Reiserecht:Wie sich Urlauber gegen Pleiten, Pech und Pannen absichern

Eine Urlauberin liegt im Liegestuhl am Strand.

Ganz entspannt am Strand - das geht am besten, wenn im Urlaub keine finanziellen Überraschungen drohen.

(Foto: Chen Mizrach/Unsplash)

Der Traumurlaub kann von heute auf morgen vorbei sein - weil der Veranstalter insolvent ist, weil ein Mitreisender erkrankt, weil Geld und Pässe gestohlen wurden. Wie können Reisende gegen solche Risiken vorsorgen?

Von Eva Dignös

Die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook mit mehreren Hunderttausend Betroffenen wird vermutlich nicht die letzte Pleite in der Reisebranche gewesen sein. Obwohl immer mehr gereist wird, stehen Anbieter und Reisebüros unter Druck. Mit welchen finanziellen Risiken müssen Pauschal- und Individualurlauber also rechnen? Wie sind ihre Reisen abgesichert? Welche weiteren Risiken müssen sie bedenken - und wie können sie selbst vorsorgen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie können sich Urlauber gegen eine Insolvenz ihres Reiseveranstalters oder ihrer Airline schützen?

Auch wenn die Ereignisse rund um die Thomas-Cook-Pleite das Gegenteil vermuten lassen: Am besten abgesichert sind Pauschalreisende. "Das gilt nach wie vor", sagt Felix Methmann, Reiserechtsexperte beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Wer eine Pauschalreise bucht, also mindestens zwei Leistungen im Paket, beispielsweise Flug und Unterkunft, ist dank der EU-Pauschalreiserichtlinie rechtlich besser gestellt als ein Individualreisender: Pauschalreisende können eine Entschädigung verlangen, wenn die Reise nicht so verläuft wie angekündigt, wenn das Zimmer nicht den versprochenen Meerblick hat oder der Strand statt vor der Haustür zwei Kilometer entfernt ist. Und: Sie genießen Insolvenzschutz, wenn der Reiseveranstalter pleitegeht. Dann springt eine Versicherung ein und sorgt dafür, dass die Rückreise gestrandeter Urlauber finanziert und das Geld für Reisen erstattet wird, die nicht mehr angetreten werden können. Sofern die Versicherungssumme ausreicht - bei Thomas Cook ist das nicht der Fall: Der Schaden liegt deutlich höher. Für die Differenz springt nun der Bund ein. Ob künftig mit höheren Versicherungssummen für Großpleiten vorgesorgt wird, ist noch offen.

Wie wird der Versicherungsschutz nachgewiesen?

Als Beleg dient der Sicherungsschein. Der Kunde bekommt ihn in der Regel zusammen mit der Buchungsbestätigung, oft ist er auf deren Rückseite aufgedruckt. Erst wenn er ausgehändigt wurde, dürfen Veranstalter oder Reisebüro eine Anzahlung verlangen. Auf dem Sicherungsschein müssen die Namen von Reiseveranstalter und Versicherer stehen, außerdem das Gültigkeitsdatum für die Police. Vorsicht ist geboten bei nachträglichen, womöglich handschriftlichen Änderungen: Das deutet auf eine Fälschung hin. Der Sicherungsschein gehört immer ins Reisegepäck, um im Fall der Fälle mit der Versicherung Kontakt aufnehmen zu können. Und wenn das Dokument zu Hause liegt oder längst in der Papiertonne? Dann können Reisende bei ihrem Veranstalter erfragen, an welche Versicherung sie sich wenden müssen. Das ist etwas umständlicher, sollte aber auch funktionieren.

Werden alle Kosten, die Reisenden durch eine Insolvenz entstehen, erstattet?

