Süddeutsche Zeitung

Skifahren in Italien:Skigebiet Hochpustertal

Das italienische Hochpustertal bietet Langlaufen und Skifahren vor wunderschönem Bergpanorama. Es lohnt sich aber auch, einen Kulturtag einzuschieben.

Von Stefan Herbke

Aller Anfang ist schwer, das gilt auch oder ganz besonders für das Hochpustertal - zumindest was den Skilauf betrifft. Denn die Kulisse braucht keine Vergleiche zu scheuen, die schroffen Dolomitengipfel mit Zehner, Elfer und Zwölfer - der berühmten Sextener Sonnenuhr -, den mächtigen Felsriffen von Dreischusterspitze und Haunold sowie den Drei Zinnen - die sich allerdings gut hinter den Nachbargipfeln verstecken - zog schon früh zahlreiche Gäste an, die aus dem Staunen kaum mehr herauskamen. Besonders dramatisch zeigen sich die Dolomiten über dem grandiosen Fischleintal bei Sexten, hier könnte man stundenlang sitzen und staunen.

Für Wanderer und Langläufer war das Hochpustertal schon früh ein lohnendes Ziel, für Skifahrer wurde erst im Winter 1948 eine erste Aufstiegshilfe in Innichen installiert. Mit einer Winde zog man einen Schlitten mit Platz für bis zu 15 Personen am Sonnenhang bis unterhalb des Bauernhofes Pircher und später weiter westlich bis zum Innichberger Hof Gutmann. Doch der Widerstand der Bauern, die Mist auf den Schnee streuten, und die Sonneneinstrahlung sorgten dafür, dass nach einem neuen Standort Ausschau gehalten wurde.

Der Haunold bei Innichen

Am 6. Januar 1956 wurde schließlich gegenüber am Haunold ein Einersessellift eröffnet, doch auch hier gab es Probleme. Zum einen fehlte ausgerechnet in diesem Winter der Schnee, zum anderen führte keine Piste ins Tal. Die Innichner begründeten dies damit, "dass zuerst einmal die Gäste kommen sollen und man dann schon eine Piste anlegen wird".

Die Anfangsprobleme sind längst Schnee von gestern, mittlerweile gibt es am Haunold gleich mehrere breite, fast autobahnähnlich ausgebaute Schneisen, auf denen man gemütlich talwärts schwingen kann. Groß ist das Skigebiet auch heute noch nicht, der Höhenunterschied der zehn Kilometer Abfahrten beträgt maximal 400 Meter.

Bergauf geht es am schnellsten mit einer kuppelbaren Vierersesselbahn, daneben gibt es vier Schlepplifte, zwei Hütten und eine Rodelbahn. Kurz: Der Haunold ist ein überschaubares, gemütliches Familienskigebiet, in dem keiner verloren gehen kann.

Helm

Die größte Pistenauswahl des Hochpustertals bietet das Skigebiet Helm über Sexten. Wobei vor dem Skifahren erst einmal Schauen angesagt ist. Genau im richtigen Abstand zu den Felszacken der Sextener Dolomiten ist die Aussichtskanzel platziert, um Haunold, Dreischusterspitze, Zwölferkofel oder die Rotwandspitze zu bestaunen. Einfach großartig diese Kulisse, genauso wie die drei langen Talabfahrten. Schon die sonnige Abfahrt nach Sexten ist ein Traum, wobei viele vor den steilen Skiwiesen im Schlussteil erst einmal in der gemütlichen Lärchenhütte hängen bleiben und sich dort mit einer leckeren Polenta stärken.

Wie ein Kanonenrohr zieht die klassische Talabfahrt "Helm-Vierschach" nach Obervierschach, dem nahe der österreichischen Grenze führenden Seiteneinstieg, durch Waldschneisen talwärts, nur ein bequem zu umfahrender Steilhang fordert massiven Kanteneinsatz, ansonsten kann man seine Bretter einfach gleiten lassen.

Eine Herausforderung für die Oberschenkel ist dagegen die neue, tiefschwarze Piste "Raut", die ohne Umwege der Falllinie folgt und unterhalb der Gondelbahn nach Obervierschach führt. Ein echter Knaller, aber nicht typisch für das Skigebiet. Der Großteil der insgesamt 20 Kilometer Pisten rings um den Hahnspiel, der etwas höhere Helm ist nur Namensgeber des Skigebietes, ist leicht bis maximal mittelschwer - echte Genusspisten mit großartigem Panoramaausblick.

Die Rotwandwiesen bei Sexten

Zum Greifen nah stehen die mächtigen Felswände der fast 3000 Meter hohen Rotwandspitze über den idealen Skihängen der Rotwandwiesen, ein Kontrast, wie er größer kaum sein könnte. Dort die senkrechten Felsen, und hier - ohne Übergang - die sanften Wiesen, auf denen Anfänger problemlos ihre ersten Schwüngen ziehen können. Die Abfahrten im Bereich der auf knapp 2000 Meter Höhe gelegenen Gondelbahn-Bergstation sind einfach bis mittelschwer, anspruchsvoller sind nur die Talabfahrten. Und wer statt der rot markierten Variante die direkte Linie wählt, findet mit der "Holzriese" eine echte schwarze Piste, die seit dem Winter 04/05 durch einen neuen, steilen Starthang ("Holzriese I") deutlich aufgewertet wurde.

Rasant ist die "Talabfahrt" auch für Rodler, in vielen Serpentinen geht es über gut 550 Höhenmeter von den Rotwandwiesen bis zur Talstation bei Moos. Die Lage im Schatten der Rotwandspitze hat allerdings einen Nachteil: Im Hochwinter wird man manchmal fast sehnsüchtig auf die sonnigen Pisten am Hahnspiel schauen. Dafür hält sich der Schnee im Skigebiet Rotwandwiesen besonders gut.

Kreuzbergpass

Gerade einmal zwei Schlepplifte laufen auf dem 1636 Meter hohen Kreuzbergpass, der Verbindung ins nahe Piavetal; ein Angebot, für das allein keiner den weiten Weg hierher auf sich nimmt. Doch wer in Sexten eine Woche Skiurlaub macht, ist dankbar für die schneesicheren Hänge auf der Passhöhe. Neben Helm, Haunold und Rotwandwiesen findet er hier nämlich ein viertes Skigebiet, und damit ein weiteres Pistenangebot für einen abwechslungsreichen Skiurlaub.

Die schneesicheren Abfahrten sind mittelschwer, eignen sich aber genauso für Skianfänger, Kinder und Könner, schließlich hat hier einst sogar Marc Girardelli trainiert. Skiwege stellen die Verbindung zu den Rotwandwiesen her, so dass man problemlos wechseln kann und so insgesamt knapp acht Kilometer Abfahrten zur Auswahl hat.

Ein Paradies auch für Langläufer

Im Hochpustertal können Langläufer süchtig werden. Abseits der vielbefahrenen Straße durch das Pustertal gleitet man durch Wälder und über Wiesen, im Augenwinkel zieht die großartige, sich immer wieder ändernde Dolomitenkulisse vorbei und treibt einen an. Weiter, immer weiter, man möchte einfach wissen was hinter der nächsten Biegung kommt oder in einem der Seitentäler. Insgesamt gilt es 200 Kilometer abzulaufen, und wer vom Pustertal abbiegt ins Höhlensteintal, nach Innerprags oder Sexten mit dem Fischleintal, der kommt den eleganten Felsgipfeln der Dolomiten ganz nah.

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