Russische Alpentouristen:Wenn der Rubel grollt

Montafon, Skipiste in Österreich, Alpen

In Österreichs Skigebieten werden in diesem Winter viele Gäste aus Russland fehlen.

(Foto: iStockphoto/Roland T. Frank)

Kitzbühel, Ischgl, St. Anton: Österreichs Skiorte stellen sich auf Verluste ein, weil in diesem Winter die sonst so zahlungskräftigen russischen Gäste fernbleiben werden. Dafür gibt es zwei Gründe.

Von Cathrin Kahlweit

Claudia Waldbrunner, Tourismus-Referentin in Kitzbühel, war gerade erst in Sankt Petersburg und Moskau, und in Kiew war sie auch: Werbung machen für den Wintersport in Österreich. Es galt, die wichtigen Kunden zu umgarnen, die früher sehr gern - und in stetig wachsender Zahl - zum Skifahren nach Österreich kamen. Und die auch sehr, sehr viel Geld in Hotels, Boutiquen und Restaurants gelassen haben. Waldbrunner war überrascht von der Ukraine, "wo wir geradezu dankbar empfangen wurden". Aber der wichtigere Markt ist Russland. Oder besser: war Russland.

In Kitzbühel, einem der wichtigsten Hotspots für skibegeisterte Oligarchen, lagen die Russen 2013 bei den Übernachtungen immerhin an vierter Stelle. Das wird in diesem Winter anders werden. Auch wenn sich Tourismusmanager, Hotelbesitzer und Skiliftbetreiber noch optimistisch geben und sagen, die Saison fange ja gerade erst an, so deutet alles auf Trendumkehr und Buchungsrückgänge. Denn viele Russen können sich den Winterspaß in Kitzbühel, Ischgl, Sölden oder St. Anton nicht mehr leisten.

"Da machen wir uns keine Illusionen"

Der Rubel hat seit März ein Fünftel seines Werts verloren, die Kaufkraft ist dementsprechend gesunken. EU-Sanktionen belasten die russische Wirtschaft, Preise für Alltagswaren steigen. Der Mittelstand stöhnt unter den wachsenden Lasten. Aber es gibt noch einen zweiten Grund: das politische Klima. Peter Havlik vom Internationalen Institut für Wirtschaftsvergleiche in Wien führt das auf die antiwestliche Propaganda zurück: Hohe Staatsbeamte dürften nicht mehr im Ausland Urlaub machen. Außerdem habe es eine massive Kampagne für Ferien daheim gegeben, samt Gutscheinen und verbilligten Flügen auf die Krim. Weniger Geld und mehr Patriotismus - das wirkt sich aus. "Wir werden sicher Einbußen bei den russischen Gästen haben", sagt Carmen Fender vom Ötztal Tourismus, "da machen wir uns keine Illusionen."

Schon sind mehrere russische Reiseveranstalter, die sich auf das Westgeschäft fokussiert hatten, pleitegegangen; allein im August waren vier Anbieter zahlungsunfähig, Zehntausende russische Touristen saßen im Ausland fest. Andreas Steibl, Marketingdirektor von Ischgl Tourismus, hofft, dass die Russen jetzt lieber selbständig und spontan buchen. Aber auch er, der ebenfalls auf PR-Tour in der Ukraine und Russland war, auf Luxusmessen und bei Großveranstaltern, ahnt, dass die Familien, die Mittelschicht, ausbleibt. Luxushotels meldeten nach wie vor Reservierungen, sagte er, aber bei Ferienwohnungen und Pensionen merke man den Negativtrend. Kein Wunder, erklärt Ökonom Havlik: Die Mittelschicht spüre den Rubel-Verfall deutlich. Die Oligarchen aber, für die man schon mal gern nachts die Geschäfte aufschließe in den Luxus-Skiorten, die zahlten ohnehin in Dollar.

Ein Taxifahrer aus Sölden, der früher zwei, drei Monate vor Wintereinbruch ausgebucht war, mag nicht als "Schwarzseher" zitiert werden. Aber er sieht schwarz. Denn mit den Vorausbuchungen der spendablen Gäste aus dem Osten sieht es in diesem Jahr mau aus. Und es gibt keinen Ersatz: "Die Araber fahren ja leider nicht Ski."

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