Saona vor der Dominikanischen Republik:Wer bleiben will, muss heiraten

Im beschaulichen Dorf Mano Juan auf der Karibikinsel Saona dürfen nur die Nachfahren der ersten Siedler wohnen. Hier ist das Leben schlicht, aber frei von Hektik. Wen stört es da, dass er zum Telefonieren auf einen Baum klettern muss.

Yasmin Schulten

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Karibik Dominikanische Republik Saona Insel

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Im beschaulichen Dorf Mano Juan auf Saona Island vor der Südostspitze der Dominikanischen Republik dürfen nur die Nachfahren der ersten Siedler wohnen. Hier ist das Leben schlicht, aber frei von Hektik. Wen stört es da, dass er zum Telefonieren auf einen Baum klettern muss. Eine Bilderreise von Yasmin Schulten

Don Morales sitzt im Schatten einer Palme auf einem Plastikstuhl und schaut den Dorfkindern beim Spielen am Strand von Mano Juan zu. Als sein kleiner Enkelsohn neben ihm anfängt zu quengeln, hebt er den Einjährigen behutsam aus dem Bettchen in Form eines Holzschiffes. Der Kleine quietscht vor Vergnügen, sein Großvater mit dem dichten grauen Haar strahlt voller Stolz.

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Familie und Gemeinschaft, darum dreht sich alles in dem einzigen Dorf auf der knapp 110 Quadratkilometer großen Insel Saona. Zwölf Familien leben hier seit Ende des Zweiten Weltkriegs - ursprünglich aus machtpolitischen Gründen. Als die USA von Puerto Rico aus Saonas Nachbarinsel La Mona besetzten, wollte der dominikanische Diktator Rafael Leonidas Trujillo Molina verhindern, dass sie sich auch die Insel im Parque Nacional Del Este - Nationalpark des Ostens - einverleibten. Daher siedelte er Menschen aus der Dominikanischen Republik an, um seine Ansprüche deutlich zu machen.

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Die neuen Inselbewohner bauten ein kleines Dorf am von Kokospalmen gesäumten Sandstrand. Bis heute dürfen ausschließlich Mitglieder sowie Nachkommen dieser Familien hier leben. Don Morales kam im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern nach Saona und ist nun mit 76 Jahren ältester Dorfbewohner und so etwas wie der Bürgermeister von Mano Juan.

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Und Don Morales trägt die Geschichte der Insel weiter. So erzählt er, wie ein italienischer Investor trotz Verbot Hotels auf Saona bauen wollte. Doch die Regierung griff ein und riss bereits errichtete Mauern nieder. Die Überreste sind bis heute zu sehen.

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Denn Tourismus in der Form, wie er in weiten Teilen der Dominikanischen Republik normal geworden ist, darf es im Nationalpark nicht geben. Hier finden Besucher weder All-inclusive-Hotelanlagen, und voll werden die Strände höchstens im Norden, wenn die Tagestouristen anlegen. In Catuano betreiben die Einheimischen ein paar Verkaufsstände und bieten den Urlaubern Massagen an. Fahren die Ausflügler in ihre Hotels auf dem Festland zurück, kehren auch die Menschen von Saona heim in ihr Dorf Mano Juan.

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Neben Catuano ist der Strand "Canto de la Playa" etwas weiter östlich von Mano Juan ein beliebtes Ziel, das aber von nicht so vielen angesteuert wird wie Catuano. Am "Canto de la Playa" gibt es ein vorgelagertes Korallenriff, das Schnorchler begeistert. Hier wurden Szenen aus Fluch der Karibik gedreht.

Nur wenige Urlauber kommen nach Mano Juan. Denn obwohl Saona vor allem wegen seiner makellosen weißen Sandstrände ein beliebtes - wenn nicht sogar das in der Dominikanischen Republik beliebteste - Ausflugsziel zahlreicher Touristen ist, bieten nur wenige Veranstalter eine Tour in das karibische Vorzeigedorf an.

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Die breite Masse fährt stattdessen mit Katamaranen und Schnellbooten an die Strände an der Westseite der Insel und verbringt dort einige Stunden im Liegestuhl und mit Cocktail in der Hand, bis es mit dem Party-Katamaran zurück aufs Festland geht. Doch es lohnt, den Liegestuhl zu verlassen und die Insel zu erkunden. Dann könnte es Urlaubern so ergehen wie dem Ehepaar Marion und Alexander Tilanus. 

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Die Niederländer erlagen dem Charme dieses idyllischen Dorfes, als sie vor drei Jahren ins Land kamen. Sie hatten zuvor zwölf Jahre lang Öko-Reisen in Südafrika organisiert. "Uns liegt viel an Natur und Kultur. Und die Menschen hier sind uns sehr ans Herz gewachsen. Sie sind Freunde", sagt Marion Tilanus. Daher hat das Ehepaar begonnen, nicht nur Touren nach Mano Juan anzubieten. Es baut auch im Dorf ein Museum auf, das über die Geschichte der Insel berichtet.

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Riesige Gemälde an zwei Wänden der kleinen Museumshütte zeigen die wechselhafte Historie der Insel. Der Künstler Guillermo Estrada hat einige Monate bei den Einheimischen gewohnt, um alles über sie und ihre Geschichten zu erfahren. Wenn das Museum fertig ist, will das Ehepaar Tilanus es den Bewohnern von Mano Juan schenken, damit sie mit den geringen Eintrittsgebühren etwas Geld dazuverdienen.

