Schären-Kreuzfahrt durch Westschweden:Verzaubert von Langsamkeit

Warum zwei Stunden mit dem Auto fahren, wenn man sich mit dem Schiff eine Woche Zeit nehmen kann? Eine Kreuzfahrt durch die sommerlichen Schären bei Göteborg.

Von Lisa Arnold

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Schären-Kreuzfahrt Lisa Arnold

Quelle: Lisa Arnold

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Sie lieben das Meer, mögen aber keine Kreuzfahrten? Diese Tour könnte Sie umstimmen: An Bord der MS Svea af Bohuslän, Baujahr 1904, entdecken Passagiere nicht nur die hübschesten Orte an der schwedischen Westküste, sondern auch den Zauber der Langsamkeit. Ein durchschnittlicher Mittelklassewagen schafft die Strecke von Göteborg nach Grebbestad in zwei Stunden. Das Kulturboot erlaubt sich eine Woche.

Tagsüber gleitet es durch den Göteborger Schärengarten, der zur historischen Provinz Bohuslän gehört. Er präsentiert sich mal offen, mal mit wulstigen Granitwelten und dann mit einer Passage, die so schmal ist, dass Schiffe einander an besonderen "Begegnungsplätzen" ausweichen müssen. Nach einigen Stunden wirft die zweiköpfige Crew das Seil an der Promenade eines Küstenortes aus, den man nach Belieben erkundet und erkostet. Nach dem Mittagsstopp schiffen sich die 15 bis 40 Passagiere wieder ein, um am nächsten Hafen Quartier zu beziehen. Dieser Rhythmus prägt die ganze Reise, sodass man immer woanders und immer an Land zum Essen einkehrt und übernachtet.

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Auf die Reise mit dem "Kulturboot" begeben sich Skandinavien-Liebhaber und Menschen, die das Besondere suchen. Sie versammeln sich auf dem Außendeck, um die Landschaft wie einen Film zu beobachten, oder das eine oder andere Seemannsgarn zu spinnen. Seekrank wird bei dem seichten Tempo auch nach mehreren Stunden an Bord niemand. Doch die Westküste ist für wechselndes Wetter und starken Wind bekannt, da kann es schon mal ordentlich schaukeln. Dann fühlt sich die Reise ein bisschen nach Amundsen-Expedition an.

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Nein, ein Kapitän muss kein bärtiger Mann mit Pfeife sein. Das Schicksal der Svea liegt in den Händen des 25-jährigen Philip, der das traditionelle Steuerrad nur im Ausnahmefall loslässt. Von der langen Geschichte des Bootes zeugt neben der Ausstattung auch die Flagge am Heck: Ein Jahr nach seinem Bau zerfiel die schwedisch-norwegische Union. Bis dahin verwendeten beide Länder in der oberen Ecke ihrer jeweiligen Landesfahne das vierfarbige Unionszeichen. Nur Fahrzeuge mit Baujahr bis 1905 dürfen diese Fahne bis heute tragen.

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Ein Sommerhaus und ein Motorboot: Bei den Voraussetzungen für einen perfekten Sommer scheinen sich die Schweden einig zu sein. Am Steg trifft man sich zum Tratschen, danach geht es mit der Familie auf Spritztour. Wahlweise beim Ab- oder Anlegen gehört ein Besuch der Eisdiele am Hafen von Gullholmen dazu, aus deren Fenster Vanilleduft strömt. Die Waffeln sind hausgebacken, die Portionen ein halbes Pfund schwer. Der schwedische Sommer ist kurz, da sollte keine Versuchung ausgelassen werden.

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Sune Johansson ist Deutschlehrer, doch in den Sommerferien gilt seine ganz Aufmerksamkeit der Kunst. In einem unscheinbaren gelben Haus wartet er mit vielen Geschichten und Gemälden aus dem Expressionismus auf - fast könnte man die Bootsabfahrt verpassen. Johansson erzählt, wie Wassily Kandinsky mit seiner Verlobten Gabriele Münter im Ersten Weltkrieg nach Schweden floh. In der Obhut des Malerpaares Agnes Cleve und John Jon-And verbrachten sie eine inspirierte Zeit auf Gullholmen, porträtierten sich gegenseitig und hielten das Küstenleben fest. In der zweiten Halle hängen maritime Landschaftsmotive der Düsseldorfer Schule.

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Immer brav winken! Die See-Etikette schreibt das bereitwillige Grüßen von Fremden zu Wasser vor - während viele Schweden auf dem Festland lieber noch einmal in ihre Wohnung zurückgehen, als ihrem Nachbarn zu begegnen. Doch den Fluten ausgesetzt, sind Bootsfahrer im Unglücksfall auf die Hilfe der anderen Matrosen angewiesen. Da will man sich vorsichtshalber schon vorher gutstellen.

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Auf der Schären-Kreuzfahrt verbringen die Passagiere drei bis sechs Stunden täglich an Bord. Ein deutschsprachiger Guide erzählt Geschichten von Königen und verzweifelten Liebespaaren, die daran scheiterten, dass einer von der "falschen" Insel stammte. Die Stimmung wechselt von gerührt zu heiter, sobald der Kaffee in die Tassen fließt. "Fika" heißt die Kaffeepause auf Schwedisch, und besonders gut bekommt sie mit der Sonne im Rücken und einer Brise im Gesicht.

