Reiserecht bei Umbuchungen:Früherer Flug, geänderte Kreuzfahrtroute: Welche Rechte Urlauber haben

Reiserecht bei Umbuchungen: Der Flug in den Urlaub war sorgfältig geplant - umso ärgerlicher ist es, wenn der Veranstalter die Flugzeiten ändert.

Der Flug in den Urlaub war sorgfältig geplant - umso ärgerlicher ist es, wenn der Veranstalter die Flugzeiten ändert.

(Foto: Marco Einfeldt)

Für Flugverspätungen gibt es Entschädigungen. Aber auch eine frühere Abflugzeit oder Umbuchungen müssen Reisende nicht unbedingt hinnehmen.

Von Eva Dignös

Die Mitteilung kommt meist kurz und knapp per Mail: Statt komfortabel zur Mittagszeit soll der Flug in den Urlaub schon in den frühen Morgenstunden abheben. Oder die Reederei streicht auf der Kreuzfahrt ausgerechnet den Hafen, der überhaupt erst der Grund für die Buchung war. Oder das schöne Strandhotel ist überbucht und die Ersatzunterkunft hat nur die malerische Aussicht auf einen Parkplatz zu bieten. Wenn der Reiseplan geändert wird, ist das mindestens lästig und manchmal sogar so gravierend, dass die ganze Urlaubsfreude dahin ist. Die Mitteilungen der Veranstalter haben oft den Anschein, als müssten alle Änderungen klaglos hingenommen werden. Doch das stimmt nicht. Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Rechten von Reisenden bei Umbuchungen:

Darf die Fluggesellschaft die Flugzeiten einfach ändern?

"Endgültige Flugzeit obliegt dem Veranstalter" - solche vagen Klauseln in den Reiseunterlagen erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2013 für unzulässig (Az.: X ZR 24/13). Die Richter entschieden, dass sich ein Reiseveranstalter die Flugzeiten bei Pauschalreisen nicht offenhalten darf. Die Fluginformationen bei der Buchung seien bindend - das gelte auch für die Abflugzeiten. Ausnahmen sind nur bei einem "sachlichen Grund" zulässig, bei einem drohenden Unwetter beispielsweise oder bei politischen Unruhen.

Dennoch ärgern Fluggesellschaften oder Pauschalreiseveranstalter ihre Kunden nach wie vor mit geänderten Flugzeiten. Statt um 15 Uhr geht der Flieger zurück nach Hause beispielsweise schon um neun Uhr, statt also noch gemütlich in der Sonne zu frühstücken, muss man schon in den frühen Morgenstunden aus dem Hotel auschecken. Das hat oft wirtschaftliche Gründe: Maschinen werden gestrichen, weil sie nicht ausgelastet sind, anstatt drei Verbindungen gibt es dann nur noch einen Flug - und der startet möglicherweise schon frühmorgens. Einfach hinnehmen müssen das Flugpassagiere seit dem BGH-Urteil nicht mehr. Dieses nimmt den Veranstaltern die Möglichkeit, sich Änderungen aller Art vorzubehalten. "Sie können sich nun nicht mehr auf einen sogenannten Änderungsvorbehalt berufen", sagt Kay P. Rodegra, Rechtsanwalt und Dozent für Reiserecht aus Würzburg.

Allerdings ist ein früherer Abflugtermin nicht zwangsläufig ein Reisemangel: "Das hängt davon ab, ob er für den Kunden zumutbar ist", sagt Rodegra. Mit einer Verschiebung um eine Stunde müsse sich ein Reisender arrangieren. "Aber geht es um mehrere Stunden oder wird in die Nachtruhe eingegriffen, liegt ein Reisemangel vor und der Kunde kann Gewährleistungsansprüche geltend machen, zum Beispiel den Preis mindern." So setzte der Bundesgerichtshof eine Verlegung der Abflugzeit von 17.25 Uhr auf 8.30 Uhr mit einer Annullierung gleich, die Reisenden erhielten eine Ausgleichszahlung.

Selbst der Rücktritt von der Reise kann gerechtfertigt sein: Das Amtsgericht Köln gab einem Paar recht, das seine geplante Zypernreise stornierte, weil der Rückflug von 14.30 Uhr auf 3.50 Uhr vorverlegt wurde. Das sei nicht zumutbar und beeinträchtige die Nachtruhe empfindlich, entschied das Gericht und hielt neben der Kündigung des Reisevertrags auch noch eine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent für angemessen.

Was Reisende akzeptieren müssen und was nicht, bleibt allerdings eine Ermessensfrage der Gerichte. Eine Regelung analog zur EU-Richtlinie zu Flugverspätungen, in der festgelegt ist, für wie viele Stunden Wartezeit welche Entschädigung gezahlt werden muss, existiert für vorverlegte Flüge nicht.

Geplant war ein Nonstop-Flug, doch der Flieger legt einen Zwischenstopp ein. Müssen Reisende das hinnehmen?