Dann erfahren Besucher, dass einst Taíno-Indianer auf der Insel lebten. Doch mit den spanischen Eroberern gelangten auch Krankheitserreger nach Saona, alle Eingeborenen starben. Zudem wird erzählt, dass vor der Küste der Insel zu dieser Zeit (1502) eine spanische Flotte (mehr als 30 Schiffe mit Gold und Silber an Bord) einem Hurrikan zum Opfer fiel und im Meer versank. Das zog Piraten nach Saona, die jahrelang nach den Schätzen suchten und sie nie fanden. Bis zum Aufbau der neuen Siedlung nach dem Zweiten Weltkrieg war die Insel unbewohnt.

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Die Insulaner leben in einfachen Verhältnissen, die meisten in kleinen bunt angestrichenen Holzhäusern mit Wellblech- oder Palmenblätterdach. Nur vereinzelt sieht man kleine gemauerte Behausungen. Die Regierung versorgt die Haushalte täglich mit lediglich drei Stunden Strom, von 19 bis 22 Uhr - am Samstag zusätzlich von acht bis elf Uhr, dann ist Waschtag auf der Insel. Nur 20 Prozent der etwa 300 Einwohner Mano Juans haben einen Generator, mit dem sie selbst Strom erzeugen.

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Trinkwasser und Lebensmittel kaufen die Insulaner bei Rosa, der Tochter von Don Morales, im einzigen Tante-Emma-Laden auf der Insel, der regelmäßig mit Waren vom Festland bestückt wird.

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Trotz oder gerade wegen des einfachen Lebens wirken die Menschen in Mano Juan fröhlich: der Trompetenspieler und die elfährigen Mädchen, die singend über die staubige Straße von der Schule nach Hause laufen. Auch ihre Mütter, die im Schatten vor den Häusern das Mittagessen vorbereiten, grüßen freundlich, ebenso die Männer, die gerade ihre Fischerboote an den Strand ziehen.

Alles läuft viel gemächlicher ab als in Europa, Stress und Zeitdruck sind Fremdwörter: "Alles kommt wie es kommt", sagen die Dorfbewohner - und machen dabei einen sehr entspannten Eindruck.

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Abends treffen sich die Insulaner wenige Häuser entfernt von Rosas Laden in einem nach allen Seiten hin offenen Haus, das ein wenig an einen großen Carport im Rohbau erinnert. Es ist die Diskothek von Mano Juan. Große Musikboxen sind ebenso wie rote Holzstühle an die Seite geschoben, im hinteren Bereich kann man eine gemauerte Bar erahnen.

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Doch getanzt wird später, gerade singen die Inselbewohner aus voller Kehle in der evangelischen Kirche einige Meter weiter. Es gibt auch eine weiß angestrichene katholische Kirche am anderen Ende des Dorfes, aber der Priester ist nicht da. Er kommt alle paar Wochen zu Gottesdiensten auf die Insel - für besondere Feste wird er zusätzlich bestellt.

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Seit wenigen Monaten gibt es in Mano Juan sogar eine Telefonzelle. Wer aber mit dem Handy telefoniert, sollte schwindelfrei sein, denn dafür muss man in den vier Meter hohen Telefonbaum klettern. Nur dort gibt es Empfang. Dass das halbe Dorf nahe dem Baum mehr als nur Gesprächsfetzen des Telefonats mithören kann, stört niemanden.

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Nicht einmal das Arzt-Patienten-Geheimnis nehmen die Insulaner allzu genau: Weil alle paar Jahre die Mediziner in der örtlichen Klinik wechseln, hat einer von ihnen eine Skizze des Dorfes mit allen Häusern angefertigt, die im Wartezimmer aushängt. Darauf ist mit unterschiedlichen Neonmarkern verzeichnet, wer unter Bluthochdruck, Diabetes oder anderen Krankheiten leidet. Dass somit auch die Nachbarn wissen, dass etwa der im Rollstuhl sitzende Don Montero an Diabetes leidet, stört nicht. Hier kennt jeder jeden und weiß alles über jeden. Es ist selbstverständlich, dass das Dorf hilft, wenn jemand krank ist.

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Für die Jugendlichen von Mano Juan ist diese Gemeinschaft ein Grund, um in ihr Heimatdorf zurückzukehren, wenn sie nach der Grundschule eine Weile auf dem Festland zur Schule gehen mussten. Sobald sie einen festen Partner haben und Nachwuchs erwarten, kommen sie in das Dorf zurück. Dass von den rund 300 Einwohnern mehr als ein Drittel Kinder sind, wundert da nicht.

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Informationen

Auf Saona gibt es keine Hotels und Pensionen, eventuell kann man mit dem Einheimischen aber eine private Übernachtung aushandeln.

Anreise: Als Tagesausflug mit dem Boot ab Bayahibe (nahe La Romana) mit Marion Tilanus für 85 US-Dollar (seavisbayahibe.com). Gegen Aufpreis auch Transfer von Punta Cana möglich.

Außerdem kann man mit Fischern aus Bayahibe eine Tagespauschale aushandeln, um einen individuellen Tag auf der Isla Saona zu verbringen.

Weitere Informationen unter godominicanrepublic.com

© Süddeutsche.de/dd/lala
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