Die Zeit an Bord ist gesellig - aus dem Weg gehen wie auf einem großen Kreuzfahrtschiff kann man sich nicht. Eine ruhige Minute zum Lesen oder zum Studieren der Reiseroute findet man am ehesten im Salon. Muße an Bord war nicht immer vorgesehen: Ursprünglich nutzten Arbeiter die Svea als Transportmittel zwischen dem Festland und einer Motorfabrik bei Stockholm.

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Im Bohuslän liegen Granitbrocken und Küstenzivilisation nah beieinander. Die Felsformationen, die den Urlaubsort Smögen umgeben, sind für ihre leichte rosa Färbung bekannt. Hier legt die Svea zur Mittagszeit an und bleibt ausnahmsweise bis zum Abend, sodass Zeit zum Flanieren und Einkaufen bleibt - und für eine Angeltour.

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Nach kurzer Einweisung sinkt der silberne Köder in die Tiefe. Leine einholen, wieder reinwerfen, immer hoch und runter. "Der Köder muss sich bewegen, damit die Fische Interesse haben", sagt Fischer Johan. Wenig später ruckt es, Euphorie macht sich breit. Gleich zwei Makrelen haben sich zu sehr für den Köder interessiert. Unter fachkundiger Anleitung werden sie sogleich filettiert, im Hotelrestaurant bereitet der Koch auf Wunsch den Fang zu.

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Auch wenn kein selbstgefangener Fisch auf den Tisch kommt, ist die Kreuzfahrt ein kulinarisches Erlebnis. Jeden Abend führt ein Drei-Gänge-Menü durch die Spezialitäten der Region, die meistens aus dem Meer kommen. Kabeljau, Hering und Makrelen haben Westschweden seit jeher ernährt, nur die Rezepte sind raffinierter geworden. Köstliche Saucen und fluffiges Brot sind ständige Begleiter, und Apfelmost bildet eine fruchtige Alternative zu Wein und Bier.

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Auf dem Weg von Smögen nach Fjällbacka, dem vorletzten Stopp der Kreuzfahrt, beeindruckt die Westküste noch einmal mit ihrer abwechslungsreichen Landschaft. Der Granit, der sich kurz zuvor noch glatt und ebenmäßig wölbte, ist zerklüfteten Formationen gewichen. Die Einsamkeit in den Schären scheint perfekt, doch man weiß nie, was hinter dem nächsten Felsen wartet. Ein Kanal, ein Leuchtturm oder ein Dorf? Die Geduldigen auf Deck sehen es zuerst.

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Zum Beispiel den Kirchturm von Fjällbacka. Das ehemalige Fischerdorf ist in den vergangenen Jahrzehnten bekannt geworden, dank seiner prominenten Gäste und Bürger: Von hier stammt etwa die erfolgreiche Krimi-Autorin Camilla Läckberg, die 2014 mit "Die Engelmacherin" ihren achten Fall auf Deutsch veröffentlichte. Die Kirche ist in Büchern und Filmen Schauplatz vieler Beerdigungen, und gleich in der Nähe liegt Camilla Läckbergs Bootshaus. Die Autorin, die mittlerweile in Stockholm lebt, legt selten an, doch ihre stolze Mutter Gunnel freut sich über Besuch.

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Auch Schauspiel-Ikone Ingrid Bergman war regelmäßig in Fjällbacka zu Gast. Ihr dritter Ehemann Lars Schmidt brachte ein Ferienhaus auf der nahen Insel Dannholmen mit in die Ehe, wo die Schauspielerin von 1958 an die Sommer genoss. Auch nach der Scheidung kam sie Jahr für Jahr zurück. Am 29. August 2015 wäre Ingrid Bergman 100 Jahre alt geworden, und die Stadt gedenkt ihrer mit einer Fotoausstellung und geführten Touren.

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Im Gedenken an Ingrid Bergman betritt der Besucher womöglich auch Setterlinds Bäckerei, wo die Schaupielerin oft Baisers oder Zimtschnecken kaufte.

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Auch wenn sich die eigene körperliche Bewegung auf einer Kreuzfahrt in Grenzen hält, überwältigt die Passagiere am Abend die Müdigkeit. Wie gut, dass dann eine traditionelle Sauna und ein bequemes Bett warten. Die Hotels entlang der Route haben vier Sterne und sind idyllisch, wie das Hotel Gullmarsstrand im Ort mit dem unaussprechlichen Namen Fiskebäckskil. Wenn hier vor dem Fenster die Sonne im Meer versinkt, will man gar nicht wieder abreisen. Und wenn doch, dann so langsam wie mit der Svea af Bohuslän.

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Weitere Informationen zur Schärenkreuzfahrt:

Route: Göteborg - Björkö - Marstrand - Tjörn - Gullholmen - Fiskebäckskil - Smögen - Fjällbacka - Grebbestad. Reisezeit: Juni, Juli und August, immer sonntags ab Göteborg. Preis pro Person: 1.500 Euro plus Reise nach Göteborg. Buchbar über diverse Reiseveranstalter, zum Beispiel Dertour oder Tui. Inklusive sind Halbpension, diverse Führungen und Gepäcktransport.

Die Recherche der Autorin wurde unterstützt von VisitSweden.

© SZ.de/ihe/dd
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