Süddeutsche Zeitung

Skurrile Reisefoto-Projekte:Zum Glück gezerrt

Zyniker behaupten, man müsse inzwischen nackt Handstand machen, um mit seinen Urlaubsbildern im Netz aufzufallen. Genervte Freundinnen oder Legofiguren gehen aber auch. Fünf sehr spezielle Projekte aus der Welt der Reisefotografie.

Von Katharina Wilhelm

Folge mir! Dieses Fotoprojekt soll entstanden sein, weil Nataly Zakharova auf Reisen genervt von der vielen Fotografiererei ihres Freundes war. Sie wollte in Barcelona vorankommen und zog Murad Osmann hinter sich her. Der knipste trotzig weiter, und so entstand das erste Foto einer Serie, die mittlerweile zwei Millionen Follower auf Instagram hat.

Die Bilder zeigen die beiden auf ihren Reisen um die Welt in der immer gleichen Pose. Vom Fotografen selbst sieht man die ausgestreckte Hand in der seiner Angebeteten, die ihn weiterzieht: immer in Richtung einer bedeutenden Sehenswürdigkeit, vom Eiffelturm über den Corcovado bis hin zu den Niagarafällen. Im Bild links: der Tian Tan Buddha in Hongkong Im Bild rechts: Wasserfälle von Iguazu

Die Muse ist nur von hinten zu sehen, gerne in rückenfreiem Kleid und mit aufwendiger Frisur. Mal trägt sie auch Messis Fußballtrikot (im Camp Nou) oder an der Copa Cabana die brasilianische Flagge und sonst nichts. Im Bild links: ein Pausenhof-Baum auf Bali Im Bild rechts: am Toten Meer, Jordanien

Osmanns Foto- und Bildbearbeitungskünste als Produktionsleiter einer Filmfirma lassen manches Bild wie eine kitschige Fototapete aussehen.

Eine Auswahl der Fotos ist nun sogar ganz analog in einem Bildband erschienen. Im Bild links: im Estádio do Maracanã, Rio de Janeiro Im Bild rechts: Jordanien

Protest mit Po Zyniker behaupten, jetzt müsse man also schon nackt Handstand machen, um unter den Weltreisenden im Internet aufzufallen. Dabei geht es dem "Naked Handstander" gar nicht um sich selbst, wie er auf seiner Homepage beteuert. Im Bild: am Aussichtspunkt Molden in Norwegen

Sondern um die Umwelt. Und um Aufmerksamkeit für einen Missstand. Er protestiert mit seiner artistischen Einlage dagegen, dass immer mehr Produkte ein absichtlich kurzes Haltbarkeitsdatum haben und daher mehr Abfall entsteht. Man solle nur Dinge kaufen, schreibt er, die solide verarbeitet sind, und sie notfalls mit Kreativität und Klebeband flicken. Im Bild: auf der Chinesischen Mauer

Generell ärgert ihn der unverantwortliche Umgang mit dieser schönen Welt, die man auf den Fotos an seinem nackten Hintern vorbei betrachten kann: der Uluru in Australien, die Skyline von Manhattan, der Trolltunga-Felsvorsprung in Norwegen.

Wer er ist, verrät der Naked Handstander nicht - man sieht nur seinen bleichen Leib von hinten. Doch auf seiner Homepage verkündet er die hoffnungsfrohe Botschaft: dass man ihn möglicherweise auch mal von vorne beim Handstand für die Umwelt antreffen kann. Im Bild: vor New Yorks Skyline

Alter Legos Stein um Stein: Seit Craig McCartney 2013 seiner Freundin Lindsey Haggerty zum Geburtstag ein Lego-Paar mit Kamera und Landkarte in Kombination mit einer Reise nach Paris schenkte, inszeniert das schottische Paar seine "Alter Legos" an jedem Reiseort. Im Bild: in New South Wales, Australien

Beim Tomatenpflücken als Backpacker beispielsweise, beim Radfahren in Kopenhagen oder beim Surfen an den Stränden Australiens - die Lego-Figuren tun, was ihre menschlichen Vorbilder auch tun. Im Bild: in Albufeira, Portugal

Diese haben mittlerweile eine eigene Facebook-Seite und eine Homepage für ihre "Lego Travellers" eingerichtet. Auch wurde die Sammlung um Figuren mit anderen Outfits und Requisiten erweitert. Im Bild: vor dem Louvre, Paris

Inzwischen folgen fast 14 000 Menschen via Internet dem gelenkigen Spielzeug um die Welt. Im Bild: in der historischen Tempelstadt Sukhothai, Thailand

Ente auf Reisen Loriot-Fans dürften entzückt sein: Die heiß geliebte Badewannenbegleitung von Dr. Klöbner wächst über sich selbst hinaus. Die Skulptur "Rubber Duck" des niederländischen Künstlers Florentijn Hofman gibt es in mehreren Ausführungen. Im Bild: die Ente in Sydney

Die größte ist 32 Meter lang, bringt es auf eine Höhe von über 20 Meter und wiegt mehr als 600Kilogramm. Die freundlich lächelnden Planschvögel werden auf der ganzen Welt zu Wasser gelassen und sind temporär beliebtere Fotomotive als die bekannten Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Stadt. Im Bild: im See Seokchon, Seoul

Zuletzt machte Rubber Duck in Shanghai Station. Die Fotos des reisenden Gummitiers haben sich seit Beginn der Aktion 2007 im Netz verbreitet und sollen den Menschen schlicht Freude bringen. Im Bild: Die Ente in Peking.

Dem entspricht der Titel des Projekts: "Spreading joy around the world". Im Bild: am Chrysler Museum of Art in Norfolk, Virginia, USA

Füße voran Auch wenn es das perfekt pedikürte, schön beschuhte und ganz offensichtlich weibliche Fußpaar vermuten lassen könnte - hier sind keine Fußmodels auf Reisen, sondern ein englisches Paar, das das Selfie zum "Footie"gemacht hat. Tom Robinson lebt in London und arbeitet als Landschafts - und Porträtfotograf. Im Bild: in Gujarat, Indien

2005 war er mit seiner damals noch neuen Freundin in Brighton und fotografierte seine Füße mit denen der frisch Verliebten im Kiesstrand. Verity ist jetzt seine Frau, und die Motiv-Idee ein Hit im Internet. Mittlerweile hat das Paar zwei Töchter, deren Füßchen selbstverständlich mit ins Bild kommen. Das erste Dreier-Footie entstand bereits kurz nach der Geburt des ersten Kindes im Krankenhaus. Im Bild: vor der St.-Nikolaus-Kirche in Vasilikos, Griechenland

Ansonsten posieren die Füße aber vor allem auf Reisen - ob am Strand von Zakynthos, auf dem Kamelkarren in Gujarat oder im Hostel in Nicaragua. Im Bild: in Machu Picchu, Peru

Durch die aneinandergereihten Beine kann man sich sehr gut dorthin träumen, wo die Besitzer der Füße diese in Szene setzen. Wirkt irgendwie nach glücklichen Reisenden. Viele der mit Weitwinkel aufgenommenen Fotos erzeugen im Betrachter sofort den Wunsch: Da will ich auch hin! Und zwar sofort! Im Bild: Nationalpark Krka, Kroatien

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Quelle:
SZ vom 26.02.2015
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