Reisen an Weihnachten:Früh, spät oder mit viel Geduld

Rund um Heiligabend sind Staus und überfüllte Züge fast unvermeidbar - dennoch gibt es Möglichkeiten, halbwegs stressfrei zu Freunden und Verwandten zu kommen. Aussichten und Reisetipps für Autofahrer, Bahnreisende und Flugpassagiere.

Skifahrer und Wintersportenthusiasten freuen sich: Zumindest in den höheren Lagen ist seit dem Wochenende endgültig der Winter eingekehrt. Alle, die sich rund um die Weihnachtsfeiertage mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug auf den Weg zu Freunden und Verwandten machen, beschäftigt die bange Frage: Wird das Weihnachtswetter dieses Jahr für ebenso chaotische Verkehrsverhältnisse sorgen wie 2010? Und welche Reisezeit sollte man wählen, um möglichst stressfrei ans Ziel zu kommen?

Das sagt der Wetterdienst

Ein paar Fragezeichen gibt es für Jens Hoffmann, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst, in Sachen Weihnachtswetter noch. Doch ein Trend lässt sich schon ablesen: So schlimm wie im vergangenen Jahr, als Autofahrer über schneebedeckte oder eisglatte Straßen rutschten, wird es nicht. Nach einer milderen Wochenmitte soll ab Freitag eine "Störung" von Nordwest aus Richtung Südost über die Republik ziehen und es wird wieder kälter. "Da sollte man jetzt aber nicht zu viele Schlüsse draus ziehen", sagte Hoffmann zu sueddeutsche.de. "Die kältere Luft kommt trotzdem vom Atlantik und der ist derzeit relativ hoch temperiert."

In den tieferen Lagen ist am Freitag und in der Nacht zum Samstag mit Regen oder Schneeregen zu rechnen. "Weiße Weihnachten wie im Märchen", so der Meteorologe, seien dort eher unwahrscheinlich. "Für das Bergland dagegen sieht es gar nicht so schlecht aus, da kann man ganz optimistisch sein."

Während der Feiertage wird sich von Frankreich her in weiten Teilen Deutschlands Hochdruckwetter einstellen und für ruhiges, nicht allzu kaltes Winterwetter sorgen. "Gelackmeiert könnten die Menschen im äußersten Norden sein", so Hoffmann. Die Küstenbereiche Schleswig-Holsteins liegen am Rand des Hochdruckgebiets. "Dort könnte es über die Feiertage ziemlich windig und schmuddelig werden."

Insgesamt sind das aber keine schlechten Aussichten für den Verkehr. Der Meteorologe rät trotzdem dazu, sich vor dem Start mit dem Auto noch einmal beim Wetterdienst zu informieren. Wer in Nord-Süd-Richtung unterwegs ist oder umgekehrt, muss den Mittelgebirgskamm überqueren. "Dort kann es unangenehm auf den Straßen werden", meint Hoffmann, "man kann einfach noch nicht genau sagen, wo die Schneefallgrenze sein wird."

Auto: Stau fast unvermeidbar

Auch ohne Schneechaos müssen Autofahrer in Deutschland mit Staus rechnen, vor allem da der 23. Dezember in diesem Jahr ein Freitag ist - und damit viele Menschen arbeiten und Schulkinder am Vormittag noch in den Unterricht müssen. Alle anderen sollten, "wenn es irgendwie geht, nicht zu den verkehrsreichsten Zeiten fahren, nämlich am Freitagnachmittag und Samstagvormittag", sagt ADAC-Sprecher Otto Saalmann. Auch Donnerstagnachmittag sind die Straßen eher voll, am besten wäre eine Abfahrt am frühen Freitag.

Da sich die Fahrzeiten rund um Weihnachten auf wenige Tage konzentrieren, "vor allem, da die Feiertage diesmal sehr arbeitgeberfreundlich liegen", kommen die Autofahrer wohl um Stau nicht herum.

Dennoch rät Saalmann gerade bei längeren Strecken von Nachtfahrten ab: "Die Sicht ist schlecht, im Winter kann es glatt sein - selbst ausgeschlafene Fahrer brauchen da ein Höchstmaß an Konzentration, um sicher anzukommen." Nur bei kurzen Strecken und guten Wetterverhältnissen sollten sich Reisende den Weg in den dunklen Abend- oder frühen Morgenstunden zumuten.

Besonders auf den großen Nord-Süd-Verbindungen wie der A9 München-Berlin ist damit zu rechnen, dass es nicht durchgehend flüssig vorangeht. Alle staugefährdeten Autobahnen finden Sie auf dieser Seite des ADAC. "Deshalb auf Nebenstrecken auszuweichen, bringt aber zeitlich nichts", sagt Saalmann. Hier werde man von Ampeln und Ortsdurchfahrten ausgebremst, "außerdem sind Autobahnen 24 Stunden am Tag geräumt und gestreut und damit sicherer".

Damit die Fahrt auch sicher bleibt, sollten auch bei zähflüssigem Verkehr Pausen gemacht werden - und sei es nur, um die Nerven in der Vorweihnachtszeit nicht noch mehr zu strapazieren.

