Süddeutsche Zeitung

Sauna im Winter:Schöner schwitzen

Eiskammer, Schiffscontainer oder ein Fass in den Bergen: Wer Gäste in seine Sauna locken will, muss sich etwas einfallen lassen. Fünf besondere Exemplare zwischen Hamburg und den Alpen.

Von Hans Gasser, Jochen Temsch, Dominik Prantl, Irene Helmes und Ingrid Brunner

Schneekanone

Abdampfen im Kälteraum in Leutasch

Wenn der Schädel zu pulsieren anfängt, weil 15 Minuten bei 90 Grad in der Zirbensauna den Kreislauf dann doch auf eine Probe stellen, ist es endlich an der Zeit, einzusteigen in die Nordwand. Denn so fühlt es sich an, sobald man die Glastür aufmacht, die in den Schneeraum führt. An der Tür steht zwar irreführend "Cooling me softly", aber natürlich fragt man sich, ob es nicht eher "Killing me quickly" heißen müsste. Die Temperaturdifferenz zwischen Zirbensauna und Schneeraum beträgt fast 100 Grad, da es da drin auf minus 5 bis minus 10 Grad heruntergekühlt ist. Die Wände bestehen aus künstlichen Granitfelsen, die mit ebenfalls künstlichem Schnee überzogen sind, wirkt aber alles sehr echt. Durch die Glasscheibe schaut man auf das in der Novembersonne leuchtende Wettersteingebirge. Die Haut dampft, an den Nasenflügeln ist die eiskalte Luft zu spüren. Aber kalt ist einem nicht, solange der aufgeheizte Körper noch abstrahlen kann - eigentlich angenehm. Fünf Minuten soll man hier maximal bleiben. Auch ohne Sanduhr entwickelt man schnell ein Gefühl dafür, wann die um sind. Ein Ehepaar reibt sich noch mit Schnee ein. Sie: "Im Sommer werden hier sicher die Steaks gekühlt." Er: "An der Körnung merkt man, dass es Kunstschnee ist." Der Schneeraum ist eine der neuesten Errungenschaften im umfangreichen Wellnessbereich des Hotels Quellenhof in Leutasch. "Das ist viel besser als ein Tauchbecken", sagt der Wirt Emmerich Mitterhuber, "da kühlst du langsam ab und kannst nachschwitzen." Er hat den Schneeraum fix und fertig bei einer Südtiroler Firma gekauft, die Marktführer für Schneekanonen ist. Zwei kleine Kanonen sind in die Wände eingelassen und erzeugen über Nacht eine Schneedecke. Im arabischen Raum seien die Schneeräume in Privathäusern beliebt. Energieverschwendung? Nein, sagt Mitterhuber, der Schneeraum brauche nur halb so viel Strom wie die Zirbensauna, und die Abwärme heize das Hallenbad. Im Winter könnte man sich natürlich auch draußen abkühlen, das Loipennetz liegt vor der Tür. Zurzeit aber ist es draußen 20 Grad wärmer als drinnen.

Hans Gasser

ÜN mit Halbpension ab 140 Euro p. P., Wellnessbereich nur für Hausgäste, quellenhof.at

Steife Brise

Open Air mit Hafenblick in Hamburg

Es kann zumindest niemand sagen, er sei nicht gewarnt worden vor der Hafensauna im Hotel 25hours Hafencity in Hamburg. "Sie ist nichts für Wohlfühl-Wellnesser, sondern eher für finnisch geprägte Saunapuristen", heißt es noch eher euphemistisch auf der Website des Hauses. Wenn man dann im locker geschlungenen Bademantel die Tür zum Spa im sechsten Stock öffnet, bläst einem erst einmal eine steife Brise entgegen. Man betritt einen kleinen, eiskalten Raum mit Panorama-Glasfronten - und offenem Dach. Nur ein aufgespanntes, im Wind flatterndes Segel hält die gröbsten Graupelkörner davon ab, direkt auf die Saunagäste zu fallen. Es gibt zwei einfache Holzpritschen, von der Decke baumelt ein Boxsack, in der Ecke steht ein eigenartiges Fitnessgerät aus Holz und Leder, auf dem man sitzen und kurbeln kann. Die Saunakabine selbst ist in einem Schiffscontainer untergebracht. Wer die Hitzewallung darin überstanden hat, nimmt sich ein Astra-Pils aus dem Kühlschrank. Das Zischen beim Öffnen hört man nicht, so laut heult der Wind. Noch bevor das Fläschchen ausgetrunken ist, will man eigentlich schon wieder gehen. Aber die Aussicht auf den Hafen und das Kreuzfahrtterminal ist grandios, vor allem bei Nacht. Ein urbaner Charme wie er herber nicht geht. Das 25hours Hafencity ist Teil des Überseequartiers und entsprechend nah am Wasser gebaut. Es ist so individuell verspielt wie alle Häuser der Hotelkette und versteht sich als Seemannsheim, das in einem fremden Hafen warme Kojen bietet. Das ironisch gebrochene Motiv des Heim- und Fernwehs schlägt sich auch in der Gestaltung nieder: Auf den Fluren sind mannsgroße Fotos von Matrosen und Fischern zu sehen, auf den Zimmern liegen Logbücher aus, die Wände sind mit nostalgischen Tattoos tapeziert. Die Bars und Restaurants des Hotels und des benachbarten 25hours im historischen Alten Hafenamt sind abends voll und auch bei den Hamburgern beliebt. Nur in der Sauna bleiben die Härteren unter sich.

