Skurrile Nachrichten:SZ-Korrespondenten unterwegs

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Mitten in ... Moskau, dpa

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Mitten in ... Moskau

Sie wird beim Finale keinen Ton singen, aber jetzt reden alle auf Dita von Teese ein und die Hauptfiguren schweigen.

Keine Frage an den Komponisten Alex Christensen, der auf dem Podium links neben ihr sitzt. Nur eine Frage an Oscar Loya, den Sänger des deutschen Eurovisionsliedes, der auf dem Podium rechts neben ihr sitzt. Alle anderen Fragen an die amerikanische Burlesquen-Stripperin mit schwarzem Haar, blassem Teint und rotem Lippenstift.

"Sind Sie zu heiß für die Eurovision?" - "Wie sexy werden Sie sein?" - "Werden Sie auf der Bühne wieder in einem Champagner-Glas baden?" - "Werden Sie Deutschland retten?" Nein, sagt sie, "die Jungs werden sich selber retten." Nein, sagt sie, "ein Cocktail-Glas wird es nicht geben." Nein, sagt sie, "sexy zu sein heißt nicht, alles abzulegen." Und damit ist fast alles gesagt.

Frank Nienhuysen, SZ vom 16./17.5.2009

Foto: (Oscar Loya, Dita von Teese,dpa)

Mitten in ... Madrid, Reuters

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Mitten in ... Madrid

Der Unternehmer Florentino Pérez will wieder spiritueller Präsident der Hälfte aller Spanier werden, sprich: den Vorsitz beim Fußballklub Real Madrid übernehmen. Und um dies zu verkünden, lud er die Presse ins Hotel Ritz, die Konferenz wurde live in mehreren TV-Sendern übertragen.

Viele Madrid-Fans sehen in ihm den wahren Heiland, wozu man wissen muss, dass die "Weißen" von Real Madrid a) dabei zusehen müssen, wie der "granatblaue" Erzrivale FC Barcelona alle Pokale abräumt, b) ein größerer Umbau der eigenen Mannschaft nötig ist und Pérez c) trotz Krise offenbar immer noch Milliardär ist.

Auch unter Journalisten gibt es Fans. Einer wollte wissen, wie er, Pérez, sich "als weißer Obama" fühle, ein weiterer, ob er ihm den größten Wunsch überhaupt erfüllen könne: "Mir eine Umarmung zu schenken." Pérez konnte.

Javier Cáceres, SZ vom 16./17.5.2009

Foto: Reuters

Mitten in ... Boulder, oh

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Mitten in ... Boulder

Die Bewohner des Universitätsstädtchens Boulder in Colorado gehören einer Umfrage zufolge zu den fittesten US-Bürgern. Man sieht es: Überall gibt es Fahrradwege, Bio-Läden, es wird gejoggt und in den Rocky Mountains geklettert, man treibt Yoga und schwimmt.

Bei diesem Lebensstil knurrt schnell der Magen. Ich habe Lust auf ein Schokomuffin und gehe in ein Öko-Café.

Der Laden ist voll, ich lasse mich in den einzig freien Sessel fallen. Bestimmt 50 andere Gäste sind in dem Café - aber von ihnen ist nichts zu hören. Jeder ist hier mit seinem Laptop, Blackberry oder iPhone beschäftigt. E-Mails werden getippt, auf Facebook gesurft, Twitter-Nachrichten versandt. Niemand spricht, nur ein Rascheln ist zu hören. Mein Rascheln.

Plötzlich fühle ich mich wie ein Steinzeitmensch: Ich bin der Einzige, der eine Zeitung liest.

Thorsten Schmitz, SZ vom 16./17.5.2009

Foto: oh

Mitten in ... Miami, oh

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Mitten in ... Miami

"Das ist, was Ihr wollt", sagt der junge Kerl am Kartenschalter, er wird es schon wissen. Also: "Guys' Night Out"-Tickets für das Miami-Heat-Spiel, Männerabend beim Basketball. Für 59 Dollar gibt es Karte, Hot-Dog und ein "Meet and Greet mit den Stars". Ein Schwätzchen mit Spieler Dwayne Wade!

Aber es kommt nicht Dwayne Wade. Es kommen Kenya und Jenny, Cheerleader in branchenüblich kurzen Höschen. Hi, sagt Kenya, und darüber hinaus noch, dass sie gern tanzt und auf griechischen Salat steht. "Jetzt das Foto", drängt Jenny, allein: "Die Deutschen haben keinen Fotoapparat dabei." In diesem Fall, rät sie, "einfach den Moment genießen".

Kenya berichtet eh schon einem Koreaner von ihrer Vorliebe für griechischen Salat. Der Hot-Dog war dann sehr schmackhaft, ein vollendeter Wurstgenuss. Man hätte ein Foto von ihm machen sollen.

Roman Deininger, SZ vom 9./10.5.2009

Foto: oh

Mitten in ... Manaus, Sebastian Beck

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Mitten in ... Manaus

Nein danke, aber ich will keine Schlangenhaut kaufen. Eigentlich alles lauter nette Leute hier an Bord der A.Nunes. Die 500 Kilometer von Tefe nach Manaus legt das Schiff in nur 40 Stunden zurück.

Nicht schlecht für eine stinkende Holzbaracke voller Bananen, Fisch und Menschen, die kurz vorm Absaufen ist.

Wir Passagiere schaukeln auf dem Zwischendeck in unseren Hängematten. Meine Nachbarin kratzt sich am Unterarm: Ein ansteckender Virus, raunt sie. Es beginne mit Juckreiz, danach komme das Fieber und schließlich der Durchfall.

Nachts bohrt sich etwas Weiches in meine Nase - der große Zeh des Nebenmanns. Von der Decke fallen schlaftrunkene Kakerlaken herab. Im Wald aus Hängematten verirrt sich ein Kind. Friedlich schnarcht es auf meinem Bauch. Die A. Nunes legt um 4.30Uhr in Manaus an. Pünktlich. Was will man mehr?

Sebastian Beck, SZ vom 9./10.5.2009

Foto: Sebastian Beck

Mitten in ... Buenos Aires, ddp

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Mitten in ... Buenos Aires

Gnocchi sind auch in Argentinien Kartoffelbällchen, man isst sie vor allem am letzten Donnerstag im Monat. Das bringt Glück.