Die Versicherung erstattet den gezahlten Reisepreis, wenn Reiseleistungen ausfallen, und übernimmt die Aufwendungen für die Rückreise - so steht es im Sicherungsschein. In Deutschland können Versicherer allerdings ihre Leistungen auf 110 Millionen Euro im Jahr deckeln. Reicht das nicht aus, wird entsprechend weniger ausgezahlt: Ist der Schaden doppelt so hoch wie die versicherte Summe, bekommt der Urlauber nicht die 2000 Euro zurück, die er für seine nicht angetretene Reise bezahlt hat, sondern nur 1000 Euro. Es kann sogar passieren, dass eine Versicherung schon gezahltes Geld wieder zurückverlangt - dann nämlich, wenn sie im Verlauf eines Jahres gleich bei mehreren Insolvenzen einspringen muss und das Geld schon mit der ersten Pleite aufgebraucht ist.

Können Individualreisende auch einen Sicherungsschein verlangen?

Nein. Wenn Flug und Unterkunft getrennt voneinander gebucht werden, sieht das Gesetz keine Insolvenzabsicherung vor - mit einer Ausnahme: Seit 2018 sind auch "verbundene Reiseleistungen" gegen Insolvenz abgesichert. Dafür müssen allerdings gleich mehrere Kriterien erfüllt sein: Werden für dieselbe Reise innerhalb von 24 Stunden mindestens zwei Leistungen - die jeweils mindestens 25 Prozent des Reisepreises ausmachen - bei einem Reisebüro oder Online-Portal gebucht, dann handelt es sich um verbundene Reiseleistungen. Das sieht in der Praxis dann beispielsweise so aus: Der Kunde kauft auf einem Vermittlungsportal einen Flug in die USA, kann von dort aus, ohne seine persönlichen Daten noch einmal eingeben zu müssen, zu einem Mietwagen-Anbieter weiterklicken und reserviert dort gleich noch das Wohnmobil für den Roadtrip. Der Vermittler muss Zahlungen, die er vom Kunden erhält, gegen Insolvenz absichern und ihn mit einem Infoblatt darüber informieren, was genau er gebucht hat: Pauschalreise oder verbundene Reiseleistungen. Verbraucherschützer raten, den Buchungsvorgang genau zu dokumentieren, beispielsweise die Tatsache, dass Name und Kontodaten nur einmal hinterlegt wurden. Im Streitfall kann das ein wichtiger Beweis sein.

Kann der Reisende selbst eine Insolvenzversicherung abschließen?

Bei den Airline-Pleiten der vergangenen Jahre - von Air Berlin über Germania bis Wow Air - war das Geld für schon gebuchte Flüge meistens weg. Aus der Insolvenzmasse erhalten die Fluggäste in der Regel nichts. Auch die Entschädigungsregeln der EU für annullierte und verspätete Flüge greifen nicht, wenn eine Fluggesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit den Betrieb einstellt. Vorbeugen ließe sich mit einer Airline-Insolvenzversicherung - allerdings gibt es "nahezu keine Anbieter solcher Versicherungen", sagt Christian Biernoth, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Hamburg, und betont auch: "Wir empfehlen den Abschluss einer Airline-Insolvenzversicherung nicht." Grundsätzlich sollten existenzbedrohende Risiken versichert werden. "Fällt der gebuchte Flug aus und ist das gezahlte Geld weg, dann ist das ärgerlich, aber eben nicht existenzbedrohend", sagt Biernoth. Die Verbraucherschützer sehen nicht den Einzelnen, sondern den Gesetzgeber in der Pflicht und fordern eine verpflichtende Insolvenzversicherung für Fluggesellschaften: "Der Großteil der Verbraucher verfügt nicht über die Informationen, um einschätzen zu können, wie solvent eine Airline ist. Deshalb muss der Gesetzgeber Vorsorge tragen", argumentiert Marion Jungbluth, Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim vzbv.

Es gibt viele Versicherungen, die Urlauber für ihre Reise abschließen können. Welche wirklich sinnvoll sind, lesen Sie auf der nächsten Seite.

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