Technik-Reisen:Bagger, Windrad oder gleich ins All?

Nicht nur schöne Strände, sondern auch Wunderwerke der Technik sind eine Reise wert. Neun Tipps für Ausflüge in die Welt der Maschinen.

Von SZ-Autoren

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Bagger für Reiseseite

Quelle: Wi-Wa Wagner

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Spielplatz für Männer

Es gehört zu den letzten Rätseln der Kindheit, warum - nicht nur, aber vor allem - Buben so dermaßen von Baggern fasziniert sind. Viele machen nur eines lieber, als ihre Nase an Bauzäunen platt zu drücken: Sie pflügen stundenlang den Sandkasten um. Eine Lösung des Rätsels kann auch ein Besuch des Wiwa-Baggerplatzes in Hamburg nicht bieten. Dafür aber den Beweis dafür, dass es noch in vielen Erwachsenen drinstecken muss, dieses kleine Kind, das so dermaßen fasziniert ist von Baumaschinen.

Gestandene Männer kriegen auf dem Gelände des Unternehmens Wilko Wagner - ein Marktführer in Sachen Abbruch, Erdbau und Kampfmittelentsorgung - feuchte Augen und erhöhten Puls. Sie bewegen 22 Tonnen schwere Stahlmonster per Joystick und Fußpedal, baggern Erdhügel an. Baggerarm und Schaufel reagieren elektronisch und hydraulisch gesteuert auf kleinste Bewegungen. So mächtig die Riesenmaschinen sind, so feinfühlig muss man sie behandeln.

www.wiwa-baggerplatz.de, geöffnet bis 12.11., Kettenbagger ab 42 Euro, Minibagger (ab 12 Jahren) ab 24 Euro für 15 Minuten

Jochen Temsch

Windenergie

Quelle: Patrick Pleul/dpa

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Nase im Wind

Schwindelfrei sollte man sein für diese Tour und dem Wind nicht abgeneigt. 295 Stufen geht's eine Wendeltreppe hinauf aufs Windrad, in eine Höhe von 65 Metern. Oben erläutert Mirko Freese, Mitarbeiter im Windpark Holtriem in Ostfriesland, wie viele Haushalte mit dem hier erzeugten Strom gerade versorgt werden - und wie so ein Windrad überhaupt funktioniert. Kommt der Wind aus Norden, hat auch das Windrad seinen "Kopf" - das Maschinenhaus - nach Norden ausgerichtet. Dreht sich der Wind, dreht sich auch das Maschinenhaus. Wer sich traut, kann bis dorthin noch weiter aufsteigen. "Dort spürt man, wie viel Kraft in so einer Anlage steckt", sagt Freese. Die Rotorblätter ziehen schon nah an einem vorbei. "Das trauen sich nicht alle."

Muss aber auch nicht sein. Auch von der normalen Aussichtsplattform aus ist der Blick bei gutem Wetter genial. Er reicht über die Ostfriesischen Inseln, zum Hafen von Emden, nach Wilhelmshaven. Bis nach Holland sogar, wo man sieht, was hoffentlich bald Geschichte ist: ein Kohlekraftwerk.

Führungen wieder ab Ostern, Anmeldung über das Tourismusbüro der Gemeinde Dornum, Telefon: 04933 7 / 91 11 0 oder info@dornum.de

Monika Maier-Albang

Cité de l'Espace

Quelle: Cité de l'Espace

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Der Traum vom Fliegen

Beinahe 100 Jahre ist die Luftfahrtindustrie in Toulouse alt, die südfranzösische Stadt gehört zu den wichtigsten Luftfahrtzentren der Welt. So kommen Touristen nicht bloß wegen der ziegelsteinernen Altstadt, die ihr den Beinamen "la ville rose", die rosafarbene Stadt, eingebracht hat, sondern weil man hier dem Traum vom Fliegen intensiv nachhängen kann.

Die Cité de l'Espace, also die "Weltallstadt", ist ein Themen- und Erlebnispark, mit einem Nachbau der Ariane 5-Rakete sowie Modellen von diversen Modulen der Raumstation Mir. Im Imax-Kino wird ein von Astronauten der Raumstation ISS gedrehter Film gezeigt. Im Moon Runner und im Astrojump können Besucher am eigenen Leib erfahren, wie die Schwerkraft auf Mond und Mars wirkt und wie sich das auf den Gleichgewichtssinn auswirkt. Am 9. November eröffnet auf der ehemaligen Rollbahn der Luftpost-Gesellschaft Aéropostale der Ausstellungskomplex "La Piste des Géants": Dort sind von Künstlern, Designern und Technikern zum Leben erweckte Maschinen ausgestellt. Auch die Historie der Luft- und Raumfahrt ist dokumentiert.

www.toulouseaerospace.com, www.cite-espace.com

Stefan Fischer

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Quelle: Thomas Krämer/mauritius images