Außerdem stehen die Nocken als Kosenamen für Karteileichen - das Rathaus von Buenos Aires entdeckte gerade die kuriosesten Exemplare an städtischen Stellen.

Im Rahmen einer Langzeitrazzia stieß man auf 6000 Seltsamkeiten der teilweise originelleren Art. So kassierte ein Lehrer monatlich 1700 Pesos (540 Euro), obwohl er seit zwei Jahren tot ist. Ein Priester wurde als Vollzeitkraft einer Klinik geführt. An der kommunalen Bildungsbehörde ist eine Mitarbeiterin registriert, die der Chef zuletzt 1979 gesehen hat. Und eine Lehrbeauftragte arbeitete laut ihrer Angaben an vier Schulen jeweils zehn bis zwölf Stunden pro Tag.

Auf das Personal der Metropole eine Sonderration Gnocchi und weiterhin viel Erfolg!

Peter Burghardt, SZ vom 9./19.5.2009

Foto: ddp

Mitten in ... Straßburg,

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Mitten in ... Straßburg

"Semaine parlementaire?", fragt der Mann. Ich brauche eine Weile, um zu kapieren: Ob ich das Rad für die Sitzungswoche des Parlaments ausleihen will? Nein, nur bis morgen. Er rechnet, acht Euro, wenn ich es bis eins zurückbringe. Hunderte Drahtesel stehen im Untergeschoss des Bahnhofs.

Der Mann reicht mir den Schlüssel, schon fahre ich durch eine blitzblanke Fahrradgarage nach oben. Weiter auf rot markierten und grün beschilderten Trassen durch die Stadt. Ich schließe die Augen und träume, dass mir Münchens OB Christian Ude entgegen radelt. Er schwört, dass er sofort einen Radlverleih am Hauptbahnhof einrichten werde, ein Radlparkhaus, einen Radlweg in der Schwanthalerstraße. Aber Sie wissen doch, flüstert er verschwörerisch, die CSU ...

Es hupt laut, ich blockiere die Straße. Leider kommt auch Straßburg noch nicht ohne Autos aus.

Jeanne Rubner, SZ vom 9./10.5.2009

Foto: AFP

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Moskau

Es wird ein langer, ein sehr langer Flug nach Moskau. Nebenan richten sich zwei ältere Herren ein und öffnen zügig nach dem Start eine Flasche Hennessy.

Der Flug dauert die ganze Nacht, selig dämmern die Russen der Sonne entgegen, das ganze Flugzeug schläft. Die beiden nicht. Sie sind rührend, stecken sich gegenseitig das Beste vom Bordessen in den Mund, erzählen Witze. Ob sie nicht einen Hauch leiser...? - "Aber ja, selbstverständlich."

Sie schütten sich gegenseitig Cognac ein, irgendwann sagt einer: "Komm, wir singen ein bisschen." - Neiiin!! Könnten Sie nicht doch... - "Leiser? Natürlich."

Nach neun Stunden landet der Flieger, der Rest der Maschine rappelt sich hoch, die Herren stopfen die leere Flasche unter den Sitz.

Ja, der Lärm sei tatsächlich unverzeihlich gewesen, sagt einer, "aber verstehen Sie, wir haben Flugangst, anders halten wir es nicht aus."

(SZ vom 25./26.4.2009 / Sonja Zekri)

Foto: iStock

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Amareleja

Der Alentejo ist ein urwüchsiger Landstrich , er wird vornehmlich von Eseln bewohnt. Die meiste Zeit stehen die Esel leutselig unter Pinien herum. Beim Holzkarren-Ziehen auf den einspurigen, staubigen Landstraßen nahe des Windparks Amareleja begegnet der Alentejo-Esel jedoch seinem natürlichen Feind: den wuchtigen Limousinen der portugiesischen Regierung, die mit 220 km/h Richtung Lissabon brettern.

Mit Blaulicht und Sirene fegen sie andere Autos von der Straße. Wenn die Sirene nichts hilft, haben sie noch eine Art Schiffshorn. Das bläst auch Lastwagen in den Graben.

Nimmt der Alentejo-Esel ein aus zehn Metern heranfliegendes Schiffshorn wahr, dreht er gleichmütig den Kopf, wohl, um die Vollbremsung der Limousinen besser verfolgen zu können.

Dann trottet er weiter.

Dieses Land ist sein Land.

(SZ vom 25./26.4.2009 / Roman Deininger)

Foto: Reuters

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Berlin

Der Abendhimmel über Berlin surrt, Menschen nehmen Anfahrt auf Tegel. Der Busfahrer pfeift ein Lied, die Passagiere dösen. Plötzlich prescht ein Taxi heran, es muss ein eiliger Gast darin sein - die Ampel zeigt Rot.

Der Bus geht in die Eisen, sonst hätte er das Taxi wohl zerquetscht. Die Busgäste sind weiß um die Nase, das Taxi flüchtet. Der Busfahrer hätte mehr Dank erwartet: Er nimmt die Verfolgung auf.

Ein Fahrgast will das Kennzeichen notieren, das Taxi ist zu weit weg. Sie teilen sich die Arbeit, wie Harry und Derrick. Der eine fährt, der andere fahndet. "Wo ist er?", brüllt der eine. "Da hinten!", ruft der andere.

Der Bus prescht in die Taxispur, die sich um den Airport windet. Als es zu eng wird, hält der Fahrer und rennt. Ob er das Taxi erwischt hat?

Wir wissen es nicht. Natürlich war das unverantwortlich. Aber es ist ja keinem etwas passiert. Im Gegenteil.

(SZ vom 25./26.4.2009 / Claudia Fromme)

Foto: ddp

Mitten in Absurdistan

Quelle: SZ

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Mitten in ... Irbid

Ah, der Nahe Osten! Auf den Märkten von Irbid biegen sich die Stände unter der Last orientalischer Spezialitäten: Datteln aus Ägypten, Feigen aus dem Jordantal, Weihrauch aus Oman. Hier, im Nordwesten des Landes, grenzt Jordanien an Israel und Syrien. Auf archaischen Handelswegen kamen schon immer die erlesensten Köstlichkeiten in die Stadt.