Wurde wirklich ein Nonstop-Flug gebucht? Oder war es ein Direktflug? Auf diesen kleinen, aber feinen Unterschied könnte es nämlich ankommen. Die Bezeichnung "Direktflug" klingt zwar, als ginge es auf direktem Weg und ohne Zwischenlandung ans Ziel. Tatsächlich kann er aber mit Zwischenlandungen verbunden sein, bei denen Passagiere aus- oder zusteigen. Nur die Flugnummer bleibt für alle Reiseetappen gleich. Der Zwischenstopp wäre in diesem Fall also kein Reisemangel. Das Amtsgericht Rostock schlug sich in dieser Frage dennoch auf die Seite einer Reisenden, die wegen einer Zwischenlandung auf Preisminderung geklagt hatte: Im allgemeinen Sprachgebrauch würden Direktflug und Nonstop-Flug gleichgesetzt, die Frau erhielt Geld zurück (Az.: 47 C 241/10).

Darf die Reederei die Route einer Kreuzfahrt einfach ändern?

Wenn das Kreuzfahrtschiff eine andere Route einschlägt und die Passagiere die Häfen, die sie eigentlich besichtigen wollten, nur weit entfernt am Horizont sehen, stehen die Aussichten auf eine Entschädigung gut. Denn dann ist eine vertraglich zugesicherte Leistung nicht erbracht worden - und das ist ein Reisemangel. Das Amtsgericht München beispielsweise gestand einem Urlauberpaar eine Erstattung von 30 Prozent des Reisepreises zu, weil das Kreuzfahrtschiff nicht wie gebucht im Schwarzen Meer, sondern im Mittelmeer unterwegs war. Dadurch habe sich der "Gesamtcharakter der Kreuzfahrt" wesentlich geändert. Dass die Route wegen der politischen Situation an den ursprünglichen Zielorten geändert wurde, spielte keine Rolle (Az. 275 C 27977/14).

Können die Urlauber die Kreuzfahrt dann auch ganz absagen?

Dafür muss ein "erheblicher" Reisemangel vorliegen - bei einer Abweichung vom geplanten Kurs ist das nicht automatisch der Fall. So entschied das Landgericht Frankfurt, dass ein Kläger, dessen Expeditionskreuzfahrt durch das Nordmeer nicht der gebuchten Route folgte, zwar den Reisepreis mindern, nicht jedoch von der Reise zurücktreten dürfe. Denn die Kreuzfahrt habe ja stattgefunden und Flora und Fauna der angefahrenen "Ersatz-Inseln" habe durchaus den ursprünglich geplanten Zielen entsprochen - auch wenn der Reisende nicht, wie erhofft, Eisbären und Walrosse zu Gesicht bekam (Az.: 2-24 O 298/15).

Anders sieht es aus, wenn die Reise komplett abgesagt wird, etwa weil das Schiff anderweitig verchartert wurde. Der Kunde muss dann nicht in eine Umbuchung einwilligen, sondern erhält den schon gezahlten Reisepreis zurück, außerdem kann er Schadenersatz fordern, weil er auf Urlaubsfreuden verzichten musste.

Das gebuchte Hotel am Strand ist voll. Der Reiseveranstalter bietet eine andere Unterkunft an und verspricht gleichwertigen Standard. Müssen Reisende das andere Quartier akzeptieren?

Ist die Ersatzunterkunft tatsächlich genauso gut wie das ursprünglich gebuchte Hotel? Dann stehen die Chancen auf Ausgleichzahlungen eher schlecht. Laut Kemptener Reisemängeltabelle gilt das in der Regel als Unannehmlichkeit, mit der sich Urlauber arrangieren müssen. Nur wenige Gerichte gestatteten bislang eine Preisminderung von fünf bis zehn Prozent.

Landen Urlauber dagegen statt in der Fünf-Sterne-Anlage in einer Drei-Sterne-Pension, lohnen sich Widerspruch und der Gang vor ein Gericht. Das Landgericht Frankfurt am Main hielt in einem solchen Fall eine Preisminderung von 45 Prozent für gerechtfertigt. Eine Urlauberin hatte geklagt, weil das Ersatzhotel nicht den direkten Strandzugang des ursprünglich gebuchten Hotels bieten konnte. Auch Animation und Sportprogramm fielen flach (Az. 2-24 S 139/07).

Bei wem können sich Kunden beschweren?

Kein Reiseveranstalter, keine Airline zahlt dem Kunden gern Geld zurück. Wer Mängel geltend machen will, sollte schnell reagieren, Beweise sammeln - und sich auf Widerstand einstellen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) setzt eine Frist von einem Monat ab Ende der Reise, um Ansprüche anzumelden. Reisende sollten sich möglichst umgehend beschweren, dem Veranstalter oder Reiseleiter mitteilen, wenn sie mit einer Umbuchung bei Flug, Hotel oder Kreuzfahrtroute nicht einverstanden sind, und eine Frist für ein neues Angebot setzen, rät der Verbraucherzentrale Bundesverband. Auch Beweise sind wichtig, zum Beispiel Fotos, die belegen, dass der Pool im Ersatzhotel nicht benutzbar war und das Frühstücksbuffet nur eine Sorte Marmelade bot. Wer nur einen Flug gekauft hat und von Umbuchung oder Flugverlegung betroffen ist, wendet sich direkt an die Airline. "Egal, was im Kleingedruckten steht. Die Einhaltung der Flugzeiten ist eine Hauptpflicht der Airline, die nicht einfach einseitig geändert werden kann", sagt Reiserechtsanwalt Rodegra.

Schweigend zu leiden und erst zu Hause Ansprüche geltend zu machen, ist übrigens keine gute Idee: Das könnte vor Gericht als stillschweigendes Einverständnis ausgelegt werden.

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