Schweben, gehoben werden in einen blau flirrenden Himmel, durch eine Fläche gehen, abstrakt, diffus, aus gespiegeltem Weiß, Grau und Blau - es gibt Landschaften, die ein hysterisches Glücksgefühl entfachen, sprachlos machen, berauschen.
Der Salar de Uyuni, der größte Salzsee der Welt im Hochland Boliviens, ist so eine Landschaft. Er liegt auf 3600 Metern, nahe der chilenischen Grenze, in einer windzerfressenen Leere aus Bergen, Vulkanen und fauchenden Geysiren.
Nur Lamabauern, Minenarbeiter und wie immer das Militär leben in dieser dünn besiedelten Region. Vor Jahrtausenden ausgetrocknet, blieb von dem Binnenmeer ein Becken übrig, 12.000 Quadratkilometer groß, gefüllt mit zehn Milliarden Tonnen Salz, die steinharte Kruste sieben Meter tief, ein kristalliner Ozean, in dem halb Hessen Platz fände.
In der Trockenzeit, von Mai bis November, ist der Salar eine Wüste aus gleißender Helligkeit, eine gigantische, weiße Platte unter einem keuschen, makellos blauen Himmel. Busse, Lastwagen und Jeeps kreuzen den See, als gäbe es Straßen, fahren nach Uyuni, Llica, Tahua, Canquella, transportieren Gemüse, Hühner, Wolle, Benzin, bringen Menschen in ihre Heimatdörfer.
Mit verstaubten Gletscherbrillen sitzen Fahrer am Steuer und fräsen mit ihren Fahrzeugen schnurgerade durch grelles Licht, als führen sie über polare Eisflächen.
Salz hämmert gegen Scheiben, frisst sich unter die Haube, es klirrt, knirscht, und unter den Reifen platzen und zerbröckeln fünfeckige Wabenmuster aus Salz.
In der Regenzeit ist der Salar nicht von dieser Welt.
Er ist ein Nirwana, Metaphysik. Alle Bezugspunkte verschwimmen, die Kordilleren, der Horizont, das strahlende Weiß des Salzes, das Oben und Unten. Wasser bedeckt den Salar und verwandelt ihn in einen gewaltigen Spiegel.