Süddeutsche Zeitung

Sicherheit in Myanmar:Reisen im Dilemma

Dutzende Tote, Ausnahmezustand, Ausgangssperren: In Myanmar dauern die ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Buddhisten und Muslimen an. Wie gefährlich ist es eigentlich, in das Land zu reisen?

Von Carolin Gasteiger

Pagoden, üppig grüne Reisfelder und kilometerlange Sandstrände: Myanmar, das frühere Burma, erlebt seit einigen Jahren einen Tourismus-Boom. Seit das Militärregime das Land langsam öffnet, wird es für viele zur Alternative zu Thailand oder Indien. Von einer knappen Million Besucher im vergangenen Jahr spricht das Ministerium für Hotel und Tourismus. Im April sollen dem Tourismusverband zufolge Grenzübergänge zu Thailand und Indien geöffnet werden.

Aber die politischen Probleme des Landes sind noch nicht gelöst. Seit langem gibt es in Myanmar ethnische Spannungen zwischen Buddhisten und der muslimischen Minderheit. Seit vergangener Woche nehmen die Ausschreitungen zu, Buddhisten zerstören Moscheen und Häuser, die Behörden haben in mehreren Städten den Ausnahmezustand verhängt. Wie sicher ist es da noch, nach Myanmar zu reisen?

Für Touristen bedeuten die Auseinandersetzungen zwischen den einheimischen Gruppierungen zunächst wenig Gefahr, da sich die Anschläge nicht gegen sie richten. "Als Tourist wird man sicher nicht zur Zielscheibe irgendwelcher Angriffe, höchstens könnte man irgendwo 'hineingeraten'", meint Christoph Amthor, Mitbegründer des Burma Center in Prag, das sich für die Demokratisierung und die Beachtung von Menschenrechten in Myanmar einsetzt.

Dennoch warnt das Auswärtige Amt in Berlin vor Reisen in den Bundesstaat Rakhine an der birmanischen Westküste sowie in die Städte Sittwe/Mrauk U und Meiktila. Ngapali, der für Touristen wichtigste Strandort, ist davon nicht betroffen.

Auch die USA haben ihre Sicherheitshinweise für ihre Staatsbürger in Myanmar verschärft. Die US-Botschaft in Yangon warnt vor Aufenthalten in der Region Mandalay und auf dem Mingalar-Markt in Yangon. Zwar gab es dort bislang keine Ausschreitungen, die Polizei ist jedoch wegen zunehmender Spannungen in Alarmbereitschaft.

Momentan besteht eine nächtliche Ausgangssperre in drei Gemeinden der Bago-Division im Umkreis von Yangon, zusätzlich zu der Ausgangssperre in Meiktila (aktuelle Informationen über die Lage vor Ort z. B. auf www.irrawaddy.org). Dort hat die Armee Myanmars die Kontrolle übernommen, nachdem der Ausnahmezustand verhängt worden war. Meiktila liegt auf dem Weg von Bagan zum Inle-See und an der größten Hauptverkehrsstraße des Landes - also auch an wichtigten Routen für Touristen.

Amthor empfiehlt, die Augen offenzuhalten, Menschenaufläufe zu vermeiden und eher in der Umgebung typischer touristischer Orte zu bleiben - Vorsichtsmaßnahmen also, die Reisende in sämtlichen Entwicklungsländern beachten sollten. Myanmar sei jedoch nicht gefährlicher als viele andere Reiseziele, sagt Amthor. "Vielleicht ist dies jetzt ein guter Anlass, um zu verstehen, dass auch Myanmar kein exotisches Paradies jenseits der Wirklichkeit ist, sondern dass es hinter dem Lächeln der Menschen sehr viele Spannungen gibt, von denen man als Fremder sonst gar nichts mitbekommt." Ein Problem, das tatsächlich nicht nur in Myanmar besteht.

Kritiker des Myanmar-Tourismus wenden ein, mit Reisen in das Land stütze man die Junta und deren menschenverachtende Politik. Und dass der Run auf Myanmar noch weit vom verantwortlichem Tourismus entfernt sei. Befürworter führen dagegen ins Feld, man würde die von Armut betroffenen Einheimischen noch mehr isolieren, wenn man das Land nicht bereist. Organisationen wie Tourism Watch oder Tourism Concern empfehlen, große Luxushotels zu meiden und eher in kleineren Unterkünften zu übernachten und sich außerdem an Reiseveranstalter zu wenden, die nicht von der Regierung betrieben werden.

Wer nach Myanmar reist, wird vorerst weiterhin in eine moralische Zwickmühle geraten.

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