Senegal:Kolonialer Glanz in Saint Louis

Am schönsten ist die einstige Hauptstadt von Französisch-Westafrika in den frühen Abendstunden. Takussan heißt diese Zeit bei den Senegalesen, wenn die kräftigen Farben und Kontraste von Saint Louis durch die tief stehende Sonne noch stärker werden.

Dreimal ziehen die Frauen sich am Tag um, doch erst zum Takussan tragen sie stolz ihre besten Gewänder und Kopfbedeckungen. Das prächtige Schauspiel unterstreicht die entspannte Atmosphäre von Ndar, wie Saint Louis im Senegal heißt.

Unweigerlich fühlt sich der Besucher in die glanzvolle Kolonialvergangenheit der zwischen Fluss und Ozean gelegenen Stadt zurückversetzt, von der die vielen Bauten mit ihren schmiedeeisernen Balkons noch heute zeugen. Louis Faidherbe hieß der Mann, der Saint Louis von der Mitte des 19. Jahrhunderts an zur Hauptstadt des Landes ausbaute, bevor es diese Rolle an Dakar verlor. Gegründet wurde Saint Louis bereits 1659 als erste französische Siedlung Afrikas.

Seit 1995 zählt Saint Louis zum Weltkulturerbe. Herzstück der Stadt ist eine vom Festland völlig abgetrennte längliche Insel. Nicht umsonst gilt die Lagunenstadt daher als "afrikanisches Venedig". Mit dem Festland ist die Hauptinsel über den prachtvollen Pont Faidherbe verbunden, dem fälschlicherweise nachgesagt wird, er sei von Gustave Eiffel entworfen worden. Beeindruckend ist die siebenbogige, 507 Meter lange Stahlkonstruktion über den majestätischen Senegal-Fluß, der das Land von Mauretanien trennt, allemal.

Auf dem Strom schaukeln gemächlich bunt bemalte Pirogen - die Bewohner der Stadt verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Fischfang. Das Herz von Saint Louis ist die verträumte Place de Faidherbe, die eingerahmt von der Gouvernance mit ihren Arkaden und den Rognard-Kasernen die Stadt in Nord und Süd teilt. Unweit der Gouvernance befindet sich auch jene Kathedrale, die 1828 als erste Kirche Westafrikas geweiht wurde.

Täglicher Überlebenskampf

In den engen Straßen spüren Besucher die multikulturelle Atmosphäre. In Saint Louis findet jedes Jahr im Mai ein internationales Jazzfestival mit Musikgrößen aus aller Welt statt. Von der Place de Faidherbe gelangt man über eine weitere Brücke auf die 25 Kilometer lange und nur 100 Meter breite Landzunge Langue de Barbarie. Gleich hinter der Brücke wartet ein turbulenter, exotischer Markt mit einer besonders schönen Auswahl afrikanischer Stoffe.

Während der alte Stadtkern von Saint Louis von der Armut verschont blieb und die Insel ihren Traum von der kolonialen Vergangenheit ungestört weiterträumen darf, spielt sich auf der anderen Seite der Brücke der tägliche Überlebenskampf ab. Das zeigt ein Besuch im Fischerviertel Guet N'Dar. Einfache Wellblechbehausungen prägen das Bild, Ziegen und Menschen bahnen sich ihren Weg durch die engen Gassen. Für den maurischen Friedhof, der mitten in einer Sanddüne liegt, bleibt kaum Platz. Der penetrante Geruch nach getrocknetem Fisch ist allgegenwärtig.

Unweit des Fischmarktes startete im Jahr 1930 der französische Postflieger und Pionier Jean Mermoz, ein Zeitgenosse von Antoine de Saint-Exupéry, auf den ersten Flug von Afrika nach Südamerika. Nördlich der Langue de Barbarie befinden sich Vogelschutzgebiete. Einzigartig ist der 16.000 Hektar große Parc National du Djoudj. Hier empfiehlt sich ein Bootsausflug zu den Nistplätzen der Kormorane und Flamingos. Insgesamt 360 Arten von Zugvögeln nisten hier von Oktober bis Mai. Die verschlafenen Krokodile im Schilf sind für die Vögel keine Gefahr. Sie fressen nämlich am liebsten Fische.

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