Skifahren in Südtirol:Riesentorlauf Gardenissima und Bilder vom Berg

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Das wichtigste Verdienst des verstorbenen Seniorchefs Gianni Marzola war aber nicht die Idee mit dem Fisch, sondern sein Einsatz für den gebietsübergreifenden Dolomiti-Super-Ski-Pass, mit dem man heute insgesamt 1200 Kilometer Pisten in den Dolomiten nutzen kann. Eine smarte Idee, die das größte Skigebiet der Welt geschaffen hat.

So ein Skizirkus erlaubt es praktischerweise auch, bei Überfüllung der Comici-Hütte problemlos eine andere der zahlreichen Hütten im Grödner Tal anzusteuern. Also geht es von der Comici-Hütte erst einmal runter zur berühmtesten Piste des Tals, der Saslong, alljährlich im Dezember Austragungsort eines Weltcup-Rennens.

Die Piste hat es in sich mit Steilpassagen, den Kamelbuckeln, die zu waghalsigen Sprüngen verleiten, und gut 800 Metern Höhenunterschied. Da wächst der Hunger. Eine weitere Auffahrt von St. Christina zur Station Ciampinoi ist nötig, um über die rote Alternativpiste zur Saslong das Rifugio L'Muliné anzusteuern.

Gröden Südtirol St. Ulrich St. Christina Pistenplan Winter Skigebiet Sella Ronda

Ausschnitt des Pistenplans rund um St. Christina und St. Ulrich: oben rechts finden Sie auf der Fahrt von Ciampinoi zum Sellajoch die Steinerne Stadt; die Abfahrt "La Longia" führt links von der Seceda und unterhalb von Raschötz bis nach St. Ulrich. Eine große Karte finden Sie hier.

(Foto: valgardena.it)

Ein junger Mann spielt an diesem Sonntag in der Hütte Gitarre; so gut, dass fast jedes Mahl schmecken würde. Hier gibt es aber keinen Einheitsbrei, sondern Genuss, beispielsweise dreierlei Polenta oder zur Nachspeise Topfenknödel. "Die sind ganz was Feines", beteuert Wirtin Heidi Delazer, und sie übertreibt nicht. Ihre Köche Domenico Pedula und Reinhard Lageder verstehen ihr Geschäft: Sie kombinieren Südtiroler Küche vom Feinsten mit zurückhaltendem Hüttenambiente.

Darüber könnte man das Skifahren vergessen, sollte es aber nicht. Auf der gegenüberliegenden Südseite des Tals warten lange Abfahrten und dazu ein Höhepunkt für Freunde der Bergliteratur und naturalistischen Malerei. Am Col Raiser hat Hansi Schenk, Eigentümer der Col Raiser Bahn, im Souterrain der Bergstation seine Privatsammlung ausgestellt. Zu sehen ist der klassische röhrende Hirsch vor einer Bergkulisse, sind wuchtige, romantische oder feine Bergbilder, viele aus dem späten 19. Jahrhundert. Darunter befinden sich Werke von Eduard Harrison Compton, der 1881 in Feldafing am Starnberger See geboren wurde und sein Leben dem Malen alpiner Szenen widmete.

Wie sich die Darstellung der Berge änderte und auch den Zeitgeschmack reflektiert, zeigt die beeindruckende Sammlung von Ausgaben der Sonntagszeitung La Domenica del Corriere. Die Zeitung präsentierte alle Dramen der Berge in gemalter Form, bis hin zur Tragödie am Monte Bianco, bei der 1961 ein Flugzeug in eine Seilbahn flog.

Informationen Grödner Tal

Pistennetz im Grödner Tal: 175 Kilometer, davon 52 Kilometer (30 Prozent) leicht, 105 Kilometer mittel (60 Prozent), 18 Kilometer schwer (10 Prozent).

Mit der Sella Ronda hat man Zugang zu den Tälern Alta Badia, Arabba/Marmolada und Val di Fassa mit insgesamt 500 Kilometern Pisten und 200 Liften. Der Dolomiti Superski Pass umfasst in der gesamten Region 1200 Kilometer Pisten.

Museum Gherdëina in St. Ulrich, www.museumgherdeina.it

Hütten: Raschötz, www.resciesa.com; Costamula, www.costamula.com; L'Muliné, www.l-muline.com; Col Raiser, www.colraiser.com

Weitere Informationen zum Grödner Tal unter www.valgardena.it.

Draußen vor der Bergstation sind die Gedanken an solche Dramen schnell verflogen. Denn vom Gipfel der Seceda aus bieten sich zwei lange Abfahrten an. Die eine heißt passenderweise "La Longia" und führt zehn Kilometer weit hinunter nach St. Ulrich, direkt am geschmackvoll restaurierten Hof Costamula vorbei, der einen weiteren Stopp wert ist.

Die Seceda ist zudem Startpunkt der Gardenissima: Dieser längste Riesentorlauf der Welt findet jährlich im Spätwinter statt, es nehmen Rennläufer sowie ambitionierte Skifahrer teil. Die Strecke ist auch für gewöhnliche Skifahrer wunderschön: Vom Gipfel der Seceda auf 2518 Meter über Normalnull geht es sechs Kilometer lang hinunter zur Plan de Tieja auf 1485 Metern Höhe. Weite Hänge wechseln mit schmalen Passagen, in denen man sich fast wie in einem Eiskanal fühlt. In den Felsen darüber verbergen sich Fossilien. Die geologischen Besonderheiten der Region zogen schon vor 200 Jahren Forscher an, unter anderem den französischen Naturwissenschaftler Déodat Gratet de Dolomieu. Er gab den Dolomiten ihren Namen.

Wie geologisch vielfältig das Grödnertal ist, zeigt das Museum in St. Ulrich. In den Vitrinen liegen steinerne und versteinerte Schätze ausgebreitet. Im oberen Stockwerk des Museums erlauben eine neu konzipierte Luis-Trenker-Ausstellung samt Original-Wohnzimmer sowie ein Blick auf die Grödner Holzschnitzkunst weitere Einblicke in Leben, Wirtschaft und Kultur des Tals. Das Kunsthandwerk, die Puppen und die Schnitzerei sicherten bis zum Ersten Weltkrieg der Hälfte der Bevölkerung das Auskommen, erzählt Paulina Moroder. Zum Museum Gherdëina, wie es in der ladinischen Sprache des Tales heißt, kann man übrigens auch per Ski gelangen - sofern man nichts gegen eine kleine Tragestrecke durch den Ort hat.

Von St. Ulrich aus führt eine erst wenige Jahre alte Standseilbahn hinauf zum äußersten Punkt des Skigebiets, auf die Raschötz. Wer sich ein Bild davon machen will, welche touristischen Unternehmungen Luis Trenker in seiner Heimat anstieß, sollte diesen Winkel weitab der größeren Skipisten auch noch erkunden. Den Vorläufer der Bahn bauten 1954 Trenker und der Großvater des jetzigen Eigentümers Peter Comploj. Heute schnurrt die moderne Standseilbahn leise in acht Minuten hinauf auf die Raschötz. Dort kann man ein weiteres Mal gut essen und auch übernachten, hoch über dem Tal beinahe im Sternenhimmel. Ein Ort, an dem Geschichten über zaubernde Zwergenkönige und Filmmärchen noch glaubwürdiger sind.

Die Reise wurde unterstützt von Val Gardena Gröden-Marketing.

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