Serfaus in Tirol:Idylle mit braunen Tupfen

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Nach der offen antisemitischen Abweisung eines Feriengastes ringen Tourismusverantwortliche im österreichischen Serfaus um Schadensbegrenzung.

Die Antwort auf die Buchungsanfrage im Haus Sonnenhof in Serfaus (Tirol) war knapp und deutlich: Die Ferienwohnung sei im gewünschten Zeitraum zwar frei. Allerdings wolle man "nach schlechter Erfahrung vom August 2008 keine jüdischen Gäste mehr beherbergen". Aus der Mail war gar nicht zu ersehen, welches Glaubensbekenntnis die Urlauber in spe hatten. Was auch immer die Hoteliers gestört hat: Sie sei, schrieb die unterzeichnende Familie Monz, "nicht sicher. Freundliche Grüße".

(Foto: Foto: Tourismusverband Serfaus)

"Wir waren total verblüfft", berichtete der fünffache Familienvater aus Wien, der die Ferienwohnung hatte buchen wollen, der Tiroler Tageszeitung. Wie die Hauswirtin auf ein jüdisches Glaubenbekenntnis schließen konnte, blieb dem Mann, der nicht namentlich genannt werden will, ein Rätsel. Er informierte die israelitische Kultusgemeinde.

Welche unangenehmen Erfahrungen Irmgard Monz, die Inhaberin des Sonnenhof, mit früheren Gästen gemacht hat, wollte sie nicht näher begründen. Es sei ihr Recht, auszuwählen, wer in ihrem Haus wohne. Außerdem habe sie der Familie höflich geantwortet und ihre Einwände ausreichend erklärt.

Für Frau Monz ist die Sache offenbar abgeschlossen, sie war für eine Stellungnahme für sueddeutsche.de nicht zu erreichen. Georg Mangott, der Bürgermeister von Serfaus, bekundete gegenüber der lokalen Zeitung, es stehe jedem Hotelier frei, wen er aufnehme. Im Rest der Region ist man erkennbar um Schadensbegrenzung bemüht.

Gerade unter orthodoxen Juden ist die Sommerfrische in der Region nahe Landeck im Süden Tirols in den letzten Jahren zunehmend populär geworden, wie steigende Gästezahlen zeigen. Die klare Bergluft auf dem Hochplateau (Serfaus liegt auf 1427 Metern Höhe), dazu saftig grüne Wiesen vor der monumentalen Kulisse der bis auf gut 3000 Meter aufragenden Gipfel der Samnauergruppe locken Wanderer, Mountainbiker und Spaziergänger in die drei Bergdörfer Serfaus-Fiss-Ladis. Zudem wirbt Serfaus auf seiner Internetseite gut sichtbar mit Familienfreundlichkeit und Angeboten für Kinder.

Spezialangebote für die neue Klientel

Einige Hotels haben sich auf die neue Klientel eingestellt: Es werden teilweise koschere Mahlzeiten angeboten, man nimmt Rücksicht auf den Sabbat und eine örtliche Bäckerei bietet koscheres Brot an.

Tourismus-Obmann Franz Tschiderer, selbst Hotelbesitzer in Serfaus, bedauerte den Vorgang in einer schriftlichen Stellungnahmen für sueddeutsche.de und sprach von einer unglücklichen Formulierung, die "keineswegs als antisemitisch" zu interpretieren sei. "Einzelne Vermieter kommen mit den Lebensgewohnheiten von jüdisch-orthodoxen Gästen nicht zurecht (z.B. keine manuelle Betätigung während des Sabbat)." Die wachsenden Gästezahlen aus dieser Gruppe belegten, wie gut man bisher miteinander ausgekommen sei. "Uns ist natürlich die Brisanz des Themas bewusst, aber es gibt wirklich keine 'antijüdische' Einstellung unserer Bevölkerung!"

Auch Esther Fritsch, die Präsidentin der Kultusgemeinde, ging von einem Einzelfall aus. Der Tiroler Tageszeitung erklärte sie: "Die Ultraorthodoxen haben zwar ihre eigene Art. Wir hatten hier von dieser Seite aber noch nie Probleme." Dass das Urlaubsland Tirol dadurch an den Pranger gestellt werde, "braucht man nun wirklich nicht".

Auch andere Touristiker in Serfaus fürchten einen Imageschaden für den als alpine Familienidylle gepriesenen Ort. Eine solche Geschichte zerstöre die ganze harte Arbeit der vergangenen Jahre im Tourismusgeschäft. Auch Joe Margreiter, Chef der Tirolwerbung, fand den Vorfall für die Tourismusmarke Tirol insgesamt "nicht zuträglich".

Der abgewiesene Wiener, von dem bis heute nicht klar ist, ob er tatsächlich jüdischen Glaubens ist, hat sich eine zweite Buchungsanfrage in Serfaus gespart und wird seine Sommerferien an einem anderen Ort verbringen. "Ich möchte keinen Urlaub in einem solch' rassistischen Nest machen", zitierte ihn die Tiroler Tageszeitung.

© sueddeutsche.de/Nina Werlberger/dd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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