Reisen für Homosexuelle:Urlaub unter dem Regenbogen

Der Reisemarkt umwirbt die homosexuelle Zielgruppe - und wird ihr doch nicht immer gerecht.

Maria Holzmüller

Am Ende des Regenbogens winkt ein goldener Schatz. Das hat sich auf dem internationalen Reisemarkt herumgesprochen. Die Farben des Regenbogens im Banner der schwul-lesbischen Gemeinschaft führen die Veranstalter zu einer Zielgruppe, die auf Grund ihres Dink-Status' - doppeltes Einkommen, keine Kinder - meist über eine hohe Kaufkraft verfügt und häufig auf Reisen geht.

Laut einer Studie der IGLTA, der International Gay and Lesbian Travel Organisation in den USA, haben 94 Prozent der Schwulen und Lesben in Deutschland im vergangenen Jahr mindestens eine Urlaubsreise unternommen.

Danuser kennt sich aus mit dem Reiseverhalten von Schwulen und Lesben. Sein Job ist es, Köln als schwul/lesbisches Reiseziel attraktiv zu machen. Mit Erfolg: Neben Berlin hat Köln seit je eine der ausgeprägtesten Homosexuellen-Szenen in Deutschland.

Das Kölner Tourismusamt hat die Aufgabe des homosexuellen Stadtmarketings dem Lesben- und Schwulentag übertragen. Dessen Mitglieder kennen sich in der Szene aus und wissen, was Homosexuelle im Urlaub schätzen. Danuser und sein Team arbeiten gerade an einer einschlägigen Internetplattform.

Um exklusive Angebote für eine Städtereise anbieten zu können, verhandeln sie mit den ortsansässigen Hoteliers und Gastronomen. ,,Das Interesse an der Zusammenarbeit mit uns ist groß'', sagt Danuser. ,,Viele Hotelbesitzer sehen, wie ausgebucht ihre Häuser am Christopher Street Day sind, und würden die Schwulen und Lesben auch während des restlichen Jahres gerne als ihre Gäste begrüßen.''

Über den Willen zur Zusammenarbeit zeigt sich der Lesben- und Schwulentag erfreut, sieht das plötzliche Interesse aber auch kritisch. ,,Es ist nicht damit getan, die Regenbogenflagge aus dem Fenster zu hängen und dann das Geld zu kassieren. Wenn homosexuelle Gäste merken, dass die zur Schau gestellte Toleranz nur aufgesetzt ist und hinter ihrem Rücken trotzdem getuschelt wird, sind sie auch ganz schnell wieder weg'', sagt Danuser.

Was genau ein Hotel zu einer ,,gayfriendly'' Unterkunft macht, ist nicht messbar. Genau das kritisiert Ilhan Alakara, Inhaber des schwul-lesbischen Reisebüros Rosa Reisen in München. Die Hotels, die mit ihm zusammenarbeiten, müssen deshalb einen Fragebogen ausfüllen und unter anderem darlegen, wie das Management mit auftretenden Diskriminierungen schwuler oder lesbischer Gäste umgehen würde, und ob spezielle Paarangebote auch für homosexuelle Paare zutreffen.

Urlaub unter dem Regenbogen

Rein schwule Unterkünfte gibt es vor allem in den klassischen schwulen Urlaubsorten, die sich in den vergangenen Jahren etabliert haben. ,,Am beliebtesten bei meinen Kunden sind nach wie vor Gran Canaria, Ibiza und Mykonos'', so Alakara.

Nur wenige rein lesbische Reiseangebote

Schwule bleiben im Urlaub gern unter sich. Darin unterscheiden sie sich maßgeblich von lesbischen Reisenden. Während das Angebot für Männer breit gefächert ist, gibt es nur wenige rein lesbische Reisen.

Kathrin Angelstein, die zusammen mit zwei Kolleginnen seit 1988 das Hamburger Frauenreisebüro Fairlines betreibt, führt dies auf Unterschiede im Reiseverhalten zurück: ,,Frauen haben im Urlaub andere Bedürfnisse als Männer. Die wenigsten unserer Kundinnen fordern explizit ein reines Frauenhotel oder gar eine Gruppenreise. Es geht ihnen meist nicht darum, möglichst viele andere Frauen kennen zu lernen.''

Frauenhotels liegen überwiegend außerhalb großer Touristenzentren. Das einzige Reiseziel, das sich in der Szene homosexueller Frauen zu einem Ferienzentrum entwickelt hat, ist Lesbos.

Die geringe Zahl an expliziten Lesben-Reiseangeboten führt Alakara, der vor einem Jahr das an Lesben gerichtete Reiseportal Lila-Reisen eröffnet hat, auch auf finanzielle Hintergründe zurück. ,,Frauen verdienen in der Regel weniger. Sie sind als Zielgruppe deshalb auch weniger interessant.''

Aber auch mit seiner schwulen Klientel alleine könnte sich Alakara nur schwer über Wasser halten. Sein Reiseangebot richtet sich deshalb auch an Hetero-Kunden. ,,Früher hatte ich mal eine rosa Wand, heute sieht man dem Büro nicht mehr an, dass schwule Reisen ein Schwerpunkt sind'', sagt er.

Rosa Reisen machen die Hälfte ihres Umsatzes mit homosexuellen Kunden. Auch wenn diese Zielgruppe äußerst konsumfreudig ist, bleibt sie doch eine Minderheit. Dem entspricht auch der Trend zu so genannten ,,hetero friendly'' Hotels. Wo vormals ausschließlich schwule Gäste residierten, sind jetzt auch Heteros willkommen, vornehmlich aus wirtschaftlichen Gründen.

Als Zielgruppe bleiben Homosexuelle dennoch interessant. Die Deutsche Zentrale für Tourismus wirbt weltweit in themenspezifischen Broschüren und Szenemagazinen für das Reiseziel Deutschland. Und mit der Hoffnung auf den goldenen Schatz wird die Regenbogenfahne auch weiterhin wehen.

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