"Samen-Andreas":Nützlinge

"Samen-Andreas": „Samen-Andreas“ ist für den Frühling gerüstet.

„Samen-Andreas“ ist für den Frühling gerüstet.

(Foto: Bert Bostelmann)

150 Jahre alt: das Gartengeschäft der Familie Andreas.

Von Susanne Höll

Nils Andreas ist von Natur aus ein fröhlicher Mensch. Das ist schön für die Kunden, hilfreich aber auch für ihn selbst. Es hilft ihm, die Unbill seines professionellen Lebens zu ertragen. Dabei hat der 42-Jährige das Glück, einen Traumberuf gefunden zu haben. Nils ist der fünfte Andreas, der das Samen- und Gartengeschäft der Familie in der Töngesgasse führt, ein paar Steinwürfe entfernt von der Einkaufsmeile Zeil. In diesem Jahr feiert "Samen-Andreas" das Jubiläum zur Gründung vor 150 Jahren. Anlass zur Freude, gewiss. Aber die Zeiten sind schwierig, sagt der Chef.

Etwa 100 Quadratmeter groß ist der Ladenraum, in dem Freunde der Flora so ziemlich alles finden, was man zum guten Gärtnern braucht. Gemüse- und Blumensamen, handgeschmiedetes Werkzeug, Hilfsmittel aller Art, auch gegen Schädlinge. Jetzt, im Januar, hält sich der Kundenansturm noch in Grenzen. Was, bitte schön, soll man außer Christrosen und Samenvorräten schon erstehen. Vogelhäuser, antwortet Andreas. Ein großer Renner jetzt im Winter. Stimmt. Die Ladenglocke läutet, ein Ehepaar mittleren Alters begehrt Meisenfutter. Sie sind nicht zum ersten Mal im Laden. Stamm- und Laufkundschaft hielten sich in etwa die Waage, erzählt der Chef. Bald wird sich der Laden wieder füllen. Dann stehen die ersten Frühlingsblumen auf den Holzregalen vor den Ladenscheiben, die Passanten bleiben stehen, stecken ihre Nasen in die Blüten und kaufen, sozusagen berauscht, Töpfchen voller Tulpen, Hyazinthen und Narzissen.

Natürlich kann sich Andreas nicht mit einem Gartencenter messen, die Auswahl ist bedeutend kleiner, auch wenn im Sommer der kleine Hinterhof überquillt von Stauden und Gemüsepflanzen. Aber wer robuste, gesunde Sämlinge mitsamt ausführlicher Beratung will, geht eben zu Andreas. Dennoch muss er kämpfen.

Gut 50 000 Euro Miete zahlt der Familienvater im Jahr. Nicht viel für eine Frankfurter Innenstadtlage, wohl aber für Andreas. Unlängst musste er schwersten Herzens einen seiner zwei Angestellten entlassen. Es ging finanziell nicht mehr. Und was wäre, wenn ihm die Immobilie gehörte? Andreas lacht: "Dann würde ich vermieten und wäre nicht mehr hier." Ernsthaft? Nein, nur Spaß. Natürlich stünde er auch dann im Geschäft, mit weniger Sorgen allerdings. Und allen Schwierigkeiten zum Trotz glaubt er an eine sechste Generation. Sein jüngster Sohn, gerade einmal acht Jahre alt, komme gern und oft ins Geschäft.

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