Und plötzlich: ein Schnellimbiss nur für Schafsköpfe - gesotten, gebraten, mit und ohne Augen, als Suppe oder zum Abnagen mitsamt Kieferknochen. Der Chef kocht vor den Gästen, gerade knackt er einen Schädel mit dem Beil.

Die deutschen Touristen werden bleich. Der Erste, der sich wieder fängt, sagt: "Andererseits - unsere Blutwurst ist auch nicht jedermanns Sache." Die Touristen werden noch bleicher.

Jetzt schnell einen Mokka trinken, mit Kardamom gewürzt - mmh!

(Jochen Temsch / SZ vom 18./19.4.2009)

Foto: dpa

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Mitten in ... Delhi

Planetarien wirken hypnotisch auf den Menschen, der sich im All an der gewölbten Decke verliert. Im angestaubten Planetarium des Nehru Memorial Museum in Delhi ist das nicht anders. Jawaharlal Nehru, erster Premier des freien Indien, war ein Freund der Raumfahrt.

Ihm wird hier gehuldigt. Die Vorstellung ist voll. Über Lautsprecher meldet sich die herrische Stimme des Operateurs am Schaltpult. Er droht, dass "Gentlemen", deren Handys klingeln, des Saales verwiesen würden. Aus Respekt für Nehru?

Nun kommen die Sterne, kommentiert vom Band, unscharf, aber den Leuten gefällt's, sie staunen: "Oh! Ah!" Dann die letzte Warnung vom Schaltpult: "Please, Gentlemen, mehr Haltung!" Danach übermannt es den Operateur.

Übers Mikrofon ist sein Schnarchen so laut, dass man auch das Klingeln eines Handys nicht mehr hören würde.

(Oliver Meiler / SZ vom 18./19.4.2009)

Foto: AP

Mitten in Absurdistan

Quelle: SZ

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Mitten in ... Getafe

Der FC Getafe ist ein spanischer Fußballerstligist aus der Nähe Madrids. Seine Presseabteilung wird von einer ebenso herzlichen wie - manche würden wohl sagen: bombastischen - Frau namens Luz geleitet.

2008 machte Getafe auch von sich reden, weil er den FC Bayern München im Uefa-Pokal fast zum Ausscheiden brachte. Noch immer zehrt der inzwischen abstiegsbedrohte Club von diesem Ruhm. Regelmäßig schauen Japaner, Briten und Argentinier vorbei, und kürzlich war wieder der arabische TV-Sender al-Dschasira zu Gast, um den Schweizer Nationalspieler Celestini zu interviewen.

Die Journalisten warteten gelangweilt im Pressesaal auf den Termin. Bis die Tür aufflog und Luz' Aufruf bei den arabischen Kollegen für Empörung und bei Celestini Verwirrung auslöste. Getafes PR-Dame hatte zur Audienz gebeten wie folgt:

"Die Kollegen von al-Qaida, bitte!"

(Javier Cáceres / SZ vom 18./19.4.2009)

Foto: AFP

Mitten in Absurdistan

Quelle: SZ

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Mitten in ... Peking

"Schnee des Frühlings" nennen es die Pekinger. Weiße Blüten schweben in der Stadt durch die Luft. Ganze Wolken davon. Milliarden federleichte Samen der Weiden und Pappeln.

Als werfe ein unsichtbarer Riese mit Wattebäuschen um sich. Fahrradfahrer müssen sich vermummen. Motorradfahrer verunglücken mit verklebten Brillen. Autos bleiben liegen, weil Pappelwolle den Kühlergrill verstopft hat.

Überall Alarm für Allergiker. Sogar der Schulsport fällt heute aus. Neu ist das nicht. "Qingkuang liuxu, suifeng wu", frivole Weidenkätzchen, im Winde tänzelnd, besang schon der Dichter Du Fu in der Tang-Zeit.

Unter Mao aber haben sie es in Peking eindeutig übertrieben und gleich mehrere Hunderttausend billige Weiden und Pappeln in Monokulturen gepflanzt.

Schnee von gestern also...

Wie poetisch!

Schnief.

Hust.

(Henrik Bork / SZ vom 18./19.4.2009)

Foto: AFP

Mitten in ... Cannes, iStock

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Mitten in ... Cannes

In dieser Woche war wieder Fernsehmesse in Cannes. Fernsehmesse in Cannes bedeutet auch, dass sich TV-Manager und Filmhändler auf Booten treffen, um Gespräche zu führen, die zu Geschäften führen.

Diesmal machte sich Thomas Bellut auf den Weg zum alten Hafen an der Croisette, der Strandpromenade. Der ZDF-Programmdirektor war mit dem Münchner Filmhändler Herbert Kloiber verabredet.

Kloiber hat ein schönes großes Boot. Bevor die Internetblase platzte, steuerten plötzlich Aufsteiger wie die Haffas dickste Schiffe in den alten Hafen von Cannes. Kloiber ist längst wieder der einzige Deutsche unter den internationalen Fernsehseglern in Cannes. Als Bellut nun ausschritt, ihn zu besuchen und gefragt wurde, woran er denn Kloibers Boot erkenne, zeigte er in den Himmel: Am längsten, sagte Bellut, "am längsten Mast".

Christopher Keil/SZ vom 4./5.4.2009

Foto: iStock

Mitten in ... New York, AFP

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Mitten in ... New York

Es gibt viele Verlierer der Krise: Die einen haben ihre Arbeit verloren, die anderen ihr Haus. Am meisten verloren haben wohl die rund 7000 Opfer des Finanzschwindlers Bernard Madoff, was natürlich auch daran liegt, dass sie vorher auch mehr hatten. "Bernie" nahm ja nicht jeden. Doch, wer wollte kleinlich sein angesichts anderer Leute Unglück?

Das dachte sich auch ein Outlet-Laden in Greenwich Village, bei dem zur Zeit "Madoff's Victims Sale" ist. Wer auf den Opferlisten im Internet geführt wird, bekommt 20 Prozent Rabatt. Drei Damen sind nach Auskunft des Besitzers bereits auf diese Geste eingegangen. Eine von ihnen sagte, sie habe sieben Millionen Dollar verloren. Nun muss sie nicht mehr in Lumpen gehen. Sie fand ein Kleid für 100 Dollar.

Ein Werbegag? Nein. "Es kommt von Herzen", sagt Rocco Launi, einer der Angestellten.