Um Stress und Notfälle zu vermeiden, sollte auch das Auto nicht nur winter- sondern auch reisefest ausgestattet sein. Dazu gehören eine Reserveflasche Scheibenwasser und in höheren Lagen auch Ketten sowie griffbereit eine Decke, warme Kleidung und Proviant. "Außerdem sollte der Tank schon neu gefüllt werden, wenn er halbleer ist, um böse Überraschungen in größeren Staus zu vermeiden, wenn mit dem Motor auch die Heizung ausgeht."

Erfahrungsgemäß seien die Straßen auch in den Städten am Vormittag vor Heiligabend noch verstopft und leerten sich ab Mittag schlagartig. Auch am ersten Feiertag seien nur Ausflügler unterwegs, während man am zweiten Feiertag schon wieder mit Rückreiseverkehr rechnen muss, den gerade in Süddeutschland die Autos der Skiurlauber verstärken. "Ausweichmöglichkeiten gibt es da kaum", bedauert Saalmann. Aktuelle Informationen zu Verkehrsstörungen sind auf der Staukarte des ADAC zu finden: adac.de/maps.

Bahn: Sitz ist Trumpf

Reisende, die ohne Reservierung eines Sitzplatzes an und vor den Feiertagen in den Zug steigen, müssen sich auf eine eher ungemütliche Fahrt einstellen: Besonders an den Hauptreisetagen am Freitag, 23. Dezember, und am Vormittag des 24. Dezembers, sowie am 31. Dezember sind die Züge überfüllt. "Wir haben zwar grundsätzlich ein offenes System, mitfahren kann jeder auch ohne Platzreservierung - aber es kann eng werden", warnt ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Sind bei der Wunschverbindung schon alle Sitzplätze vergeben, sollten Reisende ihr Glück im Zug davor oder danach versuchen oder auch - wenn möglich - auf den ICE verzichten und den etwas langsameren IC wählen. Am Heiligabend wird es wie auf den Autobahnen von Mittag an etwas ruhiger, "wer nur eine kürzere Strecke fährt, reist dann vielleicht entspannter". Auch der Freitagabend und die frühen Morgenstunden am 24. Dezember sind nicht so stark frequentiert. Zur Hauptreisezeit kann die Bahn zwar keine zusätzlichen Entlastungszüge einsetzen, "aber wie an sonstigen Freitagen und Samstagen rollt alles", so der Bahnsprecher.

Eng wird es für Bahnfahrer wieder zum Rückreiseverkehr am 27. und 28. Dezember sowie am 2. Januar.

Flug: Flexibel oder draufzahlen

In Hessen beginnen die Schulferien schon am 21. Dezember, am spätesten in Bayern und Hamburg, nämlich erst am 27. Dezember. Dementsprechend verzeichnet Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin vom 21. bis 24. Dezember die meisten Abflüge und setzt in den Bundesländern punktuell zusätzliche Urlaubsflüge ein, so Sprecher Andreas Burkhardt. Spätbucher haben noch Chancen auf einen Heimflug: Innerhalb Deutschlands seien noch Plätze frei, "wer sucht, der findet", meint Burkhardt.

Wer die Feiertage kurzentschlossen für den Urlaub nutzen will, könne Städtereisen oder Kanaren- und Ägyptenflüge buchen, während auf der Langstrecke noch Tickets nach Bangkok, Phuket oder auf die Malediven zu haben seien.

Deutlich höher als sonst sind die Buchungszahlen bei der Lufthansa am 22. und 23. Dezember, wenn die meisten Bundesländer schon Ferien haben, "und die meisten ja nicht erst an Heiligabend reisen wollen", so Lufthansa-Sprecher Boris Ogursky. Daher sei am Festtag selbst die Nachfrage wieder gering, während sie vom 25. bis 27. Dezember nochmals ansteige - zum einen wegen des Rückreiseverkehrs, zum anderen "starten viele erst nach dem Fest in ihren Urlaub". Zwar seien Flüge selten komplett ausgebucht, doch kurz vorher sind einige Restplätze nur noch zum Geschäftsreisetarif zu haben. Wer hingegen doch erst an Heiligabend fliegt, kann noch Tickets in der günstigsten Buchungsklasse bekommen - das gilt auch für die Zeit zwischen den Jahren.

Zusatzflüge könne die größte deutsche Fluggesellschaft ob des Linienflugplanes nicht einsetzen, "aber dort, wo es die hohe Nachfrage notwendig macht, tauschen wir Flugzeutypen, um die Kapazitäten zu erhöhen". In Frankfurt werden an den Hauptreisetagen allein 120.000 Lufthansa-Passagiere abfliegen und landen, in München knapp 80.000 - bis zu 15 Prozent mehr als an normalen Tagen.

Wer in den kommenden zehn Tagen noch spontan in den Urlaub fliegen möchte, profitiert davon, dass in dieser Zeit weniger Geschäftsreisende unterwegs und somit genügen Plätze im Angebot sind, etwa für Reisen an die Ostküste der USA von New York bis Toronto, aber auch nach Rio de Janeiro und Tokio. Dies gelte auch für europäische Geschäftsreiseziele wie Brüssel und Amsterdam, aber selbst für Wien, Athen oder London, erklärt Ogursky.

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