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Erhebende Schiffsreise

Was für ein Empfang. Wenn diese Grande Dame der Flussschiffahrt eine Schleuse passiert, dann klicken am Ufer die Kameras. Es kommt auch vor, dass Bewunderer der Juno und ihrer Besatzung ein Ständchen bringen oder Blumen aufs Deck werfen: 1874 gebaut, ist sie einer der ältesten Hotel-Passagierdampfer der Welt. Mit einer Geschwindigkeit von nur sechs Knoten tuckert sie in vier Tagen von Göteborg an der Nordsee nach Stockholm an der Ostsee. Herzstück der Strecke ist der 190 Kilometer lange Götakanal. Das nostalgische Flair an Bord, kombiniert mit Schleusen-Abenteuern, macht den Reiz dieser Reise aus. In einen schwimmenden Fahrstuhl verwandelt sich die Juno auf der Schleusentreppe von Trollhättan: In Zeitlupentempo klettert sie dort 32 Meter in die Höhe. Über sieben Schleusen steigt das Schiff an der Carl-Johans-Treppe 20 Meter tief zum Roxensee hinab. Durch insgesamt 66 Schleusen steuert der Kapitän das Schiff, oft ist es Millimeterarbeit. Dafür kriechen einige Passagiere mitten in der Nacht aus der Kabine. Lieber am nächsten Morgen unausgeschlafen sein, als eines der Manöver zu verpennen.

www.gotacanal.se; Klassische Kanalreise: Doppelkabine ab 1390 Euro pro Person; Mai bis August

Stephanie Schmidt

Zeche Zollverein

Quelle: Bernd Thissen/dpa

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Industrie und Kultur

Das Ruhrgebiet ist eine stolze Region. 150 Jahre lang geprägt von Kohle- und Stahlindustrie, hat selbst der Strukturwandel den Menschen im Revier nicht das Selbstbewusstsein geraubt, trotz geschlossener Zechen und Hochöfen; trotz verlassener Industriegebiete und eher schmuckloser Innenstädte. Eine Erklärung, worauf dieser Stolz gründet, gibt die Route der Industriekultur, ein Netz von mehreren Hundert Sehenswürdigkeiten, verteilt über das Ruhrgebiet.

25 Industriedenkmäler bilden die "Ankerpunkte", darunter die frühere Zeche Zollverein in Essen, heute Unesco-Welterbe (im Bild der Förderturm), das Deutsche Bergbaumuseum in Bochum oder der Gasometer in Oberhausen. Für Ausblicke auf die von Industrie, aber auch von vielen grünen Oasen geprägte Landschaft sorgen 17 Aussichtspunkte, zum Beispiel das begehbare Kunstwerk "Tiger & Turtle" auf einer Halde in Duisburg. Eine ganze Reihe Museen liegt an der Industriekultur-Route, dennoch geht es nicht um eine sentimentale Reise in die Vergangenheit: Viele der ehemaligen Industriestätten sind längst mit neuem Leben gefüllt

www.route-industriekultur.ruhr; die einzelnen Sehenswürdigkeiten sind auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit dem Rad gut erreichbar.

Eva Dignös

Ein Jahr autonomer eBus in Bad Birnbach

Quelle: Amelie Geiger/dpa

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Fahrerlos unterwegs

Das Ding biegt langsam ums Eck, gaaaanz langsam. Mehr als 15 Kilometer pro Stunde schafft der autonom fahrende Bus in Bad Birnbach nicht. Vor allem aus Sicherheitsgründen, weil nicht alle darauf vertrauen, dass die Technik die vielen Informationen so rasch verarbeiten kann, die Sensoren und Kameras aus dem Straßenumfeld liefern. Und damit auch ja nichts schiefgehen kann, ist immer ein Techniker mit an Bord, der im Notfall eingreifen und den Bus etwa um ein falsch geparktes Auto herumlenken kann.

Seit etwa einem Jahr testet die Deutsche Bahn auf einer etwa 1400 Meter langen Strecke in dem Kurort in Niederbayern den autonom fahrenden Sechssitzer. Etwa 20 000 Menschen haben das Angebot bislang genutzt. Es ist der erste fahrerlose Elektrobus, der in Deutschland im öffentlichen Nahverkehr über einen längeren Zeitraum getestet wird - Probeläufe in anderen Städten gingen meist nur über wenige Tage. In Kürze soll in Bad Birnbach die nächste Bus-Generation zum Einsatz kommen: Die wird dann bis zu 25 Kilometer pro Stunde schaffen.

Der autonom fahrende Elektrobus verkehrt täglich von 8 bis etwa 17.30 Uhr als Linie 7015 in Bad Birnbach. Die Fahrt ist kostenlos.