Jörg Häntzschel/ SZ vom 4./5.4.2009

Foto: Bernard Madoff, AFP

Mitten in ... Peking, AP

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Mitten in ... Peking

In Peking sieht man wieder die Sonne, der Smog hat sich ein wenig gelegt - Olympia sei Dank. Dafür gibt es einen neuen Makel im glitzernden Business-Viertel. Gleich neben Rem Koolhaas' bombastisch verkantetem Quader (der neuen Zentrale des Staatsfernsehens) ragt der verkohlte Turm des Mandarin-Hotels in den Himmel.

Ausgebrannt am Neujahrstag. Feuerwerk. Sprinkleranlage noch nicht in Betrieb, zu wenig Druck in den Schläuchen. Viele schlechte Gründe. Ein paar Leute wurden verhaftet, es wird von Investitionsbetrug geredet. Und dass der Abbruch schwierig werde, weil die Fundamente der beiden Gebäude miteinander verbunden seien.

Nun könnte die statische Balance gefährdet sein. Ein vertracktes Ding. Das Gebäude-Ensemble sollte eines der neuen Wahrzeichen der Stadt werden. Das ist es nun bereits.

Stefan Kornelius/SZ vom 4./5.4.2009

Foto: AP

Mitten in ... Singapur, AFP

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Mitten in ... Singapur

Die Rezessions-Pizza ist da. So heißt sie hier tatsächlich, ein Lieferdienst wirbt damit in den Zeitungen. Und Singapur steckt nun mal in der ärgsten Rezession seiner Geschichte.

Es ist ein zeitgeistiger Lieferdienst, als Slogan für die Aktion dient: "Yes, we care" - eine Variation von Barack Obamas "Yes, we can". Es gibt sie natürlich frei Haus, die Rezessions-Pizza, ein Gratisgetränk obendrein.

Es gibt sie mit Rind und Peperoni, als Hawaii-Variante oder Margherita. Die "Superkäse" kommt mit einem zusätzlichen Aufschlag von zwei Dollar. Man wäre fast versucht, sich eine "Superkäse" kommen zu lassen, um die kulinarischen Abgründe der Wirtschaftskrise auszuloten.

Aus beruflicher Neugier also. Das Foto aber stillt Neugier und Appetit recht plötzlich, was nicht so super ist.

Mögen wieder bessere Zeiten anbrechen, auch für die Pizza!

(Oliver Meiler / SZ vom 28./29.3.2009)

Foto: AFP

Mitten in ... München, AP

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Mitten in ... München

Am Morgen das Übliche. Warum hat niemand die Spülmaschine geleert? Warst Du nicht dran mit den Pausenbroten, verdammt nochmal?

Es ist nicht einmal acht Uhr, und abgekämpft schwingt man sich aufs Rad, um Münchens miese Laune zu mehren durch Flüche gegen blondierte Mütter in Cayennes, die mit röhrendem Auspuff auf der Grünwalderstraße lebensgefährlich nah überholen; gegen Hundebesitzer am Isarhochufer, deren Köter frech vors Rad springen.

Wie unsichtbarer Äther umhüllt uns das schlechte Karma. Und da steht schon der Bauarbeiter, der an der Reichenbachbrücke das Fähnchen schwenkt. Gestern hat er den Radweg abgesperrt, gleich wird er uns wieder ausbremsen.

Er hebt den Arm - um den mit Geröll beladenen Laster in voller Fahrt zu stoppen. Lächelt, grüßt und winkt uns durch.

Was für eine schöne Stadt heute.

(Jeanne Rubner / SZ vom 28./29.3.2009)

Foto: AP

Mitten in ... New York, oh

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Mitten in ... New York

Amerikas Glamourbibel Vanity Fair porträtiert 19-jährige Schönheiten, Hollywood-Legenden, immer wieder die Kennedys - und Joe Ades, der bis vor kurzem auf New Yorks Straßen Kartoffelschäler für fünf Dollar das Stück verkaufte.

Ades sprach Cockney wie eine Figur aus einem Dickens-Roman, nur war er besser angezogen: Anzüge von Chester Barrie of England, Hemden von Turnbull & Asser - nicht der übliche Aufzug von jemandem, der auf einem Schemel kauernd vor Publikum Gemüse schält. Immerhin musste sich Ades, der in einer Acht-Zimmer-Wohnung an der Park Avenue wohnte, nicht umziehen, wenn er sich abends zum Dinner mit seiner Frau in den besten Restaurants traf.

Nun ist Ades mit 75 Jahren gestorben. Seine Tochter war vorgewarnt: "Es wird kein Geld übrig sein." Sie hat das väterliche Geschäft übernommen.

Jörg Häntzschel/SZ vom 21./22.3.2009

Foto: oh

Mitten in ... Vancouver, AP

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Mitten in ... Vancouver

Vancouver, eine Stadt zwischen Meer und Bergen, ist schon lange für Naturnähe bekannt. Jetzt dürfen sich die Menschen in der kanadischen Westküstenmetropole ein neues Haustier im Vorgarten (oder im Hinterhof) halten: das eierlegende Huhn.

Trotz des Protestes von industriellen Hühnerzüchtern stimmte die Stadtregierung dem urbanen Experiment zu. Sie fand, ein Vorgarten sei allemal besser als Hühnerbatterien. Die Vancouveriten können sich dieser Tage in kanadischen Zeitungen darüber informieren, was die Hühner fressen, wie viele Eier sie legen und wie viel die Tierhaltung im Durchschnitt kostet.

Da es sogar in Vancouvers Stadtmitte reichlich Kojoten und Waschbären gibt, sind robuste Hühnergehege vonnöten. Ob auch Hähne in Kanadas drittgrößter Stadt erlaubt werden, muss das neue Gesetz noch festlegen.

Bernadette Calonego/SZ vom 21./22.3.2009

Foto: AP

Mitten in ... Wien, gemeinfrei

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Mitten in ... Wien

Der Flughafen Wien wirbt gerne damit, wie schnell man von einem Flug zum anderen wechseln kann. Dabei ignoriert die Betreibergesellschaft geflissentlich weltpolitische Feindschaften. Die Passagiere für den Abendflug nach Tel Aviv werden direkt neben den Gästen für den Abendflug nach Teheran abgefertigt.

