Der viel besuchte Gardasee ist nicht weit entfernt, und doch kennt kaum einer die Hochebene von Folgaria im Trentino. Im Winter kommen hierhin vor allem Urlauber, die sich nicht in riesigen Skiarealen mit Après-Ski-Remmidemmi verlieren wollen.
Der kleine Ort liegt in 1169 Metern Höhe auf einem Hochplateau in den Trentiner Voralpen, dem "Altopiano di Folgaria, Lavarone e Luserna". Das Skigebiet ist ruhig und überschaubar, und es gilt wegen der Hilfe von Schneekanonen bis Ende März als schneesicher.
Die leichten und mittelschweren Pisten erstrecken sich insgesamt über 72 Kilometer und ermöglichen ein gemütliches Skifahren. Außerdem ist Folgaria ein Skigebiet mit himmlischem Segen: In der Wallfahrtskirche Santa Maria delle Grazie wacht die Schutzpatronin der Skifahrer - Italiens einzige Madonna, die sich um Pistenfans kümmert.
Nach dem Skilaufen flanieren die überwiegend italienischen Gäste auf der Hauptstraße von Folgaria, die streckenweise autofrei ist. Hier gibt es keine eleganten Designer-Boutiquen, stattdessen säumen Gaststätten, Cafés und kleine Geschäfte den Weg.
Im Laden von Familie Cappelletti gibt es schon seit 100 Jahren den ortstypischen Speck zu kaufen. Und in der Konditorei lässt sich die lokale Spezialität "Zelten" probieren, ein flacher Kuchen mit Mandeln und Rosinen.
Langläufer schnallen sich die Ski auf dem "Passo Coe" an. In rund 1600 Metern Höhe befindet sich das Langlaufzentrum von Folgaria. "Unsere 35 Kilometer Loipen gefallen besonders den Naturliebhabern", erklärt der Skilehrer Livio Vuerich. "Hier kann man skaten mit Panoramablick."
Nahe der Liftstation Fondo Grande sind dagegen Motorengeräusche zu hören: Autos brausen durch den Schnee, rasant nehmen sie die Kurven des Parcours. "Wir unterrichten sicheres Fahren auf Eis und Schnee", sagt Mattia Angolini. Der Rennfahrer gibt seinen Fahrschülern präzise die Anweisungen: "Bremsen, Gas, gegenlenken!"
Eine leise und langsame Art der Fortbewegung ist dagegen das Schneeschuhwandern. Damit stapfen die Touristen durch die verschneite Winterlandschaft, ohne sich an Wege halten zu müssen.
Beim "Coe Pass" ist weit und breit kein Mensch zu sehen. Nur Bäume, Berge und Ruhe - und einige verlassene Militärgebäude. "Hier hatten die Amerikaner im Kalten Krieg einst Atomraketen stationiert", erzählt Fernando Larcher vom lokalen Tourismusbüro. "Bald soll daraus ein Museum entstehen."
Spuren vom Krieg
Kriegsspuren sind in der Gegend viele zu finden. Im Ersten Weltkrieg verlief hier die Frontlinie zwischen Österreichern und Italienern. Die einzige noch vollständig erhaltene Festungsanlage "Forte Belvedere/Werk Gschwent" ist das meistbesuchte historische Museum im Trentino.
"Dies war 1914 eine sehr moderne Militärfestung aus Stahl und Beton", erläutert Museumsdirektor Christian Prezzi. Er führt Touristen durch endlos wirkende Gänge des 200 mal 100 Meter großen Gemäuers und zeigt Stuben, Schaltzentralen und Leichenkammern.
Zwischen Museumsbesuch und der Rückkehr auf die Skipiste bietet sich eine Rast in einem Bergrestaurant an. Im "I due camini" serviert die Wirtin "Canederli", Knödel mit Speck. Dazu wird ein Glas Marzemino getrunken. Dieser fruchtige Trentiner Rotwein ist in aller Welt bekannt, auch in Mozarts Oper "Don Giovanni" kommt er vor.
Pause im Honigmuseum
Ein Skibus fährt gratis ins zwölf Kilometer entfernte Lavarone, wo der Skipass von Folgaria ebenfalls gilt. Skilehrer Fredi Oettl leitet hier seine Skigruppe am zugeschneiten See Malga Laghetto vorbei unter anderem zur "Weißen Fichte des Prinzen": Der 56 Meter hohe Baum gilt als die höchste Fichte Europas.
Wer eine Skipause einlegen möchte, kann im Honigmuseum von Domenico Marigo vorbei schauen. Der 71-Jährige zeigt mit Begeisterung seine Sammlung von rund 70 historischen, teils kuriosen Imkerkästen und -körben. Wie Honig eignet sich auch Käse gut als Mitbringsel. Die Latteria in Lavarone produziert und verkauft den Vezzena-Bergkäse.
"Dieser Rohmilch-Käse ist bei uns schon seit dem Jahre 1300 dokumentiert", erzählt Käsermeister Rudolfo Bertacchini. Jenseits von Pisten und kulinarischen Spezialitäten bietet die Gegend auch eine kulturelle Kuriosität. Im 300-Seelen-Ort Luserna bewahrte sich das Zimbrische. "In 800 Jahren hat sich Zimbrisch als eigene Sprache entwickelt", erläutert Bürgermeister Luigi Nicolussi.
"Heute kämpfen wir gegen ihr Aussterben." Wer im Café am Hauptplatz die Ohren spitzt, kann die Einheimischen Zimbrisch sprechen hören - die Laute klingen wie eine Mischung aus Bayerisch und Schwyzerdütsch.
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