Süddeutsche Zeitung

Reisen vor Weihnachten:"Meiden Sie den 23. Dezember!"

Schneefälle, glatte Straßen, vereiste Weichen und Hunderte gestrichene Flüge machen derzeit viele Reisen zu Abenteuern. Was Sie beachten müssen, damit Sie Weihnachten Ihr Ziel erreichen.

Daniela Dau

Wenige Tage vor Weihnachten stellen sich viele Reisende die Frage: Werde ich die Festtage im Kreise der Lieben verbringen, mit Freunden feiern oder am Urlaubsort? Nicht enden wollende Schneefälle, glatte Straßen, vereiste Weichen und Hunderte gestrichene Flüge führen derzeit zu Reisen ins Ungewisse - und auch für die nächsten Tage müssen sich Reisende in Teilen Deutschlands darauf einstellen, dass alles etwas langsamer geht.

Das erwartet der Wetterdienst

Bis zum Donnerstag erwarten die Metereologen allerdings deutschlandweit mildere Luft. Im Nordosten soll das Thermometer auf zwei Grad Celsius ansteigen, für den Süden sind sogar bis zu zwölf Grad möglich. Für die Niederungen bedeutet dies Tauwetter und Hochwassergefahr, in den Hochlagen ab 500 Meter wird der Schnee wohl liegenbleiben.

Alle diese Vorhersagen sind nicht absolut sicher, betont Simon Tripler vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. "Unsere Rechner haben Probleme, die Bewegung dieser Luftmassengrenze vorherzusagen." Derzeit ist Deutschland etwa in der Mitte zweigeteilt in eine kältere und eine wärmere Hälfte. Die Grenze verschiebt sich langsam Richtung Norden. Falls sie bis zum Donnerstag die Küste erreicht, ist überall mit den prognostizierten Plusgraden zu rechnen.

Zunächst Regen, dann erneut Schnee

Wer sich am Heiligen Abend auf den Weg zum Weihnachtsbesuch machen will, muss sich in ganz Deutschland zunächst auf Regen einstellen, bei niedrigen Temperaturen ist auch mit glatten Straßen zu rechnen. Später sickert kältere Luft ein und von Westen her soll es rechtzeitig zum Fest zu schneien beginnen. Die Niederschläge gehen an den Feiertagen vermutlich wieder zurück: Für den 25. und 26. Dezember erwartet der Deutsche Wetterdienst für den Nordosten Deutschlands trockenes Wetter, Autofahrer im Südosten werden wohl auf einer frischen Neuschneedecke fahren.

Metereologe Tripler rät - wenn Autofahrten überhaupt sein müssten - zum Verwandtenbesuch am 25. oder 26.12. "Dann sind weniger Lastwagen unterwegs, die an Steigungen hängenbleiben." Informationen zur aktuellen Wetterlage bietet der Deutsche Wetterdienst auf www.dwd.de.

Auch beim ADAC gibt man sich angesichts des zu erwartenden milderen Wetters zumindest für den süddeutschen Raum vorsichtig entspannt und versorgt Autofahrer für die Weihnachtstage lediglich mit den alljährlichen Wintertipps: Frühzeitig und ohne Zeitdruck starten, wenn möglich während der Woche und nicht an Wochenenden fahren, für alle Fälle warme Decken und etwas Essen mitnehmen.

Natürlich sollte man nicht zu schnell fahren, genügend Abstand halten, heftige Lenkbewegungen vermeiden und das Auto für die winterliche Witterung ausrüsten. Beispielsweise gehörten für eine Reise ins Skigebiet auch Schneeketten in den Kofferraum.

Was den besten Reisezeitpunkt angeht, darüber gehen die Meinungen selbst bei den Automobilclubs auseinander. Während der Auto Club Europa (ACE) bereits ab dem 22. Dezember mit vollen Autobahnen rechnet und die Weihnachtsanreise aufgrund des geringeren Lkw-Verkehrs möglichst nahe an die Feiertage legen würde, sieht der ADAC die größte Stauwelle am 23. Dezember gegen Mittag anrollen: Dann beginnen die Weihnachtsferien in allen Bundesländern (aktuelle Informationen zur Verkehrslage unter www.adac.de).

Und während der ACE die frühen Nachmittagsstunden als beste Tageszeit für die Autofahrt ausgemacht hat, will sich der ADAC auf keine genauen Zeitangaben festlegen, außer: "Zu Nachtfahrten kann man wirklich nur geübten und ausgeschlafenen Autofahrern bei freien Autobahnen raten", so eine ADAC-Sprecherin zu sueddeutsche.de.

Auch die Deutsche Bahn hat den Tag vor Heiligabend als den Hauptreisetag ausgemacht. "Den 23. Dezember sollte man am besten meiden", sagte ein Bahn-Sprecher zu sueddeutsche.de. Wer bis jetzt noch keine Sitzplatzreservierung habe und trotzdem an diesem Tag verreisen wolle, müsse mit "überbesetzten Zügen" rechnen. Viele Strecken seien am Tag vor Weihnachten und an den Feiertagen bereits ausgebucht.

Potentiellen Fahrgästen rät der Bahn-Sprecher: "Schauen Sie, was Sie noch kriegen können." Eine Sitzplatzreservierung sei eine Grundvoraussetzung für die Zugreise an den Weihnachtstagen, günstige Reisezeiten seien der frühe Morgen, der Vormittag oder der späte Abend. So gebe es auch für den 24.12. frühmorgens noch freie Plätze in den ICEs - möglicherweise eine Alternative für Fahrgäste, die einen nicht ganz so weiten Weg vor sich haben.