Verstohlene, irritierte Blicke werden zwischen den Passagieren ausgetauscht, die nach Israel und nach Iran fliegen. Die Passagiere nach Israel zeigen viel Haut. Die Passagiere nach Iran tragen Anzüge, die Frauen verhüllende Gewänder. Ein junger Mann, der am Handy hängt und laut Hebräisch mit seiner Freundin spricht, stellt sich gedankenverloren in die Schlange nach Teheran an.

Ein Passagier aus der Tel-Aviv-Schlange tippt ihn auf die Schulter, zeigt auf die Anzeigetafel und sagt: "Da willst du bestimmt nicht hin."

Thorsten Schmitz/SZ vom 21./22.3.2009

Foto: gemeinfrei

Mitten in ... München, Robert Haas

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Mitten in ... München

High Noon auf einem Schwabinger Bürgersteig. Vom Norden her kommt ein junger Mann auf dem Fahrrad. In der südlichen Richtung benutzen drei Polizisten den gleichen Bürgersteig. Noch haben sie den Radfahrer nicht bemerkt.

Der Radfahrer hat die Polizisten aber auch noch nicht bemerkt. Ja, der muss doch absteigen! Wer einmal von einem Münchner Fahrradkontrolleur angehalten wurde, der weiß: Das kann unangenehm werden. Gerade zu Frühlingsbeginn, wo sie überall hinter Litfaßsäulen hervorspringen, um Licht und Profil zu prüfen.

Im letzten Moment erst schaut der Radler hoch, er sieht die Polizisten, erschrickt, verreißt den Lenker - und fährt fast in die Gruppe hinein. "Wenn Sie schon nicht absteigen, dann fahren Sie uns doch bitte wenigstens nicht um", sagt ein Uniformträger. Dann lachen alle drei. Ein Hoch auf die Polizei.

Martin Zips/SZ vom 21./22.3.2009

Foto: Robert Haas

Mitten in... Paris, AFP

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Mitten in ... Paris

Gleich am Eingang der Tuilerien-Gärten, den Concorde-Obelisken im Rücken, steht neuerdings eine gigantische Plastik des Amerikaners Richard Serra. "Clara, Clara", heißt das Kunstwerk, zwei zueinandergewandte Bögen, riesig und in edel rostendem Stahl.

Es reizt die Sprayer, aber weil jedes Graffito umgehend entfernt wird, wird Claras Jungfräulichkeit stets wiederhergestellt.

So versuchen Touristen eher verschämt, sich auf ihrer Stahlhaut mitzuteilen. Sie drücken ihre Handballen auf die Oberfläche, junge Leute recken die Beine über den Kopf, um ihre Fußspur zu hinterlassen.

Einer zieht die Turnschuhe aus und presst sein Profil mit ausgestrecktem Arm. Ein Parkwächter eilt herbei, zu spät.

Doch bleiben die Graffiti von verwehendem Charme, weil sie sich mit dem Schlamm aus der Pfütze begnügen. Am nächsten Tag sind sie verschwunden.

(Gerd Kröncke / SZ vom 14./15.3.2009)

Foto: AFP

Mitten in ... Prag, dpa

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Mitten in ... Prag

Prag ist eine weltoffene Stadt, doch heißt das nicht, dass man auf dem Wenzelsplatz seine Kuh spazieren führen oder mit ihr demonstrieren darf. Mehrere Bauern, die genau dies taten, haben deshalb vom Staatlichen Veterinäramt eine Anzeige wegen Tierquälerei zu erwarten.

Zusammen mit 8000 Kollegen aus ganz Tschechien und mehreren Nachbarstaaten hatten sie am Donnerstag dagegen protestiert, dass die EU den Milchbauern in den alten und den neuen Ländern der Union unterschiedlich hohe Beihilfen zahlt.

Vor einem Hotel verschütteten sie Milch und Getreide. Alles gut und schön. Aber Kühe durch die Stadt führen? Geht nicht.

Wie sorgt das Staatliche Veterinäramt eigentlich für die Polizeipferde, die bei Demonstrationen manchmal eingesetzt sind? Und wer sorgt sich um die Demonstranten und die Polizisten? Prag ist weltoffen, aber nicht für Kühe.

(Klaus Brill / SZ vom 14./15.3.2009)

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Mitten in ... Wien, dpa

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Mitten in ... Wien

Es kommt doch noch immer wieder mal vor, dass man sich ein Gedicht pflücken kann. Zettelchen an Bäume geheftet, Poesie zum abreißen, Blättchen für Blättchen. Vierzeiler, Sinnsprüche.

Der Zettelpoet wagt sich allerdings nur noch selten an Bäume oder Pfähle in der zentralen Fußgängerzone der Wiener City. Doch da, unverhofft wieder so ein kleiner Fächer Gebrauchspoesie für den Alltag.

Helmuth Seethaler heißt der Mann, dessen Zeilen schon viele gelesen haben, dessen Namen und Werk aber mehr Akten- als Buchdeckel füllt: Ordnungsämter verfolgen seine Dichtung für alle - mit Kaskaden von Anzeigen.

Und doch findet sich immer wieder hier ein Sinnspruch, da ein Poem, irgendwie wächst Herrn Seethalers Dichtkunst überall einfach nach. Den Wienern ginge etwas ab, wäre die Stadt plötzlich völlig literaturfrei.

(Michael Frank / SZ vom 14./15.3.2009)

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Mitten in ... Duisburg, dpa

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Mitten in ... Duisburg

Es kann ungemein nerven, mit Klischees über die eigene Heimat konfrontiert zu werden. Stammt man etwa aus dem Ruhrgebiet und erzählt das jemandem, wird dieser Jemand sagen, dass man dort doch von einer Stadt direkt in die nächste fahre, immer auf der Autobahn.

Vielleicht wird er auch sagen, dass im Ruhrgebiet die Menschen so wunderbar offen seien (was einem selbst nie aufgefallen war).

Am schlimmsten aber sind Menschen, die auf Erwähnung des Ruhrgebiets reagieren, indem sie in eine Art Atze-Schröder-Idiotenslang verfallen, weil sie glauben, man spreche dort so. Und dann neulich das: Nach langer Abwesenheit Ankunft in Duisburg, runter vom Bahnsteig, unten im Geschäft eine Mutter mit Kind.

