Sicherheit auf Flugreisen:Geschosse, die durch die Kabine fliegen

Die Sicherung von Kleinkindern in Flugzeugen ist häufig unzureichend und kann bei einer Notlandung lebensgefährliche Folgen haben. Das haben Crash-Tests des TÜV Rheinland ergeben.

Demnach sind die Kinder ungenügend geschützt, wenn sie unangeschnallt oder nur mit einem Schlaufengurt ("Loop Belt") befestigt auf dem Schoß eines Erwachsenen sitzen, teilte der TÜV, der die Untersuchung im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks (WDR) vorgenommen hat, in Köln mit.

Kleinkinder in Flugzeugen oft unzureichend gesichert, istock

Kleinkinder haben in Flugzeugen keinen Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz - mit gefährlichen Folgen.

(Foto: Foto: iStock)

Dennoch sei dies bei vielen internationalen Fluglinien üblich. Grund dafür sei, dass Kinder unter zwei Jahren nach den allgemeinen Fluggastbestimmungen vieler Airlines keinen Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz haben.

Bei den Crash-Tests mit Dummys wurden Flugzeugsitze auf eine Geschwindigkeit gebracht, die dem 16-fachen der Erdbeschleunigung entspricht - wie bei einer Notlandung. Sitze dabei beispielsweise ein elf Kilogramm schweres Kind unangeschnallt auf dem Schoß, werde es zu einem fast 180 Kilogramm schweren "Geschoss", das durch die Kabine fliegt. Die Eltern könnten das Kind dann auf keinen Fall festhalten, berichtete der TÜV.

Bei einem "Loop Belt" handelt es sich um eine Schlaufe, die das Kind auf dem Schoß des Erwachsenen hält. Dadurch werde der Gurt jedoch zur möglicherweise tödlichen Falle. "Das Kind wird im Notfall zum natürlichen Airbag für den Erwachsenen", sagte TÜV Rheinland- Experte Martin Sperber.

"Bei einem Unfall werden die Insassen an Bord mit voller Wucht nach vorne geschleudert - der typische Klappmessereffekt." Dabei schneide der Schlaufengurt in die Weichteile des Kindes, und gleichzeitig werde es von dem Erwachsenen gewissermaßen zerquetscht. Die Folge seien schwerste innere Verletzungen.

Der TÜV Rheinland hatte nach eigenen Angaben bereits in den 90er Jahren festgestellt, dass ein "Loop Belt" kein geeignetes Sicherungssystem ist. Daraufhin habe das Bundesverkehrsministerium den "Babygurt" 1998 in deutschen Maschinen verboten.

Speziellen Auto-Kindersitz mitnehmen

Ähnliche Untersuchungen der amerikanischen Luftfahrtbehörde führten dazu, dass dieses System auch in den USA und Kanada nicht erlaubt ist. Nach Plänen der EU solle der "Loop Belt" jedoch von Juli an in Europa zugelassen werden.

Sperber riet Eltern, auf Flugreisen einen Auto-Kindersitz zu nutzen, der auch für Flugzeuge geeignet ist. Dazu habe der TÜV Rheinland in Zusammenarbeit mit dem Bundesverkehrsministerium und einigen Airlines ein entsprechendes Qualifizierungsverfahren entwickelt. Eltern sollten schon beim Buchen eines Fluges die Mitnahme eines solchen Kindersitzes anmelden und dafür einen separaten Sitzplatz reservieren lassen, sagte Sperber.

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