Sandsammler Helber:Die Welt, ein Sandkasten

Sommer, Sonne, Strand? Daniel Helber interessiert sich im Urlaub nur für eins: den Sand. 3500 Proben hat er gesammelt. Ein Gespräch über Sandsammler und die schönsten Strände.

Anna Fischhaber

Sand ist für ihn nicht nur eine knirschende Erinnerung an den Urlaub am Strand, sondern eine Lebensaufgabe: Daniel Helber, 34, Ingenieur aus Denkendorf in Baden-Württemberg, ist ein "Sandmann". Über 3000 Proben hat er gesammelt. Im Interview erklärt er, welche Leidenschaft ihn antreibt und wo es ist die schönsten Sandstrände der Welt gibt.

Sandmuseum Cramme, dpa

In Deutschland hält das Sandmuseum in Cramme mit mehr als 25.000 Exponaten den Sandrekord.

(Foto: Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Nach dem Urlaub sanden Sie Ihre Wohnung freiwillig ein. Wie viele Kilo Sand haben Sie derzeit zu Hause?

Daniel Helber: Fast 3500 Proben - das sind etwa 150 Kilo. Leider habe ich relativ wenig Platz, deshalb lagert der Sand im Moment noch in Kisten gut versteckt im Schrank, aber das soll sich bald ändern. Andere haben bis zu 10.000 Proben, dafür habe ich Sand von überall.

sueddeutsche.de: Wie viel ist so ein Kilo Sand wert?

Helber: Nichts. Sand hat keinen materiellen Wert, sondern nur den, den ein Sammler ihm gibt. Das ist wie beim Überraschungseier-Tauschen. Natürlich gibt es auch Leute, die im Internet Sand verkaufen. Aber das ist wenig vertrauenswürdig.

sueddeutsche.de: Apropos Vertrauenswürdigkeit: Würden Sie merken, wenn ich Ihnen Sand vom Spielplatz nebenan als Wüstensand aus Marokko zum Tausch anbiete?

Helber: Ich habe einmal gewettet, dass ich es schaffe, 250 Sandproben aus 130 Ländern zu erraten. Damit bin ich 2006 Wettkönig bei Thomas Gottschalk geworden. Deshalb kenne ich mich inzwischen ganz gut aus.

sueddeutsche.de: Wie kann man denn Sand auseinanderhalten?

Helber: Es gibt kleine, mittlere und große, runde, eckige und ovale Körner. Je nachdem, wie die Sonne darauf scheint, sind sie glänzend oder matt. Sand besteht aus Mineralien und auch aus Korallen- und Muschelbruchstücken. Mancher ist einfarbig, anderer gesprenkelt oder ganz bunt. Dann gibt es verschiedene Farben - weiß, grün, blau, violett, braun, schwarz. Grünen Sand gibt es in Hawaii, blauen nur in Namibia und violetten Rubinsand habe ich aus einer Mine in Indien.

sueddeutsche.de: Wie sieht deutscher Sand aus - zum Beispiel von der Nordsee?

Helber: Einfarbig, gräulich oder bräunlich - Allerweltssand eben.

sueddeutsche.de: Was ist Ihre exotischste Probe?

Helber: Ich habe Sand, der stammt vom Grund des arabischen Meeres, einige hundert Kilometer von Oman entfernt, aus zwei Kilometer Tiefe - dort wurde nach Öl gebohrt.

sueddeutsche.de: Wie wird man eigentlich Sandsammler?

Helber: Ich habe 1996 eine Fahrradtour auf Vancouver Island gemacht - 90 Kilometer waren es bis zur Westküste. Am Strand war kein Mensch. Ich fand ihn so wunderschön, dass ich eine Tüte mitgenommen habe. Mit den Jahren wurde es mehr und mehr. Dann habe ich festgestellt, es gibt noch mehr Verrückte, die sammeln. In Europa ungefähr 50, einmal im Jahr buddelt man zusammen in Holland in einer Sandgrube. So habe ich angefangen zu tauschen. Es ist schön, die ganze Welt einmal in den Händen zu halten.

sueddeutsche.de: Als Sandkenner können Sie doch bestimmt auch Tipps für den Urlaub geben. Wo gibt es denn den schönsten Sandstrand?

Helber: Mein Lieblingssand, der mich acht Stunden Wanderung bei 35 Grad gekostet hat, kommt von einem sehr kleinen Strand auf Gran Canaria, zu dem man nur zu Fuß kommt. Der Sand ist rabenschwarz mit weißen, grauen, grünlichen und roten Steinchen. Schon einen Kilometer weiter sieht der Strand wieder ganz anders aus.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wo es den weißesten Sand gibt und wo den feinsten.

"Fast überall auf der Welt findet man eine Tüte Sand"

sueddeutsche.de: Und wo gibt es den weißesten Sandstrand?

Sandsammler Helber: Daniel Helber, 34, Ingenieur aus Denkendorf beim Sandsammlen in Shanghai.

Daniel Helber, 34, Ingenieur aus Denkendorf beim Sandsammlen in Shanghai.

(Foto: Foto: oH)

Helber: Wenn ich meine Sammlung anschaue: New Mexico in den USA, in den White Sands-Dünen.

sueddeutsche.de: Den feinsten Sand?

Helber: In der Sahara. Dort hatte der Sand viel Zeit und Platz, sich glatt und fein zu schleifen.

sueddeutsche.de: Suchen Sie sich Ihr Urlaubsziel nach dem Sand aus?

Helber: Zum Glück findet man fast überall auf der Welt eine Tüte Sand. Gerade war ich ein paar Tage in der Schweiz, in Österreich, in Deutschland und in Liechtenstein beim Wandern. Von jedem Gipfel habe ich mir Sand mitgenommen und aus den Seen und Flüssen natürlich auch.

sueddeutsche.de: Das heißt, Sie sammeln Ihren Sand nicht nur an Stränden?

Helber: Genau, ich sammle am und im Wasser, auf Bergen, in Wüsten, in Höhlen. Wenn man dort ein Loch gräbt, stößt man auch auf Sand. Ich bin nicht sehr wählerisch. Ich würde sogar auf Mallorca Sand mitnehmen, wenn ich den noch nicht hätte. Und wenn man darf.

sueddeutsche.de: Sind Sie denn beim Sammeln schon mit dem Gesetz in Konflikt gekommen?

Helber: Ich noch nicht, aber ein Helfer. Ich bin inzwischen als Sandmann bekannt: Freunde, Arbeitskollegen und sogar Lieferanten meiner Firma bringen mir etwas mit. Der Bekannte hatte in der Dominikanischen Republik Sand eingepackt - und wurde am Zoll gestoppt. Er musste dann die Tüte wieder ausleeren. Auch in Sardinien darf man das nicht.

sueddeutsche.de: Gibt es denn einen Sand, den Sie unbedingt haben wollen?

Helber: Es gibt etwa 250 Länder auf der Welt. Ich suche nach den 20 Ländern, die mir noch fehlen und nach Sand von einsamen Inseln. Schwierig wird es mit der Bouvetinsel oder der Norfolkinsel - dort kommen kaum Touristen hin. Aber vor kurzem hat mich ein Weltreisender im Internet gefunden, er mochte mein Hobby. Jetzt ist er in Ozeanien unterwegs und schickt mir alle paar Monate ein Päckchen Sand mit der Post.

Mehr Informationen zum Sandsammeln unter www.sand-sammlung.de. Dort nimmt Daniel Helber auch Sandspenden entgegen.

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