Kind quengelt, Mutter schreit: "Melanie, komm da vonne Regale weg, wir gehn gezz nach'n Aldi!" Willkommen zuhause.

(Christoph Hickmann / SZ vom 14./15.3.2009)

Foto: dpa

Mitten in ... St. Petersburg, AFP

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Mitten in ... St. Petersburg

Der Tag der Vaterlandsverteidiger, an dem Russlands Männer geehrt und mit Flüssigem beschenkt werden, ist gerade vorüber. Jetzt ist internationaler Frauentag. In Russland blüht die Floristenbranche.

Auf Transparenten, die über große Straßen gespannt sind, trippeln elegante Frauenschuhe als subtile Aufforderung zum Schenken, und jenen, die die Krise noch nicht völlig erledigt hat, bietet die Hochglanz-Beilage von Kommersant Kristallpferde oder Goldringe im sechsstelligen Rubelbereich an.

Den Russen ist der Frauentag sogar einen Feiertag wert. Und weil der 8.März diesmal ein Sonntag ist, wird der freie Tag auf Montag verschoben. Frauen müssen dann nicht arbeiten, und Männer auch nicht. Die Petersburger Studentin Anna Klewez würde gerne arbeiten, als Metro-Fahrerin. Das darf sie aber nicht. Weil sie eine Frau ist. So ist das hier.

Frank Nienhuysen/SZ vom 7./8.3.2009

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Mitten in ... Amsterdam, dpa

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Mitten in ... Amsterdam

Die Stadt schnieft, hüstelt, tränt. Und es scheint, als wolle die Erkältungswelle diesen Winter nicht enden. Zu den unerfreulichsten Seiten des nasskalten holländischen Wetters gehören grippale Infekte. Aber in diesem Jahr soll das Wetter nicht unmittelbar schuld sein, sondern das Rauchverbot in Cafés, Restaurants oder Büros.

Die Raucher verschwinden nämlich aus geheizten Räumen in windig-nasskalte Straßenecken, da stehen sie nun wie Kleinkriminelle, und da sie meist ohne Wintermantel ins Freie eilten, würden sie sich immer wieder erkälten und so die Erkältungswelle neu beleben - das besagt eine in Amsterdam diskutierte Erkenntnis.

Marihuanaliebhaber sind gegen die "Rache der Raucher"gefeit, denn sie dürfen, im Gegensatz zum rauchenden Normalo, weiter in 252 städtischen grippalfreien Drogencafés mit dem Joint tolerierte Kreise in die Luft blasen.

Siggi Weidemann/7./8.3.2009

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Mitten in ... Hinte, dpa

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Mitten in ... Hinte

7000 Einwohner, 1100 Straßenlaternen, ein Bürgermeister. Statistisch hätte die Sache ein Erfolg werden können, hier, mitten in Ostfriesland. Der Bürgermeister hatte die Idee, die 1100 Straßenlaternen Hintes technisch so umrüsten zu lassen, dass sie per Handy eingeschaltet werden können. So wollte er seine 7000 Bürger befrieden, die sauer waren, weil in Hinte am Licht gespart wurde.

Statt um ein Uhr gingen die Lichter schon um 23 Uhr aus. Mit dem Handy-Trick kann nun jeder Bürger, der sich bei dem System anmeldet, die Lampen in seiner Straße für zehn Minuten einschalten. Kann - muss aber nicht.

40 Euro Jahresgebühr soll das kosten, seit Januar läuft das Experiment, man muss sagen, etwas schleppend. Ein (1) Bürger hat sich angemeldet. Der Bürgermeister sagt, es sei trotzdem ein Erfolg. Nur eben nicht statistisch.

Ralf Wiegand/SZ vom 7./8.3.2009

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Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Lima

Die deutsche Vergangenheit ist ein steter Begleiter in Südamerika, sie verfolgt einen an die kuriosesten Orte. Immer mal wieder schwadroniert irgendjemand vom Zweiten Weltkrieg und Alemania.

Kürzlich kaufte ich bei einem Zwischenstopp am Flughafen der peruanischen Hauptstadt Lima ein Hemd, zufällig sogar ein Hemd einer süddeutschen Firma, es gibt da so einen Stand. Der Verkäufer war schwarz gekleidet und hatte kurzgeschorene Haare.

Wir plauderten ein wenig, und als er zum Kassieren zur Kreditkarte den Pass begutachtete, da war er begeistert: "Ah, Alemania", Deutschland! Er sei zwar in Peru geboren, aber seine Eltern seien Kroaten, berichtete er freudig: "Im Krieg waren wir ja auf der selben Seite."

Er murmelte etwas von Ustasha, ich unterschrieb peinlich berührt die Rechnung. Zum Glück wurde der Weiterflug aufgerufen.

Peter Burghardt/SZ vom 28.2./1.3.2009

Foto: ddp

Mitten in Absurdistan

Quelle: SZ

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Mitten in ... Phnom Penh

Eine Szene vor dem Königspalast in Phnom Penh, Kambodscha, 35 Grad, gefühlte 45. Ein buddhistischer Mönch stellt sich in den Weg, bittet um eine Gabe. Schnell soll es gehen, als wäre es ein Geschäft, um die Straßenecke kommt gerade eine Reisegruppe.

"Die Leute geben in der Regel zwanzig Dollar", sagt er und öffnet einen Block mit Quittungen. US-Dollar. "Ach ja, zwanzig? Geht auch weniger?" - "Okay", sagt der Mönch und schaut nervös zur Reisegruppe.

Er will seine Kundschaft um keinen Preis an die einfachen Bettler verlieren, die da auch noch stehen und um ein paar Riel anhalten. "Dann zehn." - "Und fünf?" - "Hier, unterschreiben!"

Für fünf Dollar gibt es ein Amulett, eine grell-gelbe Plastikkarte mit einem Abbild Buddhas auf der Vorderseite und einem roten Ferrari auf der Rückseite. So billig ist weltliches Glück. Der Mönch ist weg, grußlos.

Oliver Meiler/SZ vom 28.2./1.3.2009

Foto: AP

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Finsterwald

Es gibt keinen Grund, warum sich Finsterwald vor dem Rest der Welt verstecken müsste. Gut, der kleine Ort oberhalb von Gmund hat es nicht ganz bis an den Tegernsee geschafft, was aber nicht von Nachteil sein muss. Zumal im Winter.

