Süddeutsche Zeitung

Kolumne "Ende der Reise":Geplatzte Urlaubsträume

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Liegen am Hotelpool mit Handtüchern reservieren - macht man nicht. Geht oft auch gar nicht. Aus niederschmetternden Gründen.

Glosse von Stefan Fischer

"Schön wär's!", höhnen jetzt sicherlich alle, deren im Winter gebuchte Urlaubsflüge inzwischen mehrmals verlegt oder sogar komplett annulliert worden sind. Jene Menschen also, die zwar Tickets für Flüge haben, welche nun aber nicht mehr von Köln/Bonn, sondern von Münster aus starten und auch nicht mehr an einem Tag, der sich mit ihrem vor Wochen bewilligten Urlaubsantrag in Einklang bringen lässt. Erst recht werden natürlich jene Menschen sarkastisch aufstöhnen, die längst wissen, dass sie auch diesen Sommer nicht auf Kreta, Djerba oder Ibiza verbringen werden - diesmal nicht wegen der verdammten Pandemie, sondern weil es nicht genügend Menschen gibt, die in der Lage wären, sie auf Sprengstoff zu durchsuchen, Gepäck zu verladen oder ein Flugzeug zu betanken. Vollkommen egal, wann und wo. Von weniger elementarem Service wie jenem, dass Speis und Trank an Bord einer Maschine angeboten werden, reden wir schon gar nicht mehr.

Und auch eine dritte Gruppe wird nur ein verächtliches Schnauben hervorstoßen, wenn die Rede auf Hotelpools kommt: Jene, in denen wider alle Vernunft noch eine vage, verzweifelte Hoffnung lebt, dass, wenn sie im Juli oder August drei, vier Tage auf einem Flughafen campieren, sie doch noch einen Flug in die Sonne ergattern. Es wird an den Gates zu Halluzinationen kommen, wenn dehydrierte Reisewillige der vollständigen nervlichen Zerrüttung entgegensimmern - die mehrtägige Verpflegung einer vierköpfigen Familie muss man sich an einem Flughafen nämlich erst einmal leisten können. Menschen werden sich auf Poolliegen räkeln, die nur in ihrem überhitzten Verstand existieren.

An einem realen Pool in einem realen Hotel auf der realen Urlaubsinsel Teneriffa indessen werden, so ist der Presse zu entnehmen, jeden Tag rigoros Handtücher sowie alle weiteren Gegenstände eingesammelt, mit denen Gäste die Liegen rund um den Pool für sich reservieren. Das mag man richtig finden oder falsch: Schön wär's in jedem Fall, wäre man überhaupt in der erfreulichen Lage, die Anwendung dieser Urlauber-Unsitte konkret in Erwägung ziehen zu können. Tatsächlich schließen sich einige Fragen an: Auf welchen Wegen sind so viele Urlauber nach Teneriffa gekommen, dass die Poolliegen knapp werden? Und woher hat das Hotel genügend Personal, das sich um solchen Kinkerlitz kümmern kann? Die wichtigste Frage allerdings ist: Womit reserviert man eigentlich am besten einen Sitz im Wartebereich von Flughäfen?

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