Reisen mit Kindern:Wann sind wir endlich da?

Geschrei im Flugzeug, Autoschlüssel als Ersatzrassel und nur nicht die Globuli vergessen - Reisen mit Kindern macht urlaubsreif. SZ-Autoren berichten von ihren Erfahrungen.

Nur Fliegen ist schlimmer

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Flugreisen mit vier Kindern sind nicht nur aus finanziellen Gründen abzulehnen. Einmal haben wir es dennoch getan. "Ob es wohl möglich wäre, dass Sie mir sechs Plätze in der ersten Reihe reservieren?", fragte ich die Dame im Reisebüro. "In der ersten Reihe darf höchstens ihre Frau mit dem Baby sitzen", antwortete sie. "Dafür sollten sie mit ihrer Familie aber mindestens drei Stunden vor Abflug am Flughafen sein."

Drei Stunden sind für eine Familie eine sehr lange Zeit. "Die erste Reihe ist leider schon voll", sagte die Frau am Check-In. "Vielleicht tauscht ja jemand mit ihnen." Niemand tauschte.

Während des fünfstündigen Fluges saß meine Frau mit dem Baby in Reihe 2. Ich saß mit den drei anderen Kindern in Reihe 7. Großes Geschrei. Alle wollten zur Mutter.

Als die Kinder gerade ihr Lieblingsspielzeug ausgepackt hatten, kam die Stewardess und verschenkte an uns Buntstifte, aufblasbare Flugzeuge und Stofftiere. Um die Stofftiere gab es Streit, die Buntstifte fielen sofort runter und die Flugzeuge sollte ich aufblasen.

Aus Sicherheitsgründen mussten meine Kinder während des Starts sitzen bleiben, das wollten sie aber nicht. Wieder Geschrei. Eine Seniorin sagte: "Ich halte das nicht aus". Endlich schlief unsere Dreijährige ein. Auf dem Boden. Die Stewardess sagte, dass das nicht erlaubt sei. Man müsse sie bitte wecken. Familien sind fürs Fliegen nicht gemacht.

Lesen Sie weiter, wie spaßig ein Wohnmobil-Urlaub mit der Familie sein kann.

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Stress macht mobil

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Ein Wohnmobil ist eigentlich eine Riesensache für den Familienurlaub. Alle sind auf engstem Raum zusammen, man kriegt alle Geräusche, Gerüche und Gefühle seiner Liebsten hautnah mit - wunderschön. Unterwegs sitzen die Familie weit hinten angeschnallt im Wohnbereich, der Fahrer kann sich vorne auf's Fahren konzentrieren.

Das Problem ist nur, dass sich so ein Wohnmobil gar nicht so leicht fahren lässt, weil es wirklich ein Riesending ist. Mal schnell zum Bäcker fahren? Eine Riesenaktion. Seitlich vor der Eisdiele einparken? Eine Fieselarbeit. Wenden auf dem mit Felsblöcken begrenzten Wanderparkplatz? Eine Nummer für "Wetten, daß...?".

Nach der Wohnmobil-Rundfahrt durch Europa war das Gefährt rundum verschrammt und verbeult, selbst auf dem Dach (gescheiterter Parkversuch in einer Allee). Am letzten Tag wollten die Kinder dann bei McDonald's essen, was parktechnisch eigentlich eine gute Idee war, denn dort gibt es den praktischen Drive-Through.

Dass dies ein Riesenfehler war, merkten wir erst, als das Höhenbegrenzungs-Schild auf dem Dach lag. Rund um das Mobil war Riesenstimmung - bei den Schaulustigen, die sich über den beknackten Unfall amüsierten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie man quengelnde Babies auf der Rückbank beschäftigt.

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Langeweile in der Autoschale

Wir fahren nach Italien. Festgeschnallt auf der Rückbank ist die Autoschale, die wir so nennen, weil wir das Wort "Maxi-Cosi" nicht in unser Leben lassen wollen. Aus der Autoschale schreit es. Unser Sohn ist sieben Monate alt, was soll er tun. "Mamapapa mir ist saulangweilig macht mal Action" hat er sprachlich noch nicht drauf.

Wir reichen eine Tempopackung nach hinten. Zweiminütiges Geraschel. Dann Geschrei. Wir reichen eine Brezel nach hinten. Kurze Pause. Geschrei. Wir reichen nacheinander Autokarte, Parkscheibe, Handy, eine leere Cola-Flasche, eine Tengelmann-Tüte und eine Metallica-CD nach hinten. Aus der Autoschale schreit es jetzt sehr heftig.

Wir halten an der Tankstelle am Brenner, reichen den Autoschlüssel nach hinten und gehen Benzin und ein Magnum-Eis kaufen.

Die Magnum-Eis-Tüte raschelt noch toller als eine Tempopackung. Wieder im Wagen, anschnallen, wir haben noch 200 Kilometer vor uns. Wo ist der Schlüssel? Der Schlüssel ist... hinten, und von dort kommt kein Mucks. Wir sitzen fest. Vielleicht sollten wir einfach hier Urlaub machen, neben der Zapfsäule, an der Shell-Tankstelle am Brenner.

Was das Chaos beim Einpacken über die Rollenverteilung aussagt - auf der nächsten Seite.

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Packen wir es an

Das größte Problem am Urlaub ist das Packen. Das Problem ist so groß, dass ich den Urlaub eigentlich jedes Mal am liebsten absagen würde.