Marco Völklein

Inside VR Park Tokyo

Quelle: Tomohiro Ohsumi/Getty Images

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Großer Schwindel

Wer wollte nicht schon immer mal als menschliche Kanonenkugel durch die Gegend fliegen? Per Fallschirm durch den Dschungel gleiten? Oder wie James Bond über Hochhäuser springen? Kein Problem, zumindest in Japan. Überall in Tokio bieten Virtual-Reality-Freizeitparks Nervenkitzel aller Art. Sie liefern nicht nur VR-Brillen und Kopfhörer, sondern betten die Technik in hochkomplexe Maschinen ein. Wer beispielsweise durch den Dschungel hetzt, bekommt einen Spritzer Wasser ins Gesicht. Erklimmt man einen rutschigen Hügel, läuft man tatsächlich auf einem Laufband oder man saust per Achterbahn durch die Gegend. Realität und Fiktion verschwimmen, mitten in der Großstadt.

Möglich macht diese Erfahrung die neueste Generation von VR-Brillen, die die Umgebung extrem realistisch darstellen. Bisher geht es bei den VR-Attraktionen in Tokio hauptsächlich um Action. Im "Joypolis", einem der größten Freizeitparks der Stadt, können mehrere Spieler in einer Art Kriegssimulation gegeneinander antreten. Sie laufen mit VR-Brillen durch den Raum, während sie an Halteseilen befestigt sind. Oder lassen sich auf einem "Fliegenden Teppich" davontragen. Andere Spiele beschäftigen sich mit Zombies, Robotern oder Piraten.

Vielen Besuchern geht es offenbar gar nicht so sehr ums Schießen und Gruseln, sondern um die Flucht in eine komplett andere Lebenswelt. Wer bei so viel Action einen Schwindelanfall bekommt, darf im hygienisch-korrekten Japan beruhigt sein: In allen VR-Freizeitparks gehören Spucktüten zum Inventar.

VR Zone Shinjuku: http://vrzone-pic.com, Joypolis: http://tokyo-joypolis.com

Steve Przybilla

Swiss Science Center Technorama

Quelle: Technorama

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Forschen und lernen

"Anfassen erwünscht!" Das Motto des Technorama Winterthur, eines der größten Science Center Europas, muss man als Besucher wörtlich nehmen. An 500 Experimentierstationen lassen sich Naturphänomene nachvollziehen und ausprobieren: Ob das nun das Sichtbarmachen von Magnetwellen, von Elektronen in der Nebelkammer oder die Berechnung einer Flugbahn mittels Karussell ist - überall muss man Hand anlegen, oft auch zu zweit. Zwar gibt es auch spektakuläre Vorführungen, wo etwa ganz Mutige einen Blitz mit der Hand fangen können oder ein Feuertornado ausgelöst wird. Doch mindestens so faszinierend ist es, einen der täglich in den hauseigenen Laboren angebotenen Workshops zu besuchen. Die reichen vom Herstellen von Speiseeis mit flüssigem Stickstoff über kriminaltechnische Spurensicherung bis hin zur Roboterprogrammierung. Wer spielerisch mehr über sich wissen möchte, kann in der aktuellen Sonderausstellung "Der vermessen(d)e Mensch" seinen Körper vom Herz bis zur Haut testen.

www.technorama.ch, geöffnet täglich 10-17 Uhr, Eintritt 25,5 Euro, Kinder von 5-15 zahlen 16 Euro

Hans Gasser

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Quelle: Monika Maier-Albang

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Virtueller Brückentag

Was man nicht alles machen kann! Ein Museum im Inneren eines Brückenpfeilers, das die Brücke - ihre Konstruktion, ihre Geschichte, ihre Funktionsweise - erlebbar macht. Die Ponte 25 de Abril, die Brücke des 25. April, ist mehr als drei Kilometer lang und bringt in Lissabon Autos und Züge über den Tejo. Begehen kann man sie nicht, zumindest nicht real. Im Zeitalter der interaktiven Ausstellungen setzt man sich eine VR-Brille auf - und denkt: Jetzt ist's vorbei! Wie schwindelfrei müssen die Arbeiter gewesen sein, die diese Hängebrücke schufen. Der nicht so höhenaffine Museumsgast muss sich heute überwinden, eine gläserne Scheibe zu queren, durch die man tief in die Eingeweide des Pfeilers blickt. An den grauen Wänden werden Fotos aus der Bauzeit in den 60er-Jahren gezeigt. Und plötzlich, man hört den echten Zug kommen, fühlt, wie die Brücke vibriert, startet ein Film. Es ist, als sitze man selbst im Waggon. Die Aussichtsplattform ist dann wieder etwas für Mutige: Glas unter den Füßen, weit unten die Straße, der Fluss, kleine Menschen. Uff.

www.visitlisboa.com/de/experiencia-pilar-7, Öffnungszeiten bis April: 10 bis 18 Uhr, sechs Euro

Monika Maier-Albang

© SZ vom 31.10.2018/edi
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