Jochen Temsch

Zimmer ab 149 Euro pro Nacht, Frühstück 21 Euro pro Person, die Sauna steht auch externen Gästen offen, 17.30 bis 23 Uhr, Eintritt für Hotelgäste frei, für externe Besucher zehn Euro, 25hours-hotels.com

Spas im Fass

Wellness vor der Berghütte

Dass die Welt sukzessive einer neuen Gigantomanie anheim fällt, lässt sich nicht nur an den vielen Monsterautos (euphemistisch: SUV) oder Monsterhändlern (siehe Amazon) erkennen, sondern auch an den ungezählten riesigen SpaLandschaften in sogenannten Wellnesshotels. Diese überwuchern vor allem immer stärker die Täler des Alpenraums. Das Saunafass wirkt in diesen monströsen Zeiten wie ein Anachronismus. Es ist sozusagen der Fiat Cinquecento der Wellnessbewegung. Das Saunafass besetzt eine Nische; es braucht nicht viel Platz. Seine Heimat ist das Hochgebirge oberhalb von 2000 Metern, und dort vor allem die südliche, also quasi die Fiat-Seite des Alpenhauptkamms. Rund um Cortina d'Ampezzo haben mit dem Rifugio Lagazuoi (2746 m) und dem - nur im Sommer geöffneten - Rifugio Croda da Lago (2046 m) gleich zwei alpine Unterkünfte eine beheizte Holztonne vor der Hütte. Nicht weit davon wirbt auch die Lavarellahütte im Naturpark Fanes-Sennes-Prags mit einer "original finnischen" Freiluftsauna in einem ehemaligen Weinfass (2042 m). Und dann ist da natürlich die Schöne-Aussicht-Hütte, auch bekannt unter dem Namen Rifugio Bella Vista, die Mutter aller Wellness-Kleinwagen in der Nähe des per Bergbahn erreichbaren Schnalstaler Gletschers auf 2842 Metern. Und damit zu Paul Grüner. Im Jahr 1999 erwarb er die Schöne-Aussicht-Hütte. Nur zwei Jahre später importierte er eine Holzfass-Sauna aus Finnland, die etwa einem Dutzend Personen Platz bietet, und ließ sie per Hubschrauber vor sein neues Domizil fliegen. Unweit davon stehen dort heute außerdem eine zweite Fasssauna, Fassungsvermögen acht Personen, sowie ein Minipool in Form eines Holzzubers. In dem sei es gut, eine Mütze aufzusetzen, so Grüner, "weil sonst die Haare gefrieren". Schließlich ist es auf dieser Höhe im Winter meist zwischen minus zehn und 20 Grad Celsius kalt. Und wer es generell etwas frostiger mag, kann in einem der drei Iglus übernachten. Laut Grüner liegt die Temperatur dort konstant um den Gefrierpunkt.

Dominik Prantl

Übernachtung mit Halbpension im Zweibettzimmer ab 80 Euro, im Bettenlager ab 70 Euro, Iglus ab 238 Euro pro Nacht. Tel. 0039/0473/67 91 30, schoeneaussicht.it