IC statt ICE

Wer es zudem nicht besonders eilig hat, der sollte sich statt nach einer ICE-Verbindung auch nach einer IC-Verbindung erkundigen: Diese seien oft weniger nachgefragt als die schnelleren Züge.

Dass die Deutsche Bahn ihren Kunden, wie am vergangenen Wochenende, von der Zugreise abrät, werde an den Weihnachtstagen nicht passieren. "Diese Empfehlung bezog sich nur auf den Sonntagnachmittag", so der Bahn-Sprecher. "Zu diesem Zeitpunkt sind die Züge ohnehin schon stark frequentiert, dazu kamen der einsetzende Weihnachtsreiseverkehr, die vielen gestrandeten Fluggäste und die Autofahrer, die auf die Züge umsteigen wollten." Daher sei es zu den Kapazitätsengpässen gekommen und man habe Fahrgästen, die nicht unbedingt an diesem Tag verreisen mussten, geraten, ihre Fahrt zu verschieben.

Baum kann Reisepläne umwerfen

Der Blick auf die Wetterprognose sorgt bei der Deutschen Bahn noch nicht für Erleichterung. "Da gibt es regionale Unterschiede und Beeinträchtigungen zum Beispiel durch umgestürzte Bäume, die wir jetzt noch gar nicht absehen können." Die Bahn bietet ihren Kunden an, bis zum 24.12. kostenfrei ihre Fahrt zu stornieren. Ansonsten gelten die grundsätzlichen Fahrgastrechte: Ab Verspätungen von einer Stunde gibt es 25 Prozent des Reisepreises zurück, ab zwei Stunden 50 Prozent. Informationen zum Beschwerdeformular (auch online auszufüllen) und zur Verspätungsregelung bietet die Deutsche Bahn unter www.bahn.de. Allerdings gelten beispielsweise Schneestürme als höhere Gewalt - dann gehen die Fahrgäste leer aus.

Am wenigsten können derzeit Fluggäste ihre Reisepläne für die Weihnachtstage beeinflussen. Umbuchungen sind häufig nicht möglich und selbst wenn sich die Lage am Heimatflughafen normalisiert hat, sorgen die Störungen im Flugverkehr internationaler Großflughäfen wie London-Heathrow, Paris-Charles de Gaulle und Frankfurt am Main dafür, dass der gesamte Flugplan durcheinandergerät. Auch bei günstigeren Wetterbedingungen wird es noch Tage dauern, bis alles wieder reibungslos läuft.

Mindestens zwei Tage für die Normalisierung

Robert Wilhelm, Sprecher des Flughafens München, verweist auf die Erfahrungen mit der Asche-Wolke nach dem Vulkanausbruch des Eyjafjallajökull auf Island im Frühjahr diesen Jahres. Damals war der Flugverkehr weltweit stark eingeschränkt. Die Lufthansa hatte damals vier bis fünf Tage für die Normalisierung veranschlagt. "Unter der Voraussetzung, dass es nicht wieder irgendwo schneit und geräumt werden muss, sind aktuell mindestens zwei Tage nötig, bis jede Crew und jeder Flieger wieder an seinem vorgesehenen Platz ist", sagte Wilhelm zu sueddeutsche.de.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) setzte sich derweil dafür ein, das Nachtflugverbot teilweise aufzuheben. "Ich bitte die Länder, in der aktuellen Lage situationsbezogen Ausnahmegenehmigungen von Nachtflugbeschränkungen zu erteilen", sagte er der Bild-Zeitung vorab.Gerade jetzt in der Weihnachtszeit müssten gestrandete Reisende, die etwa zu ihren Familien unterwegs seien, schnellstmöglich an ihr Ziel gebracht werden.

Was Airlines für Passagiere tun müssen

Trotzdem müssen sich in diesen Tagen viele Passagiere auf deutschen Flughäfen noch auf lange Wartezeiten einrichten, haben dabei aber ein Recht auf Betreuung durch ihre Fluggesellschaft. Diese müssen ihre Kunden in solchen Fällen umfassend informieren und versorgen. Anspruch auf Entschädigung haben Flugreisende in den meisten Fällen aber nicht. Wenn der Flughafen aufgrund des Winterwetters gesperrt werden muss, gilt das als höhere Gewalt, die Passagiere haben in diesem Fall nur Anspruch auf Betreuungsleistungen, wie Petra von Rhein von der Verbraucherzentrale Bayern erklärt.

Ab zwei Stunden Verspätung muss die Fluggesellschaft gestrandete Passagiere mit Mahlzeiten und Getränken versorgen. Können Reisende erst am nächsten Tag fliegen, müssen sie kostenlos in einem Hotel untergebracht und dorthin gefahren werden.

Anders liegt der Fall, wenn die Fluggesellschaft eine Mitschuld trägt, etwa weil sie das Flugzeug nicht rechtzeitig enteist. Dies gilt nicht als höhere Gewalt, sondern als Organisationsmangel und kann für den Passagier eine Entschädigung bis zu mehreren hundert Euro bedeuten. Paul Degott, Anwalt für Reiserecht aus Hannover, rät, sich nicht vorschnell mit dem Hinweis auf höhere Gewalt von den Fluggesellschaften abspeisen zu lassen, sondern auf Ausgleichszahlungen zu bestehen.

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