Wer einmal auf der Finsterwalder Loipe über die sanft geschwungene Landschaft dahingleitet, lässt den See links liegen. Sofern Schnee liegt.

Erwartungsvoller Anruf beim Hotel Feichtner Hof. "Ist die Loipe gespurt?" "Ja, klar", sagt eine Stimme mit Berliner Akzent. "Auch für Skating?" "Ja, sicher."

Vor Ort ist der Ärger groß. Tapfere Rentner pflügen gerade eine Diagonalspur durch den Neuschnee, an Skating ist nicht zu denken. An der Rezeption arrogantes Schulterzucken. "Gestern war'se gespurt", blafft der Angestellte. Im Hinausgehen ruft er hinterher: "Was ist eigentlich Skating?" Bleib im Dunkeln, Finsterwald!

Michael Ruhland/SZ vom 28.2./1.3.2009

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Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Jerusalem

Der japanische Bestsellerautor Haruki Murakami erhält den Jerusalem-Preis im Rahmen der Internationalen Buchmesse und hält eine äußerst schnörkellose Dankesrede.

Mit Blick auf Staatspräsident Schimon Peres, der in der ersten Reihe sitzt, sagt er: "Romanschreiber sind nicht die Einzigen, die lügen. Politiker, entschuldigen Sie Präsident Peres, auch!"

Man habe ihm geraten, wegen des Gazakriegs Israel zu boykottieren. "Ich mache aber gerne das Gegenteil von dem, was man mir rät".

Dann wird er politisch, ohne ein einziges Mal "Palästinenser" zu sagen: "Zwischen einer Mauer und einem Ei, das an der Mauer zerbricht, bin ich immer auf Seiten von dem Ei. Egal, wie gerechtfertigt die Mauer sein mag. Die Mauer sind Kampfflieger und Panzer, die Eier unbewaffnete Zivilisten." Jeder Mensch sei wie ein Ei, eine "unersetzbare Seele in einer fragilen Hülle".

Thorsten Schmitz/SZ vom 28.2./1.3.2009

Foto: AP

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Quito

Sag's doch einfach durch die Blume: Das allein wird an diesem Samstag in Quito nicht reichen. In Ecuadors Hauptstadt floriert am Valentinstag nicht nur der Handel mit Rosen, zarten Dessous und Sushi zum Mitnehmen: Das größte Geschäft mit der Liebe machen hier die Motels.

Sie liegen zwar an hässlichen Ausfallstraßen und ducken sich unauffällig hinter hohe Mauern, doch dahinter versprechen sie Intimität rund um die Uhr. Das ist auch wichtig in einem Land, in dem Unverheiratete bis ins fortgeschrittene Alter über dreißig ganz bequem bei ihren stets wachsamen Eltern leben; in dem es auch mit der ehelichen Treue nicht immer zum Besten steht.

Nicht nur am Valentinstag geht es daher in den Liebesmotels von Quito hoch her: Ähnlich betriebsam, so erzählt ein Taxifahrer bereitwillig, sei der "Tag der Sekretärin".

(Antje Weber/SZ vom 14./15.2.2009)

Foto: AFP

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Moskau

Lange nicht mehr Schlittschuh gelaufen, aber heute muss es sein. Versprochen ist versprochen. In der Nähe gibt es eine Eisbahn, Katok, freigegeben zum kostenlosen Purzeln. Von den Russen purzelt natürlich niemand, denn sie fangen mit dem Schlittschuhlaufen so früh an wie in Deutschland die Kinder, wenn sie mit dem Fußball auf die Mülltonne zielen.

Also hinmarschiert mit den neuen Schuhen unterm Arm, nur ist ausgerechnet heute, unangekündigt, ein Eishockey-Turnier der Kleinen. Dann eben die teure Variante: Roter Platz, eine Eislaufbahn für alle, mit Blick auf den Kreml und die schneebestäubte Basilius-Kathedrale. Eintritt 500 Rubel (mehr als zehn Euro).

Leider nur heute nicht, denn so ist das im Land des Weltmeisters: wieder ein Eishockey-Turnier. Ein niveauvolles Spektakel diesmal, fast so schön wie selber laufen.

(Frank Nienhuysen/SZ vom 14./15.2.2009)

Foto: dpa

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Bogotá

Man kann in Bogotá leicht vergessen, dass immer noch Krieg herrscht in Kolumbien. Die Hauptstadt in den Bergen gehört zu den modernsten Metropolen Lateinamerikas, mit renoviertem Kolonialzentrum und schicken Boutiquen und Restaurants.

Sogar Ansätze eines Verkehrskonzepts mit freien Buslinien und gestaffeltem Fahrverbot für Privatautos ließen sich vernünftige Bürgermeister einfallen.

Die Schlacht zwischen Armee, Guerilla und Paramilitärs tobt hier hauptsächlich in Buchläden, Zeitungen und Fernsehen. Bogotá gilt in seinem wohlhabenderen Teil als so sicher wie lange nicht. Doch in den besseren Gegenden stehen an jeder Ecke Soldaten mit Maschinengewehren. Und vor den beliebten Einkaufszentren und edleren Adressen gehen auffällig viele Männer mit Hunden Gassi. Die Tiere schnüffeln. Nach Sprengstoff.

(Peter Burghardt/SZ vom 14./15.2.2009)

Foto: AFP

Mitten in Absurdistan

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Mitten in ... Wien

Die Wiener singen gern Lieder über den Tod, samstags beim Heurigen etwa. Sonntags schlendern sie über den Zentralfriedhof, und wenn sie einen Toten "eine schöne Leich" nennen, ist das anerkennend gemeint.

Die Begeisterung für die Vergänglichkeit des Lebens tobt sich nun auch in Gestalt eines vier Meter großen Totenkopfs aus, der seit Wochen in der Innenstadt steht, im Kreisverkehr am Karlsplatz.

Die Dame, die beim Supermarkt gegenüber an der Kasse sitzt, findet das "ganz charmant, er gehört ja dazu zu unserem Leben, der Tod" - dabei weiß sie gar nicht, dass in dem Totenkopf eine Sauna eingebaut ist und ein Whirlpool und dass aus den Wangenknochen ein funktionsfähiger Duschkopf ragt.

