Skifahren in Italien:Sella Ronda, Tour durch die Skigebiete in den Dolomiten

Die Sella Ronda in den Dolomiten ist die beliebteste Skilifttour der Alpen. Alles ändert sich hier ständig: die Pisten, der Schnee, das Panorama.

Jochen Breyer

Parampampoli, sagen die Ladiner, die Ureinwohner der Dolomiten, mache das Leben leichter. Sie müssen es wissen, denn ihr Leben war nicht immer leicht. Vor vielen Jahrzehnten, als die Ladiner noch nicht vom boomenden Tourismus lebten, mussten sie knüppelhart arbeiten, morgens und abends Kühe melken und tagsüber die steilen Bergwiesen beackern.

Ein zermürbender Lebensrhythmus. Sie erfanden ein Heilmittel gegen das Rückenweh, die Gliederschmerzen und die unendliche Müdigkeit: Parampampoli.

Parampampoli klingt im ersten Moment wie der Name eines Zirkusclowns. Das ist gar nicht so falsch, denn es macht reichlich lustig, und auch die rote Nase stellt sich ein.

Ein Clown aus der Flasche

Aber Parampampoli ist ein Getränk, eine Mischung aus Grappa, Wein und Kaffee. Das brauten sich die ladinischen Bauern einst zusammen, und am Ende der harten Arbeitstage tranken sie es in ihren Scheunen und waren glücklich und lustig. Deshalb ist Parampampoli so etwas wie ein Clown aus der Flasche.

Heute ist Parampampoli der ladinische Nationaltrunk, es wird kommerziell gebraut und sogar in Supermärkten verkauft. Nur auf manchen Berghütten gibt es noch Parampampoli nach dem ursprünglichen Rezept aus der Scheune. Allein deshalb sollte man den Weg auf sich nehmen und die Sella Ronda besuchen.

Natürlich ist die Sellarunde nicht nur wegen eines Rachenputzers die beliebteste Skilifttour der Alpen. Sondern weil sie mit dem ehernen Prinzip des Skifahrens bricht. Skifahren, das heißt meistens: Rauf und wieder runter und wieder rauf und wieder runter.

Die Sella Ronda ist, wie der Name sagt, eine Runde, auf der man vorankommt, eine Skitour. Man fährt den ganzen Tag, muss aber keine Piste zwei Mal fahren. "Hier wird einem nie langweilig, weil sich die Umgebung ständig ändert", sagt Livio Gabrielli vom Fremdenverkehrsamt Fassatal.

Majestätische Silhouetten

Alles ändert sich hier ständig: die Pisten, der Schnee, das Panorama. Die Sella Ronda ist eine Skitour rund um die Felsgruppe Sella und dessen Spitze von 3151 Metern, bei der man die vier ladinischen Täler durchstreift: Gröden, das Fassatal, Buchenstein und das Abteital, die durch moderne Lifte geschickt miteinander verbunden sind.

Die meisten Reisebroschüren nennen die Runde "das Skikarussell". Einsteigen kann man an verschiedenen Orten, in Wolkenstein, Corvara, Canazei oder Arabba. Wie herum ist dabei eigentlich egal, denn immer hat man etwa 26 Kilometer Pisten vor sich - und atemberaubende Ausblicke.

Es gibt zahllose Orte, bei denen einem der Mund offen stehen bleibt. Mal bestaunt man die majestätische Silhouette der Trofana, mal den zackigen Kreuzkofel, dann die Ötztaler Alpen und den höchsten Berg Tirols, die Königsspitze.

Sella Ronda, Tour durch die Skigebiete in den Dolomiten

Pompöse Felsbrocken wechseln sich ab mit zarten Steinspitzen, die kein Glasbläser schöner hätte formen können. Das alles ist aber nur eine Art Warmstaunen, denn es kommt ja noch der Pordoi-Pass. Der führt hinauf zum Belvedere, was so viel heißt wie: schöner Blick.

Passender wäre: Piùbelvedere, der schönste Blick. Denn vor einem rollt sich das farbige Fassatal aus, das nur durchbrochen wird durch den wuchtigen Langkofel. Man glaubt, man könne ihn umarmen, so nah scheint er zu sein. Und dahinter sieht man schon die Zwerge wuseln.

Der Rosengarten, weltberühmt für sein Alpenglühen, tut sich auf. Und mit ihm eine der schönsten Sagen, die sich je im steinernen Gebirge versteckt haben. Sie handelt vom Zwergenkönig Laurin, der in einem riesigen Garten voller leuchtender Rosen lebte.

Erröten der Felswände

Laurin liebte die Tochter eines benachbarten Königs, der sie ihm aber nicht geben wollte, und so musste Laurin die Schöne in seinen Rosengarten entführen. Der böse König aber fand das Versteck, weil die Rosen ihm den Weg wiesen, und holte sich seine Tochter zurück.

Das machte Laurin so traurig, dass er seine Rosen verwünschte: Sie sollten weder am Tage noch in der Nacht zu sehen sein. Die Dämmerung aber hatte der Zwerg vergessen, und deshalb blühen seither die Rosen nur noch in der Morgen- und in der Abenddämmerung. Die Ladiner nennen das Erröten der Felswände "Enrosadüra", das klingt viel poetischer als: Alpenglühen.

Sagen und Geschichten gibt es hier viele, auch von dem wilden Mann, der in der Sella Ronda umherstreift, mit einer Leiter auf dem Rücken. Immer wenn er einen Felsen hochklettert, so erzählen die Ladiner, lodert die Leiter in Flammen.

Am Abend kann man ihn auch manchmal vom Belvedere sehen. Sehr unromantische Leute sagen, die hellen Lichter seien nur die Scheinwerfer von den Pistenraupen. Die Ladiner lächeln dann ihr schönstes Lächeln, weil sie es besser wissen.

Zu lange darf man aber nicht von Zwergen, Rosen und brennenden Leitern träumen. Geübte Fahrer brauchen zwar nur etwa drei Stunden, um die leichten bis mittelschweren Pisten zu bewältigen. Pausen sind da aber ebenso wenig mit eingerechnet wie die Pisten, die man nebenbei noch fahren kann, etwa die Weltcup-Piste der Herren, die Saslong.

Nachteile der Sonne

Und dann gibt es auch noch die Wartezeiten. An schönen Tagen tummeln sich bis zu 14.000 Alpinisten auf dem Karussell. Und schön sind die Tage in den Dolomiten meistens. In der vergangenen Saison waren acht von zehn Tagen in den Dolomiten sonnig. "Das hat aber auch Nachteile, denn es schneit sehr selten", sagt Livio Gabrielli.

Doch die Italiener haben vorgesorgt: 90 Prozent aller Pisten im Skiverbund "Dolomiti Superski" werden künstlich beschneit, das kostet etwa 15Prozent der Jahreseinnahmen von 200 Millionen Euro.

Die Investition lohnt sich, denn auch wenn auf den Bergen alles geschmolzen ist, sind die Pisten sehr gut präpariert. Links und rechts grün, in der Mitte weiß - manchmal hat man das Gefühl, auf einer nigerianischen Nationalflagge zu fahren.

Sonne, Schnee und ständig neue Pisten - die Sella Ronda ist ein Skiparadies. Nur das Anstehen kann auf die Nerven gehen. Aber für diesen Fall haben die Ladiner ja ein wirksames Beruhigungsmittel: Parampampoli.

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