Süddeutsche Zeitung

Richtig rodeln:Die Kurve kriegen

Lesezeit: 3 min

Rodeln ist ein großes Vergnügen, kann aber auch gefährlich werden. Tipps und Tricks für eine gute Fahrt.

Von Dominik Prantl

Das Rodeln erreicht auch durch den pandemiebedingten Outdoorboom neue Beliebtheitswerte. Dabei wird die Sportart laut Experten noch immer unterschätzt - was fatal sein kann. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie gefährlich ist Rodeln?

Rodelunfälle, teils mit schweren Folgen, sind keineswegs selten. Zwar tauchen Rodelunfälle in der Bergunfallstatistik des Deutschen Alpenvereins üblicherweise unter "Sonstiges" auf und damit unter jenen Berg-Betätigungen, die im Unfallgeschehen "statistisch keine große Rolle spielen". Doch geht aus der Unfallstatistik des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit hervor, dass sich im vergangenen Winter alleine in Österreich beim Rodeln 162 Personen verletzten und drei Menschen starben. Zum Vergleich: Auf Pisten und Skirouten verletzten sich 498 Personen, wobei dieser extrem niedrige Wert mit den Corona-Maßnahmen und dem dadurch geringen Skifahreraufkommen in den Skigebieten zusammenhängt. Das zehnjährige Mittel liegt hier bei 4105 Verletzten und 33 Toten im organisierten Skiraum, beim Rodeln bei 197 Verletzten und zwei Toten. Die Zahlen berücksichtigen allerdings nicht, welche Tätigkeiten wie viele Stunden ausgeübt wurden.

Wo und warum verletzten sich Rodler?

Laut dem Österreichischen Kuratorium für Alpine Sicherheit zog sich von den oben genannten 162 Personen fast ein Fünftel Kopfverletzungen zu (19 Prozent); gefolgt von Verletzungen am Rücken und Unterschenkel (je elf Prozent). Nur jeder vierte aller verunfallten Rodler trug einen Helm. "Die Leute unterschätzen das Rodeln noch immer maßlos. Vor allem auch die Geschwindigkeiten, die dabei erreicht werden", sagt Andreas Pflieger, der als Rodellehrer das Portal kufenreich.de betreibt und sich in seinem Beruf als Anwalt in München auf Wintersportrecht spezialisiert hat. "Wenn man mit 40 Stundenkilometern gegen einen Baum fährt - da muss man dann kein Unfallmediziner mehr sein." Nach einer Hütteneinkehr alkoholisiert zu rodeln, sei daher in etwa so sinnvoll, wie nach ein paar Maß Bier vom Oktoberfest heimzuradeln. Einen großen Vorteil habe das Rodeln jedoch. "Die Fallhöhe ist nicht so hoch", so Pflieger.

Welche Ausrüstung braucht es beim Rodeln?

Sandra Mariner, staatlich geprüfte Rodeltrainerin des Österreichischen Rodelverbands und ehemalige Weltklasse-Naturbahnrodlerin, sagt: "Rodeln ist nicht gefährlich - wenn ich gewisse Sachen beachte." Dazu zählt unter anderem die richtige Ausrüstung: unbedingt Helm, dazu Skibrille, eventuell Rückenprotektor, robuste Handschuhe, gutes Schuhwerk, dessen Bremswirkung gerade auf eisigen Bahnen durch Bremseisen erhöht werden kann. Cracks wie Pflieger schwören gar auf eine Spaxschraube in der Ferse des Schuhs, um besser um die Kurven zu kommen. Außerdem empfehlen beide Experten ganz klar einen guten Holzrodel. Wichtigstes Kriterium: flexibel gelagerte Holme, um auch lenken zu können. "Das Einzige, was sonst noch geht, ist ein Zipfelbob", meint Pflieger. Alles andere - wie Rodel aus Aluminium oder Plastik sowie Billigvehikel aus dem Baumarkt - sei "Quatsch".

Wie rodelt man richtig?

Gerade ein guter Rodel will auch gut bedient werden, da er sehr feinfühlig sei, so Sandra Mariner. "Auf einer geraden Strecke muss man eher liegen als sitzen, sonst fährt man Schlangenlinie." Generell lenke man einen Rodel über die Hüfte und nicht über den Oberkörper, sagt die Rodeltrainerin. Um dies zu lernen, können auch Kurse über kufenreich.de oder den Österreichischen Rodelverband - der seit Kurzem zudem Ausbildungen zum zertifizierten Rodelguide anbietet - gebucht werden. Ein womöglich unfallverhindernder Trick ist das Notbremsmanöver: "Nach hinten setzen und den Schlitten an den Vorderholmen hochziehen", sagt Pflieger. Im Zweifelsfall wäre es auch immer besser, sich vom Rodel fallen zu lassen, als gegen den Baum zu fahren. Und Pflieger stellt schon auch klar: "Rodeln ist keine Rocket Science."

Gibt es Regeln beim Rodeln?

Anwalt Pflieger nennt eine Grundregel für die Rodelbahn - die auch für viele andere Lebenslagen gilt: "Wenn's hinten kracht, gibt's vorne Geld." Seiner Meinung nach sollten Rodler die gleichen Verhaltensregeln beherzigen, wie sie für Skifahrer auf Pisten gelten, vor allem nur mit ausreichendem Abstand überholen, vorsichtig in die Bahn einfahren oder nur an übersichtlichen Stellen stehen bleiben. Mariner verweist zudem auf die Regeln des Rodelverbands in Österreich ("Dort sind sie in Sachen Rodeln mal wieder weiter als wir", so Pflieger) und nennt zwei davon exemplarisch: "Rodeln auf Pisten ist ein No-Go. Und mit Kopf voraus rodeln geht nicht." Im Grunde sei es laut Pflieger auch in diesem Fall mal wieder so: "Das sind Sachen, die sich mit dem gesunden Menschenverstand erschließen."

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