Bis März steht das Werk am Karlsplatz, dann soll es verkauft werden. Irgendein Wiener wird dann dem Tod auch noch in der Sauna huldigen.

(Angelika Slavik/SZ vom 14./15.2.2009)

Foto: AP

Mitten in ... Tokio, AFP

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Mitten in ... Tokio

Asashoryu hat wieder ein Turnier gewonnen: seinen 23. Kaiser-Cup. Und wieder ist der mongolische Sumo-Star gerüffelt worden: diesmal wegen übertriebenen Jubels.

Erst schrieben die Zeitungen, er sei außer Form. Dann wunderten sie sich, wie leicht er siegte. Nun, als er wieder gewonnen hatte, riss er mit Tränen in den Augen beide Arme hoch. Das war der Sumo-Vereinigung des Jubels zu viel.

Sie zitierte seinen Stallmeister und las ihm die Regeln vor. Laut jubeln, sagten sie, das geht nicht. Asashoryu hat es nicht leicht. Er ist schon gerügt worden, weil er öffentlich einen Anzug trug statt der Sumo-Yukata. Und weil er sich um ein Show-Turnier drückte. Dafür wurde er sogar gesperrt.

Die Sumo-Oberen drücken beide Augen zu, wenn es um Doping und Gewalt geht. Doch mit dem Mongolen Asashoryu haben sie immer ein Problem.

Christoph Neidhart/SZ vom 7./8.2.2009

Foto: AFP

Mitten in ... Dubai, Reuters

Quelle: SZ

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Mitten in ... Dubai

Raucher haben es schwer. Weltweit. Besonders schlimm ist es auf Flughäfen. Während des Fluges steigt die Nervosität. Nach der Landung die irre Suche nach einer Möglichkeit, sich endlich die Nikotinzufuhr zu verschaffen, die Kaugummis und Pflaster längst nicht mehr liefern.

Landung nach 6,5 Stunden auf dem Dubai International Airport. Vordrängeln, aus der Luke hetzen. Dann die verzweifelte Suche nach einem Raucherraum. Nach gefühlten zehn Kilometern einen gefunden.

Davor Wachleute, damit auch wirklich niemand draußen qualmt. Drinnen etwa acht Quadratmeter Platz, bis zum Anschlag gefüllt, Sichtweite ein halber Meter. Kommentar unter hustendem Gelächter: Da braucht man sich selbst keine mehr anstecken. Wenige Meter entfernt ein Irish Pub, zur Zigarette wird kaltes Bier serviert. Gute Luft. Die Kneipe hat keine Decke.

Lars Langenau/SZ vom 7./8.2.2009

Foto: Reuters

Mitten in ... New York, AFP

Quelle: SZ

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Mitten in ... New York

Poster Boy ist gefasst! Die Stadt ist wieder sicher. Sicher vor verstümmelter Werbung in der U-Bahn. Und vor subversiven politischen Collagen, die Poster Boy aus den mit der Rasierklinge zerschnittenen Plakaten macht.

Auf YouTube hatte Poster Boy seine Manifeste veröffentlicht - und die brachten die Polizei auch auf seine Spur. Nun, so behauptet sie zumindest, habe sie den gefürchteten U-Bahnschlitzer und Politkünstler bei einem Kunstevent in Soho erwischt.

Doch ob Henry Matyjewicz, der nach einer Nacht gegen Kaution aus Rikers Island freikam, wirklich der Mann ist, den sie suchten, ist nicht so klar. Seit der Festnahme meldeten sich alle möglichen Leute und behaupteten, Matyjewicz sei nur einer von vielen. Poster Boy sei sehr froh über die Festnahme: mehr Öffentlichkeit, mehr Presse. "Jeder kann Poster Boy sein".

Jörg Häntzschel/SZ vom 7./8.2.2009

Foto: AFP

Mitten in ... Vaduz, AP

Quelle: SZ

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Mitten in ... Vaduz

Heute sind es Chinesen, die die Fußgängerzone in Vaduz auf der Suche nach Souvenirs durchstreifen. Das beliebteste Mitbringsel sind mit Abstand: Briefmarken. In der Fußgängerzone scheint es, als habe der Staat Liechtenstein mit seinen 35000 Einwohnern nie etwas anderes hergestellt und verkauft. Neben dem klassischen Druck mit Profilen des Fürstenhauses findet auch sonst alles auf den Marken Platz, was zum Zwergstaat gehört: Vogelwelt, Bergwelt, Naturwelt.

Dazu kommen ausländische Raritäten - afrikanische Serien ehren immer noch Prinzessin Diana, kleine Abstraktionen gelten unbekannten, südamerikanischen Feiertagen.

Die knisternden Zellophantütchen sehen aus wie Mosaike aus Papier und verlassen den Laden im asiatischen Einkaufsbeutel. Kleine Bilder aus dem kleinsten Staat Europas. Das ist es, was heute in Vaduz zählt.

Catrin Lorch/SZ vom 7./8.2.2009

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Mitten in ... Moskau, dpa

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Mitten in ... Moskau

Meist stoppen ja ameisengroße Schigulis, für die die Abwrack-Prämie 30 Jahre zu spät kommt. Aber manchmal passiert auch dies, wenn man ein Taxi sucht: Eine Limousine öffnet die Tür, die Sitze sofa-dick, der Sicherheitsgurt...

Der Fahrer zeigt auf eine Marke hinter der Scheibe, irgend etwas Offizielles. "Ich fahre sie alle", trumpft er auf, "Putin, Medwedjew, Luschkow. Alle." - Ah. Und? - "Was glauben Sie, was auf dem Rücksitz los ist, wenn die ihre Mädchen mitbringen." - Moskaus Bürgermeister Jurij Luschkow verführt Frauen wie im Autokino? Der Mann ist 72! - "Aber natürlich. Wenn ich's doch sage!" - Kontrollfrage: Und, wie sind sie sonst, Russlands Alphatiere? - "Was heißt sonst?" - Sind sie höflich, arrogant, so rein menschlich? - Kurzes Innehalten: "Menschlich? Keine Ahnung, was sie meinen."

Na, jedenfalls sitzt man hier recht bequem.

Sonja Zekri/SZ vom 31.1./1.2.2009

Foto: dpa

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