Süddeutsche Zeitung

Souvenirs, Souvenirs:Ab ins Bett, Tex-Mex-Cowboystiefel!

In einem Hotel in Houston, Texas, sind Stiefel auf dem Bettlaken nicht verboten, sondern sogar erwünscht. Schließlich wird so die Umwelt geschützt.

Stefan Fischer

Mit Stiefeln ins Bett zu gehen, gehört sich nicht. Jedenfalls, wenn das Bett ein fremdes ist. Doch ein Gast hat nun einmal fürchterliche Rechte. Das weiß jeder Gastgeber, der höflich genug ist, Besucher nicht einfach hinauszuwerfen, auch wenn ihm der Sinn danach steht. Ist der Gast gar ein zahlender, wird es erst recht arg. Und je mehr er zahlt, desto arger natürlich. In guten Hotels muss das Personal also immer gewahr sein, dass die Gäste sich allerhand herausnehmen. Ob barfuß oder in boots.

Eine eigenwillige Politik pflegt in dieser Hinsicht das Hotel "Four Seasons" in Houston, Texas. Für gewöhnlich wird dort das Bettzeug jeden Morgen gewechselt, auch wenn der Zimmergast über mehrere Tage hinweg derselbe bleibt. Es sei denn, der Bewohner hat seine Stiefel mit ins Bett genommen.

Just dann nämlich bleiben Laken und Decken an Ort und Stelle. Jedoch nicht aus erzieherischen Gründen, vielmehr ist so ein gemeinhin flegelhaftes Verhalten explizit erwünscht. Weshalb die Hotelleitung denn auch so zuvorkommend ist, in den Zimmern jeweils einen Stiefel vorzuhalten - blank poliert und aus glasierter, garantiert nicht schmutzender Keramik. Sicher ist sicher.

Ein Stiefel genügt, die Gäste sollen damit schließlich nicht auf die Straße, sondern in die Federn. Es genügt sogar, ihn erst nach dem Aufstehen auf das noch körperwarme Kissen zu legen. Als Zeichen für den Zimmerservice, nicht Waschmittel und Energie zu verschwenden für Textilien, die noch gar keine Wäsche nötig haben.

Im Bad kann man den Gästen zumuten, Handtücher auf den Boden zu werfen, die ausgetauscht werden sollen. Im Schlafzimmer wäre das etwas dreist - sie das Bettzeug selbst abziehen zu lassen, wenn sie einen Wäschewechsel wünschen. Deshalb braucht es zur Kommunikation den Stiefel. Etwas typisch Texanisches ist ein solcher - und dass er in Mexiko hergestellt ist, ändert daran nichts. Im Gegenteil: Vier von zehn Bewohnern Houstons sind lateinamerikanischer Abstammung.

Der reichlich zehn Zentimeter hohe, aus Keramik gefertigte "Four Seasons"-Stiefel wird dem gerecht - bei aller amerikanischen Cowboyhaftigkeit ist sein Muster gleichwohl mexikanisch inspiriert.

Man kann diesen Stiefel kaufen, für die kuriose Summe von 5,14 US-Dollar. Und tut damit ein zweites Mal ein klein wenig Gutes, nachdem man bereits sein Scherflein zum Umweltschutz beigetragen hat: Ein Teil des Geldes kommt der Stehlin Foundation zugute, sie betreibt Krebsforschung. Der medizinische Sektor ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Houston, mehr als 100.000 Arbeitsplätze gibt es in diesem Bereich in der Stadt. Entsprechend renommiert sind viele der Krankenhäuser und der Forschungseinrichtungen und fangen Sinnvolles an mit diesen Spenden.

Zurück zu Hause, muss man sich für den Stiefel eine neue Verwendung überlegen - sofern man seinen Haushalt selbst besorgt. Andernfalls könnte das Mitbringsel ein kleines Wunder vollbringen. Und die Kommunikationsprobleme mit der osteuropäischen Putzfrau ein für alle Mal beseitigen.

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Quelle:
SZ vom 24.11.2011/kaeb
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