Tourismus:Wird die Welt kaputtgereist?

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Mehr als drei Jahre war der legendäre Maya Beach in Thailand geschlossen: Das Ökosystem sollte sich von den Folgen des Tourismus erholen. Jetzt dürfen Urlauber wieder kommen. Wie sich das Reisen ökologisch verträglicher gestalten lässt, ist Thema eines Buchs der österreichischen Autorin Maria Kapeller. (Foto: Athit Perawongmetha/Reuters)

Wenn der Mensch weiter reist wie bisher, treibt er die Erde an ihre Grenzen. Autorin Maria Kapeller versucht sich in "Lovely Planet" an einer Zukunftsvision.

Von Eva Goldbach

Die Art, wie die Menschheit lebt, gefährdet den Planeten. Dazu trägt auch das Reisen bei. Den gängigen Urlaubsgewohnheiten setzt Maria Kapeller in ihrem Buch "Lovely Planet" deshalb das Konzept des Slow Travel entgegen, also des achtsamen, bewussten Reisens. Bei dem es zu keiner Überforderung kommt: nicht für die Reisenden, nicht für die Besuchten und auch nicht für die ökologischen Reserven.

Anhand von Anekdoten beschreibt Kapeller das Dilemma des heutigen Reisens: So thematisiert sie die knapp gefüllten Trinkwasserreservoirs in Andalusien, von denen in Zeitungen berichtet wird, während sie im Ferienhaus am Pool liegt und später durch bewässerungsintensive Avocado-Plantagen wandert. Die Frage, ob und wie sich das unter ökologischen Gesichtspunkten vereinbaren lässt, treibt die österreichische Autorin und Journalistin, die das Reisemagazin kofferpacken.at betreibt, um. Dabei adressiert sie ein Publikum, das mehrmals jährlich in den Urlaub fliegt. Dieses Privileg möchte Kapeller den Menschen nicht grundsätzlich absprechen, sie zeichnet jedoch die Auswirkungen auf die Umwelt nach. Wobei sie von einem "wir" schreibt, in das sie sich selbst einbezieht.

Ihr Buch unterteilt sie in sieben Kapitel, die jeweils von einer Leitfrage getragen sind. Etwa: Welche Folgen hat unsere Reiselust? Sie macht das an konkreten Beispielen fest. So kontrastiert die Autorin einen Kambodscha-Urlaub mit dem Alltag eines Tuk-Tuk-Fahrers in dem Land. Er sei noch nie am Meer gewesen und könne sich das auch nicht leisten, sagt der Mann. Am Beispiel Costa Rica erläutert Kapeller, wie nahe Ökotourismus und Greenwashing beieinanderliegen: Es sei paradox, schreibt sie, dass Menschen in Costa Rica nachhaltigen Tourismus propagieren würden, aber in Ökoreservate mit einem Propellerflugzeug fliegen. Abgesehen davon, dass man die ökotouristischen Angebote als Europäer nur nutzen kann, wenn man einen Langstreckenflug antritt.

Das eigene Reiseverhalten zu ändern, gehe nicht, so Kapeller, ohne auf Privilegien zu verzichten. Denn, "so wie wir jetzt reisen, zer-reisen wir die Welt - wir zerreißen sie regelrecht", schreibt sie. Und kann selbst aber nur schwer davon lassen. Die Autorin betont, wie wertvoll und schön das Reisen ist. So beschreibt sie in jedem ihrer Kapitel im Grunde nur den Istzustand. Diesen zu ändern, macht sie kaum Vorschläge, sondern endet stets mit dem Appell: Und jetzt du! Das einzige Fazit: Reisende sollten weniger fliegen, stattdessen mehr mit dem Zug fahren.

Das Buch regt an, das eigene Verhalten stärker zu reflektieren, und es erinnert die Leserinnen und Leser an ihre Eigenverantwortung. Das gerät mitunter plakativ, und längst nicht alles wird von der Autorin zu Ende gedacht. Anstöße immerhin liefert sie, und schon das ist erfrischend.

Maria Kapeller : Lovely Planet. Mit dem Herzen reisen und die Welt bewahren. Kremayr-Scheriau Verlag, Wien 2022. 242 Seiten. 23 Euro.

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