen Hundertjährigen ist der Mann verdammt mobil - geradezu allgegenwärtig: Von Tassen, Postern und aus Schaufenstern stiert er die Menschen an. Und keiner hier auf dem Platz kann ihn übersehen.
Salvador Dalí bestimmt das Stadtbild von Cadaqués.
(Foto: Foto: Arnd Petry/dpa/gms)Zu dominant hängt er - schwarz auf weiß - an der Wand jenes Cafés, das alle Casino nennen. Wer angesichts dieser gottähnlichen Gleichzeitigkeit - und dieser Vergleich hätte seinem maßlosen Ego sicher gefallen - behaupten will, ER habe hier seine Spuren hinterlassen, untertreibt: Cadaqués hat Salvador Dalí sein heutiges Aussehen zu verdanken.
Als an dieser Küste der Touristenboom ausbrach, wollten die Stadtoberen - wie andernorts an der Costa Brava auch - Bettenburgen hochziehen. Statt Fisch sollten Besucher das Auskommen sichern. Doch Dalí, dessen Vater aus Cadaqués stammt und der seit 1948 mit seiner Frau Gala im benachbarten Port Lligat lebte, machte seinen Einfluss geltend: Er verhinderte die Verschandelung der "weißen Stadt".
SEIN Vermächtnis
Manch einer wird diese Tat vielleicht als das bedeutendste Vermächtnis des Surrealisten ansehen: Nicht klotzige Hotelbauten, sondern - wie ehedem - die Kirche ist in Cadaqués das höchste Gebäude. Die im Laufe der Jahre gebauten Hotels und Ferienwohnungen verlieren sich in den Gassen, sie fallen höchstens in der Nebensaison durch permanent geschlossene Fensterläden auf.
Und so entspricht ein Blick über die Hafenbucht - am besten abends bei Fisch und Wein - auch heute noch jenen Erwartungen, die mit einer Sehnsucht nach Süden angereiste Touristen unter dem Begriff "mediterrane Atmosphäre" verstehen: Mit geneigten Wänden lehnen die weiß getünchten Häuser aneinander, folgen den Vorsprüngen und Ausbuchtungen der Küstenlinie und fassen schließlich wie ein Paar schützender Hände die Bucht ein, die den dümpelnden Booten einen sicheren Hafen bietet.
Künstler-Treff mit Tradition
Lange vor Dali und vor allem durch ihn war Cadaqués ein Anlaufpunkt für Maler, Musiker und Schriftsteller. In die 1500-Seelen-Stadt kamen beispielsweise Pablo Picasso, Henri Matisse, Max Ernst, André Breton, Paul Eluard, Marcel Duchamp, Man Ray oder Gabriel Garcia Marquez.
Heute pflegen die Geschäftsleute des Ortes diese Vergangenheit als Künstlerkolonie: Neben den üblichen Boutiquen und Andenkenläden mit Dali-Nippes gibt es in den verwinkelten Straßen auch zahlreiche Galerien und Kunsthandwerkgeschäfte.