Nie wird das Chaos in den Tiefenstrukturen unserer Wohnung und unseres Lebens sichtbarer, nichts ist, wo es sein sollte, am allerwenigsten ich, denn ich steh im Weg rum wie das dümmste Möbel.

Ich falle schon Tage vorher in eine Art Handlungsstarre, aus der ich mich periodisch und anfallartig zu befreien suche, indem ich mir etwas Sinnvolles ausdenke, aber am Besten nichts Zentrales wie Arzneimittelpacken, sonst muss meine Frau es eh nochmal machen, oder es fehlen wieder die Arnikaglobuli, was nur zeigt, dass in den Tagen des Packens am eklatantesten die ungute Rollenverteilung zum Vorschein kommt.

Um das zu kaschieren, packe ich Handtücher, bis meine Frau stöhnt, meine Güte, Handtücher gibt's da doch, kümmer dich wenigstens um die Hasen. Da ich stolz darauf bin, aus ökologischen Gründen kein Auto zu haben, beschränkt sich das Kümmern darauf, kleinlaut meinen Vater anzurufen, ob er mit seinem Auto kommen und die Hasen holen könne. Okay, rufe ich danach, Hasen sind gebongt, wir können fahren. )

Lesen Sie weiter über Staukrisen auf der Autobahn.

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Der Streit fährt mit

Was es für Kinder bedeutet, einen Tag lang in einem Pkw zu verbringen? Stellen Sie sich vor, Sie hätten den Ehrgeiz von Olli Kahn, die Ausdauer von Michael Ballack und den Bewegungsdrang von David Odonkor. Die Summe ergibt ein Kind.

Zwei Kinder im Fonds ergeben eine Fußballmannsschaft, die gewinnen will, ohne sich rühren zu dürfen. Dank dieses Energieüberschusses fährt der Streit mit in den Urlaub.

Aber manchmal sind die Eltern nicht nur Streitschlichter, sondern Anheizer, wie damals, als wir leichtsinnigerweise samstags um halb elf in den Sommerurlaub starteten. Ein Fehler!

Fünf Stunden brauchten wir allein für die 90 Kilometer vom Brenner bis Bozen. Es war heiß. Man konnte auf der Autobahn spazieren gehen. Die Köpfe der Kinder glühten in der Rücksitzsonne. So viel Apfelsaftschorle und geschmolzene Prinzenrollen kann man nicht mitnehmen, um zu verhindern, dass sich Junge und Mädchen irgendwann alles erreichbare Material an den Kopf werfen.

Seitdem fahren wir am liebsten nachts.

Warum das Hörbuch ein Segen ist - lesen Sie die nächste Seite.

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Pu - und Ruhe

Das Hörbuch gehört zu den größten Erfindungen. Nicht, weil dadurch Literatur hörbar wird. Mir persönlich reicht es schon, wenn Literatur wenigstens lesbar ist.

Aber das Hörbuch macht für mich Sardinien erreichbar. Insbesondere das Hörbuch, das von einem Bären handelt, von dem es heißt, er sei von sehr geringem Verstand. Was ich von Kindern nie sagen würde. Schon gar nicht von meinen.

Aber es ist doch faszinierend, wie sie die 750 Kilometer von München bis Livorno, dann die ungezählten Seemeilen auf der Fähre bis Olbia, dann, nächster Tag, nochmals die 400 Kilometer bis in die Nähe von Cagliari mit einem einzigen Pu-der-Bär-Set aushalten.

Nichts von Mir-wird-schlecht oder wann-sind-wir-da. Nichts von ich-muss-mal. Pu - und: Ruhe. Eigentlich perfekt. Nur ich werde bald wahnsinnig. Noch ein Heffalump, ein einziges!, und ich sag's euch: Ihr werdet erleben, was ein Amok im Stau wirklich bedeutet.

Warum Fastfood die Urlaubsrettung sein kann - auf der nächsten Seite.

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Kreativ mit Kind

Fliegen mit Kindern ist okay, so lange Essen serviert wird; Essen lenkt ab, außerdem finden Kinder diese Alu-Verpackungen, unter denen sich klebriger Reis und antiseptische Putenschnitzel verbirgt, interessant.

Aber was macht man in den übrigen zweieinhalb Stunden zwischen München und Athen? Gut, es gibt Spiele, Bücher. Ermahnungen, wenn die Kleine ihren Fuß in den Vordersessel bohrt, vor allem aber Versprechungen - bald baden wir im Pool und tanzen auf der Kinderdisco zu Rolf-Zuckowski-Liedern, und dann wird alles gut, okay, Liebes?

Am Flughafen von Athen, es geht in vier Stunden weiter nach Kreta, die Rettung: Dort soll es einen Kreativbereich für Kinder geben! Für den muss man allerdings erst allein vor der Tür warten, die griechische Kinder-Verwalterin feiert nach EU-Norm Überstunden ab. Dann müssen sich die Eltern schriftlich verpflichten, dass ausschließlich sie für ihr Kind haftet. Schließlich bekommt die Tochter ein klebriges Puzzle ausgehändigt, bei dem die Hälfte der Teile fehlen.

Jetzt hilft nur noch das Fastfood-Restaurant - der Urlaub ist gerettet.

(Christian Mayer)

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