See sehen

Saunieren direkt am Ufer in Starnberg

Die Mutprobe beginnt am Ende des Stegs. Hier müssen sich dampfende Menschen entscheiden: ganz schnell reinklettern oder doch erst mit dem Zeh vorfühlen? Es ist der winterliche See, auf den in der Starnberger Sauna alles hinausläuft. Der Ausblick mit dem stillen Schwarm Graureiher nebenan, die Ruhe - und eben die Kälte, wenn man nach dem Schwitzen die radikale Erfrischung wagt. Das Starnberger Seebad hat 2018 nach seiner Neugestaltung wiedereröffnet und bietet neben dem Sommer-Strandbad ganzjährig ein Panorama-Hallenbad mit Kinderplanschbereich sowie die Saunalandschaft. Die Besucherzahlen dort haben sich seitdem mehr als verdoppelt. Drei Hütten in hellem Holz und minimalistischem Design stehen auf der Wiese am Ufer. Sie sind Bootshäusern nachempfunden und versprechen ein paar Stunden Trost für all die Bayern und Bayernurlauber, die ihr Dasein ohne eigene Villa mit Seezugang fristen müssen. In den drei Saunen (mit 55, 70 und 90 Grad) duften die Aufgüsse nach Zedern, Orangen oder Rosmarin und heißen "Nebelschwaden" oder "Reiselust". Außer der Panoramasauna bieten zwei Ruheräume freien Blick aufs Wasser, mit Wetterglück bis zu den Bergen. In einer Ecke flackert ein Feuerchen hinter Glas, kein Detail versucht, der Natur draußen die Schau zu stehlen. Die Besucher, junge und nicht mehr so junge Paare sowie Freundesgruppen, wirken dankbar dafür: "Mei, die Lage, scho der Wahnsinn, oder?" Wenn der See zum Abend hin immer blasser und dann dunkel wird, kann man sich in dieser skandinavischen Schlichtheit kurz wie an einem kleinen Fjord fühlen. So beruhigend ist die Reizreduzierung, dass man auf dem Rückweg zur Umkleide fast erschrickt vor dem bunt ausgeleuchteten Whirlpool, der dort in einem Loungebereich blubbert, seltsam verloren neben Sitzgruppen und der Bistrobar. Ihren Charme entfaltet diese Sauna eben ganz nah am See. Beim Heimweg wirft man einen Blick auf die im eisigen Wasser schaukelnden Schwäne und denkt: "Kann ich auch!"

Irene Helmes

Tageseintritt Sauna (Zugang zum Hallenbad inbegriffen) in der Wintersaison 25 Euro, bis zu vier Stunden 19,50 Euro, ab 19.30 Uhr 12 Euro; www.seebad-starnberg.de

Gut gießen

Kneippen bei Schlaflosigkeit im Allgäu

"Hier, riechen Sie mal, wie das duftet", sagt Andreas Eggensberger und hält einem einen Heusack unter die Nase. "Bioheu vom ersten Schnitt, der Duft kommt von den Heublumen", erklärt er. Die in den Heublumen enthaltenen Cumarine wirken krampflösend und schmerzlindernd. Der feucht-warme Heusack ist eine Kneipp-Anwendung. Aber Moment mal: Kneipp, war das nicht der Pfarrer mit den Wasserkuren, von dem die Großeltern erzählt haben? Und klang das nicht eher gruselig: kalt-warme Arm-, Bein- und Ganzkörpergüsse, mit dem Schlauch verabreicht vom gnadenlosen Bademeister? "Kneipp hat zum Glück mehr Anwendungen mit Wärme als mit Kälte", sagt Eggensberger. Er muss es wissen, er ist gelernter Kneippbademeister, Masseur, Physiotherapeut, obendrein studierter Sozialwirt. Und er ist ein Pionier: Seit 2003 führt er in Hopfen am See das erste biozertifizierte Hotel im Allgäu. Hopfen ist Kneippkurort seit 1989. "Es stimmt schon, so richtig sexy war Kneipp nicht mehr." Kneipp brauchte ein neues Image, musste mit einem zeitgemäßen Thema aufgeladen werden: So kam Eggensberger darauf, die Schlaflosigkeit, ein verbreitetes Problem der Wohlstandsgesellschaft, mit Kneipp zu kurieren. Nach einer positiv verlaufenen Pilotstudie zu nichtorganischen Schlafstörungen will er nunmehr in einer wissenschaftlichen Untersuchung die positive Wirkung von Hydrotherapie auf den Schlaf und das vegetative Nervensystem nachweisen. Schon jetzt können von Insomnie geplagte Menschen im Therapiezentrum, das ans Hotel angeschlossen ist, zurückfinden in ihren natürlichen Biorhythmus. Wechselgüsse sind nur ein Teil der Behandlung. Wichtig sei auch, wieder Ordnung in den Tag bis zum Zubettgehen zu bringen - ein wichtiger Teil der Kneipp'schen Lehre. Am Ende sollen die Gäste sich selbst Wechselgüsse verabreichen können. Man brauche dazu nur einen Duschkopf, sagt Eggensberger - und Willenskraft. "Bevor man Medikamente nimmt, warum nicht erst mal Kneipp ausprobieren?"

Ingrid Brunner

Schlaf-wieder-gut-Paket mit ärztl. Eingangsgespräch, Kneipp'scher Sprechstunde, Kneipp-Anwendungen, Spa-Nutzung und Bio-HP, 5 Tage ab 875 Euro im DZ, www.eggensberger.de

Hinweis

Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

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Quelle:
SZ vom 28.11.2019/ihe
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